laut.de-Kritik
Obacht! Diese Review enthält Metal-Klischees.
Review von Yan VogelIn einem gut sortierten Plattenregal stehen Accept vor AC/DC. Es wäre vermessen, dies als Qualitätsranking zu sehen. In Sachen Kontinuität und Stiltreue lehnt sich die Stahlschmiede aus Solingen an den Premium-Export aus Down Under an. Gerade die vergangenen zehn Jahre zählen zu den ertragreichsten der Karriere. Angefangen mit "Blood Of The Nations" bis hin zu "The Rise Of Chaos" erscheinen vier Exponate sauber geschmiedeten Stahls, die zwar keinen Innovationspreis einheimsen, aber zum Besten zählen, was das Genre in seinen engen Grenzen möglich macht. Mit "Too Mean To Die" erscheint nun eine weitere Bestätigung der liebgewonnen Trademarks.
Dabei gehen bei der Formation Pommesgabel und Dirigentenstab Hand in Hand. In "Symphony Of Pain" flechtet die Band ein Beethoven-Zitat ein. Anlässlich des 250. Geburtstags des Vollenders der Klassik und Wegbereiters der Romantik erklingt die berühmt-berüchtigte Melodie zu "Freude Schöner Götterfunken" in tief-traurigem Moll. Eine nette Begleiterscheinung der chaotischen Umstände auf der kleinen, knuffigen Erdkugel. "How Do We Sleep" ist ein textlicher Fingerzeig auf die Schlechtwetterlage. Bei den Textzeilen "the undertaker is a busy man" lacht der Sensemann mit Galgenhumor.
Die dramatische Akkordfolge zu Beginn von "Zombie Apocalypse" erinnert an Andrew Lloyd Webbers "Das Phantom Der Oper". Auch wenn sich die Band einen Kommentar zur Pandemie verkneifen wollte: Mit diesem Titel sind die Influencer der gepflegten Headbanging-Kunst nah dran.
Die Glam und Hardrock-Nummer "Overnight Sensation" beleuchtet den Starrummel ironisch und macht sich prächtig auf dem heimischen Catwalk. In "No Ones Master" erklingt eine deutliche Priest-Schlagseite.
Ähnlich der großen Meister des Metals Iron Maiden agieren Accept mittlerweile mit drei Gitarristen. Philip Shouse durfte bereits bei den Orchestershows gegen die Fiedeln angniedeln. Neben Uwe Lulis hat Flying V-Vertreter Hoffmann nun zwei fähige sechs-Saiter an der Seite.
Der gebürtige Mainzer Hoffmann spielt sich mitnichten einen Wolf, sondern effektiv und schnörkellos wie seine Kurzhaarfrisur dies erahnen lässt. Der Wolf und seine fünf Mitstreiter fahren eine makellose Produktion und überzeugen mit Metal-affinen, Detail-gespickten Kompositionen, die die eng gesteckten Genre-Grenzen nicht antasten, aber dennoch bereichern.
Die größte Überraschung ist die Ballade "The Best Is Yet To Come", als Ruhepol und insbesondere mit Blick auf die Gesangsleistung von Mark Tornillo. Von wegen Perlen vor den Sänger. Der oft als Kopie der Kreischsägen von Weltformat wie Udo Dirkschneider oder Brian Johnson verschriene Sänger zeigt, was sein Stimmband neben Reibeisen und Schmirgelpapier noch hergibt.
Der Titeltrack bedeutet auf deutsch sinnbildlich "Unkraut vergeht nicht" und kokettiert in den Lyrics mit der Bandhistorie. Man könnte auch sagen: Metal vergeht nicht.
5 Kommentare mit 21 Antworten
Album erscheint erst am 29.01.21 und nicht wie oben angegeben am 15.01.
Die Tracks an sich sind ganz gut. Man hört ihnen allerdings sofort an, daß Deutsche singen. Das wirkt meistens sehr bemüht von wegen "Komm, Bernd, mach mal so richtig einen auf böse und hart!", und wirkt dann vielmehr wie peinliche Cringemusik statt wirklich böse und hart.
Ich denke, der cringe ist genreinhärent.
Langweilt dich dein ständiges "Lauchs können keine Musik/Filme/whatever machen"-Narrativ nicht mittlerweile selber?
Nö. Solange dermaßen viele Lauchleistungen international nicht ansatzweise konkurrenzfähig sind, finde ich Spott nicht nur künstlerisch sinnvoll, sondern auch unterhaltsam. Gibt ja sonst wenig, was dem Lack des teutonischen Egos noch Kratzer verpaßt.
" Lauchleistungen international nicht ansatzweise konkurrenzfähig sind"
Ach darum geht es Dir. Du bist Scorpions und Modern Talking Fan.
Schönes 2021 Dir und all den anderen Unterhaltern hier.
Der Sänger ist gebürtiger US-Amerikaner. Bitte erst informieren und dann posten.
Allerdings macht das den Gesang nicht besser. Das ist mit @schwingster wohl tatsächlich genreinhärent.
Hatte ins erste verlinkte Video mal reingehört. Ich glaube, es waren die tiefen Backup-Vocals, die cringig-deutsch klangen. Vielleicht hör ich noch mal rein. Die Instrumentspuren waren ja ganz solide.
>international nicht ansatzweise konkurrenzfähig sind
Stimmt nicht, aber juckt auch nicht. Je weniger kommerziell aus der Musik zu schlagen ist, desto mehr kann sich der Metal wieder gesundschrumpfen und endlich wieder hässlich sein. Halbironische Patrician-Metalspasten und müde Boomer sind nicht mehr willkommen. Diese Meinungen zählen nix mehr.
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Er meinte offenkundig konkurrenzfähig im künstlerischen, nicht zwingend kommerziellen Sinn.
"Je weniger kommerziell aus der Musik zu schlagen ist, desto mehr kann sich der Metal wieder gesundschrumpfen und endlich wieder hässlich sein."
Es gab doch immer beide Seiten. "Hässliche" Bands gibt's doch wie Sand am Meer. Reicht dir das nicht?
Korrekt, das war kreativ gemeint. Okay, im Metal gibts natürlich Uli Jon Roth usw., aber was cool ist in Deutschland, bekommt meistens nur international Lorbeeren, nicht hier. Und mal ganz abgesehen davon - wir hinken genreübergreifend gerne mal 5 Jahre hinterher. Genau die Zeit, die es für Trends braucht, um richtig unangenehm cringig zu werden.
ich denke schon lange kanakz besser als lauchs es ist gut immer mehr leute meine meinung auch gebildete wie ragism
Ich empfinde eine tiefe geistige Verbindung zu dir, ElMassivo. Deine Auffassung von Satire ist von einer unfassbaren Reife und Souveränität geprägt, von der wir alle anderen hier meilenweit entfernt sind.
ElMassivo war schon immer der Beste. Neben Kuhkatze das Maskottchen von laut.de, auf das sich alle einigen können.
Jeder kennt bestimmt Metalheads, die sich auf ihren krassen Musikgeschmack etwas einbilden und sich tierisch über Schlager, Pop, Hip Hop und co. aufregen. Eine Einstellung, die ich nicht teile, aber man in Ansätzen erst einmal nachvollziehen kann, denn in den obrigen Genres gibt es natürlich viel Schund.
Wird es im Verlauf des Gesprächs dann aber konkreter und man lässt sich ein paar Anspieltipps nennen, kommen dann oft solche Bands wie Accept auf den Tisch, die einfach nur Kopfschütteln hervorrufen. Und wenn ich mir die Wacken Line-Ups anschaue, sind diese Opa-Bands keinesfalls eine Ausnahme, sondern Normalität.
Welcher geistig Gesunde zieht denn auch Wacken Lineups als Referenz heran.
Ich fürchte, dass Craze dir dein Zugeständnis wieder in den Boden stampfen wird.
"denn in den obrigen Genres gibt es natürlich viel Schund."
Im Metal doch auch!?
Da haste aber ganz doll aufgepaßt, Arge.
Stimmt auch, Olivander. Metal hat sich zu nem guten Teil entweder in steril-verfrickelt, oder in steril-schlagerhaft verzweigt. Mir fehlt oft das nicht Eingerasterte, Garagige, das es vor allem in den 70ern und 80ern noch gab. Eben die Energie. Klöten an die Wand und so.
Was Metal angeht, habe ich mich eh nicht weiterentwickelt, höre wenn eigentlich auch nur Sachen aus den 80er / frühe 90er.
Määäddddddddööölllllllll
@ ragism: Fehlt das Klötenhafte nicht seit gefühlt 20 Jahren in allen Rocksubgenres, von ein paar Perlen abgesehen? Also der Bums in Orchestrierung und Produktion, roher Bass und Geschepper auf die 12?
Und wenn man es doch mal findet, dann eher als retrohafte Kopie oder soundästhetische Referenz/Reminiszenz an frühere Jahrzehnte.
Ja, klingt boomerig, ist aber so. Klötig klingt da selten was, dafür öfter wie der Schambereich einer Ken-Puppe. Bin vielleicht auch mittlerweile etwas raus aus dem Rock-Genre. Wenn ich Bock auf Energie und Fetz habe, fallen mir jedenfalls meistens nur alte Sachen zum Horchen ein.
Klar, es gibt Ausnahmen. Aber auch die Flut an expliziten Retrobands wie Greta Van Fleet usw. läßt mir die Füße einschlafen.
Generischer Poser-Heavy Metal – gut gemacht, aber langweilig.
Mark Tornillo, der Sänger der Band stammt aus den Staaten! Aber die Amis können eh kein Englisch gell Ragism!!! LOL