23. September 1999

"Ich gehöre noch nicht zu den Opfern ..."

Interview geführt von

Alan Parsons veröffentlichte vor kurzem sein neues Album "The Time Machine." Michael Balzer konnte ein wenig mit Parsons über das Album, das Internet und den ganzen Rest plaudern.

Alan, schließt sich mit Deinem neuen Album "The Time Machine" der Kreis zu Deinem Debut "Tales Of Mystery And Imagination"?

Auch wenn Konzeptalben ein wenig aus der Mode gekommen sind habe ich über die Jahre immer wieder meine Ideen und Vorstellungen in dieser Form präsentiert. Hier liegen meine Wurzeln, und ich werde in Zukunft noch einige Projekte in dieser Richtung präsentieren. Insofern ist es eine Fortführung meiner Arbeit.

Mit den neu dazugekommenen Einflüssen wirkt das Album wie Dein Aufbruch in das nächste Jahrtausend. Erlebt man hier den neuen Alan Parsons?

Ich denke nicht, daß es einen Bruch zu meiner bisherigen Arbeit darstellt, es ist aber mit Sicherheit ein sehr starkes Konzept für das nächste Jahrtausend, das hier musikalisch umgesetzt wurde. Die Idee trage ich seit 1976 mit mir herum. Im Laufe der Zeit wurde aus der reinen Umsetzung von H.G. Wells Roman eher die Grundlage, auf der wir eine eigenständige Adaption umsetzten bei der das Thema "Zeitreise" im Mittelpunkt steht.

Daher sucht man bei den Songs wahrscheinlich auch vergebens nach den Charakteren aus dem Wells-Roman.

Nun, einige Songs befassen sich schon mit dem Gedanken des Zeitreisenden, der bei Wells ja als mystischer Charakter erscheint, und dessen Name man nie erfährt. Er bleibt die ganze Geschichte gegenüber dem Leser in gewisser Weise anonym.

Da Du Dich ja seit '76 mit der Umsetzung dieses Themas beschäftigt hast scheinen ja eine Menge Überlegungen und Ideen zusammengekommen zu sein.

Das ist richtig, und vor ca. einem Jahr, als ich mit den Musikern meiner Band darüber gesprochen habe, war dann auch der richtige Moment gekommen diese endlich umzusetzen. Es war immer mein Traum dieses Album zu realisieren, und ich denke es ist sowohl für das ausgehende Jahrhundert, als auch für das Publikum, das immer ein Interesse an diesem Thema hatte, ein starkes Motiv mit vielen unterschiedlichen Aspekten. Wer würde nicht gerne nach einem gelungenem Abendessen bei ein paar Drinks mit seinen Freunden über die Möglichkeiten und Chancen, die eine Zeitreise bieten würde, eine lange Unterhaltung führen? Also was lag näher, als meinen Beitrag dafür zu leisten?

Es ist sicherlich schon eine Weile her, daß Du Wells "Zeitmaschine" zum erstenmal gelesen hast.

Oh, da war ich noch ein kleiner Junge.

Welche Aspekte haben Dich danach über den Lauf der Jahre am meisten an dem Roman fasziniert?

Es war die Tatsache, daß der Protagonist bereit war, Risiken einzugehen. Er wollte nicht nur wissen was in zehn oder zwanzig Jahren passiert, er reiste soweit in die Zukunft, daß er eine völlig neue Form des Zusammenlebens kennenlernte. Dies war insofern spannend als daß das Buch aufzeigt, daß die Menschheit sich auf dem Wege befindet sich selbst zu zerstören, und gleichzeitig die Gründe liefert. Ein großartiges Buch.

Vieles davon scheint inzwischen auf bedauerliche Weise Realität zu werden...

Es liegt einfach in der Natur des Menschen, einen ewig andauernden Konflikt untereinander auszutragen. Diese Konflikte sind jederzeit präsent und hören niemals auf. Im Roman wird es allerdings nicht ganz deutlich, ob es sich bei den Morlocks und Eloy wirklich um menschliche Wesen handelt. Ich denke es handelte sich um eine Entwicklungsform der Menschheit.

Was meinst Du, waren es Menschen oder Tiere?

Schwer zu sagen, aber ich denke es waren menschliche Lebewesen.

Um auf die Musik zurück zu kommen, würdest Du die Entstehung Deiner Songs als spirituelle Erfahrung bezeichnen ?

Auf jeden Fall. Ich würde fast so weit gehen und behaupten, daß Musik vielleicht die einzige Ausdrucksform ist, die ich überzeugend anbieten kann (lacht). Es fühlt sich gut an, und der Gedanke über Musik zu kommunizieren ist ein faszinierender Gedanke.

Auf "Time Machine" wirken so unterschiedliche Musiker, wie Tony Hadley (ex-Spandau Ballet), Beverly Craven oder Maire Brennan (Clannad) mit. Wie kam es zu diesen Beiträgen?

Tony z.B.habe ich während einer "Night Of The Proms"-Show in Belgien kennengelernt, mit der wir inzwischen auch in Deutschland aufgetreten sind. Er hatte die ideale Stimme für den Song "Out of the Blue". Er wird während der kommenden Tournee auch Gast bei einigen Konzerten sein, worauf ich mich jetzt schon freue. Ich denke viele seiner Fans werden sich darüber ebenfalls freuen, und es wird für uns beide eine tolle Sache.

In der Vergangenheit, haben viele unterschiedliche Musiker an den zahlreichen Projekten bei Dir mitgewirkt. Würdest Du sagen, daß die Studioarbeit nach wie vor eine Herausforderung für Dich ist?

Natürlich. Ich gehöre zu den Glücklichen die eine Lizenz zum Ausprobieren besitzen... Jedesmal, wenn ich an einer neuen Platte arbeite, freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. Es ist eine erfreuliche Situation nicht an ein festes Bandgefüge gebunden zu sein. So kommen immer wieder erfrischende Anregungen hinzu. Die Arbeit mit Beverly Craven an dem neuen Material war so eine großartige Erfahrung. Dasselbe gilt für Maire Brennan, die über eine enge Verbindung zu den Chieftains zu uns stieß. Die Chieftains sind wie eine große, glückliche Familie. Ich denke auch sie wird mit der Zusammenarbeit recht zufrieden gewesen sein.

Du hast bereits die kommende Europa-Tournee angesprochen. Was kann Dein Publikum erwarten,
wird es eine besondere Umsetzung geben?

Im Moment befinden wir uns gerade hier in den USA auf Tournee, und die Dinge entwickeln sich prächtig. Die Show startet mit dem Titelsong des Albums, und wir setzen Video- Leinwände während der Konzerte ein. Inzwischen passt alles sehr gut zusammen, und in den Staaten ist das Album ja gerade veröffentlicht worden. Natürlich spielen wir auch einige der älteren Songs.

Also wird nicht das gesamte Album aufgeführt?

Nun, ich denke das Publikum erwartet auch eine ganze Menge alter Songs, daher teilen wir das Programm ein wenig auf.

Das neue Album firmiert unter "Alan Parsons". Was ist aus dem "Project" geworden?

Das ist inzwischen Geschichte. Bereits die beiden letzten Alben erschienen ohne diesen Zusatz. Das hat in erster Linie mit dem Fortgang von Eric Woolfson zu tun, der 50% des "Projects" ausgemacht hat. Es wäre wie eine Platte von Simon&Garfunkel ohne Art Garfunkel.

Was werden Deine nächsten Projekte sein? Konzentrierst Du Dich auf neues Solomaterial oder bist Du auch in die Arbeit anderer Musiker involviert?

Es wird mit Sicherheit die ein oder andere Zusammenarbeit an fremden Produktionen geben. Ich arbeite bereits mit einem neuen australischen Künstler, der ein Konzept-Album, das auf Excalibur basiert, vorbereitet. Dies wird im nächsten Jahr veröffentlicht, und ich helfe bei der Produktion. Darüberhinaus bereite ich eine Konzertreise vor, die zum Geburstag des thailändischen Königs veranstaltet wird. Für die Thailänder ist dies ein besonderer Feiertag. Es wird spezielle Folkkonzerte geben, bei denen ich in der Rolle eines "Musical Directors" mitwirke. Weiter Pläne gibt es noch nicht. Mal sehen wie sich die "Zeitmaschine" entwickelt.

Fremde Produktionen stehen also derzeit keine weiteren an?

Es wird mit Sicherheit zu kurzen Arbeiten kommen, aber eine gesamte Produktion ist sehr zeitintensiv, und ich versuche, mir gerade ein wenig Freiraum zu verschaffen.

Welche Themen würden Dich reizen? An Angeboten sollte es doch nicht mangeln.

Nun, ich bekomme regelmäßig Tapes von vielen verschiedenen Künstlern zugesandt. Aber um ehrlich zu sein, finde ich dabei nichts, was ich mit meiner Arbeit nicht umsetzen könnte. Es würde mich aber schon reizen, interessante Persönlichkeiten und neue Talente für meine Arbeit zu gewinnen.

Aber Du verfolgst Doch sicherlich das aktuelle Musikgeschehen. Hast Du Dir in letzter Zeit
einige neue Platten zugelegt?

(Lacht) Ich höre fast keine Musik zu Hause, und genieße stattdessen die Ruhe....

Beschäftigst Du Dich mit dem Internet?

Oh ja, es ist das aufkommende Medium, und die Singleversion der "Time Machine" gab es bereits zum downloaden im Netz. Es war die Version mit dem Dialog aus dem Austin Powers "The Spy Who Shagged Me"-Film. Es ist fantastisch, ein Album über das Internet zu promoten, und ich denke, die Musikindustrie, wie wir sie seit Jahren kennen, ist in großer Gefahr, da immer mehr Kunden ihre Musik über das Netz beziehen werden.

Siehst Du eine Gefahr für die Künstler hierdurch?

Well, es ist ja bereits eine Bedrohung, aber ich bin mir sicher daß die Copyright-Probleme schnell gelöst sein werden. Es kann nicht sein, das fremde Werke umsonst zu beziehen sind, und jeder nutzt die Musik kostenlos, nur weil es das Internet ist.

Benutzt Du selber das Internet?

Ich würde sagen, daß ich noch nicht zu den Opfern gehöre, aber als Datenbank und für E-Mails benutze ich es regelmäßig. Aber es ist ein wenig....na, Du weißt schon...(lacht). Es ist noch sehr langsam, und ich werde ja auch nicht mit dem Golf spielen anfangen.

Es gibt einige Projekte von Musikern, die ausschließlich über das Internet zusammen arbeiten.

Davon habe ich schon gehört, aber mich noch nicht richtig damit befasst. Von Zeit zu Zeit kann die moderne Technik Dinge auch verkomplizieren. Bei der eigenen Arbeit senden wir z.B. Ian, dem Gitarristen Tapes der Aufnahmen nach Hause, und er arbeitet dort mit ihnen weiter an seinen Parts. So etwas kann in Zukunft auch über das Netz passieren. Interessant ist der Gedanke, daß Musiker miteinander spielen, die sich nie getroffen haben. Wir werden sehen.

Alan, vielen Dank für das Interview.

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