laut.de-Kritik

Sex und Essen – ohne Sinn, aber mit Style.

Review von

Old School ist, wenn man vor Tele 5 saß, als der Million Dollar Man bei der Survivor Series zum ersten Mal den Undertaker in den Ring führte. Old School ist, wenn man The Rockers im Kinderzimmer die Daumen drückte, als sie gegen die Muskelprotze der Legion of Doom antraten.

"I hit you with the dropkick, Marty Jannetty", droht Action Bronson auf einem dicken Westcoast-Tune im Harry Fraud'schen "Cigarette Boats"-Style. Old School eben – und Kult. Wer hier nur Bahnhof versteht wie S-Bahn-Fahrer, guckt ins WWF-Wiki, während er die "Saaab Stories" pumpt.

Wenn der coole Wrestling-White-Trash-Liebhaber Bronsolino für die Digital-EP seinen Jeep in Harry Frauds Produzentenbude steuert, kalauern sich die beiden Pizza mampfend und daddelnd durch die amerikanische (Essen-)Kultur.

"I've got a Super Nintendo at my studio, so we'll be playing Super Nintendo game and someone will make that into a rap. Or we'll fucking go to eat lunch and- you know what I'm saying? And that'll make it into the rap", erzählte Fraud einst im Interview mit Sean Price für hiphopdx.com.

Für "The Rockers" lagen wohl gerade alte VHS-Kassetten vom Royal Rumble im Real, beim "Triple Backflip" dreht Bronson dann total am Teller. "Uh, it's big trouble in Little China / All of the china hidden inside of a big vagina." Erst kreuzt er Kurt Russells Fantasy-Kult aus den 80ern mit einer feinen Drogen-Referenz, dann dreht sich alles um Sex und Essen – ohne Sinn, aber mit Style.

"Come, hold my dick while I take a piss / Shake it off, put it back in my boxer shorts / Ride in the drop top lobster Porsche / Inside the joint I got some pasta sauce."

Wenn er übers Futtern fabuliert, passt das immer rein wie ein allerletzter Bissen. Trotzdem tritt hier so langsam sein Dilemma zu Tage: Inhaltlich fischt Action zu häufig in zu flachen Gewässern, während Harry Fraud gleichzeitig an den Beats zaubert wie Gandalf, Dumbledore und Merlin zusammen.

Der beatlose Opener "2 Virgins" loopt Gitarren direkt aus dem AOR-Genre, direkt von Konsorten wie Saga oder Yes, und Action fällt nix anderes ein als "I been a grown man since I had a baby dick / These motherfuckers ain't saying shit".

Das erwähnte "Triple Backflip" entführt einen an die Cote d'Azur und umweht als leichte Brise den schwitzenden Körper. "Strictly 4 My Jeeps" pumpt straight die 90er, bleibt aber dank Südstaaten-Snare frisch.

Auf "No Time" arbeitet sich Harry an einem feingeloppten Rza-Gedächtnis-Beat der ersten Wu-Stunde ab, und Bronson intoniert im Hook seine beste Ghostface-Flowimitation. "Alligator" ist dann La Musica pur. Jackos "Thriller"-Synthies, tickende High-Hats und Downtempo-Drumbeats – wer Fraud noch immer nicht versteht, geht "Yeezus" hören.

Harry schlägt Action mit 5:3, ergo schenke ich vier Punkte ein wie Ray Allen ... Ah, wartet, damals hieß er ja Reggie Miller ... beim gefoulten Dreier. Oder, wie Bronson es selbst ausdrücken würde: "Game 7, Knicks- Heat / Me and Spike had to switch seats / Cause he kept spilling henny all on my bitch feet."

Trackliste

  1. 1. 72 Virgins
  2. 2. Triple Backflip
  3. 3. No Time
  4. 4. The Rockers
  5. 5. Strictly 4 My Jeeps
  6. 6. Alligator
  7. 7. Seven Series Triplets

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