laut.de-Kritik
Staubige Ödnis wartet hinter der Emotions-Leinwand.
Review von Alexander CordasAnastacia zum vierten. Mit über 20 Millionen verkaufter Alben weltweit sollte man einige Dinge gelassen sehen, oder? Wenn da nicht der Spruch "Der Prophet gilt im eigenen Land nichts" wäre. Fast überall auf dem Globus rollen Anastacia-Releases wie die Dampfwalze durch die Charts. Lediglich in ihrer Heimat, den USA, scheint das keinen Schwanz zu interessieren. Dort ging ihre letzte Scheibe nicht einmal in die Billboard-Charts.
Dieser Coup dürfte ihr diesmal allerdings mit "Heavy Rotation" gelingen, wenn das Album dort Anfang 2009 erscheint. Denn was die momentan angesagten Stile und deren weibliche Interpreten angeht, hat sie ganz genau hingehört.
So findet sich neben einem gehörigen Schuss Motown und Disco samt Supremes-Schlagseite auch Einflüsse einer gewissen Amy Winehouse wieder. Sogar Anflüge des esoterischen Murkses einer Enya spiegeln sich zum Teil in Anastacias aktuellem Sound wider.
Mit der ihr eigenen stimmlichen Vehemenz gibt sie Songs wie der Single "I Can Feel You" - die als Instrumental ohnehin schon einen gehörigen Wumms besitzt - den finalen Drive. Das schiebt und drückt im Zeichen der Discokugel und klingt sexy im besten Wortsinn. Immer, wenn Anastacia mal richtig loslegt und sich nicht mit Balladen-Trallala aufhält, stampft "Heavy Rotation" ganz gehörig nach vorne ab. Der formidable Four to the floor-Beat entpuppt sich deshalb als unwiderstehlicher Kopfnicker und Hüften-Schüttler.
Die Power des guten Starts verpufft in der Folge aber immer mehr. Der erwähnte Winehouse'sche 60er-Swing führt mit "The Way I See It" den guten Anfang noch launig fort, Stevie Wonder gibt im Geiste bei "Absolutely Positively" (nicht nur) mittels Clavinet ein Stelldichein. Dieses nette Song-Trio markiert leider schon den Höhepunkt, denn in der Folge übernehmen die Produzenten das Zepter.
"Defeated" klingt nach Mr. "Ich-produzier-alles-was-nicht-bei-drei-auf-den-Bäumen-ist" Timbaland. Zumindest erweckt das reduzierte Synth-Gefurze mit Dudelpiano den Eindruck, es handele sich hier um den Mann, der Chris Cornells Album versaut. Ein harm- sowie emotionsloses und nach typischer Balladen-Blaupause funktionierendes Liebesliedchen. Wer braucht so etwas?
Ansatzweise interessante Songideen, wie die mit warmen Akustik-Gitarren in Szene gesetzten Strophen von "In Summer", werden im Refrain von weit ausholenden nach Plastik klingenden Background-Chören abgewatscht.
Der Titeltrack mit düster wabernden Synthies und kräftigen Beats sowie einmal mehr Reminiszenzen an Amy ("Same Song") machen zum Ende hin Hoffnung auf einen aufregenderen Drive. Tatsächlich besitzt "All Fall Down" eine schnucklige Melodie im Refrain, die an großen Melodiesport der All Saints oder Sugababes erinnert, verfällt aber in Strophe und Chorus in allzu typische MOR-Schmufteleien. Nach diesem letzten hellen Moment schlägt zum finalen Ausklang noch mal die große Stunde eines tränentriefenden Ami-Pathos.
"Never Gona Love Again" und "You'll Be Fine" gaukeln großes Gefühlskino vor, wo hinter der dünnen Emotions-Leinwand staubige Ödnis herrscht. Dieses Gruselduo könnte einem den Spaß an Anastacia glatt verderben, passt aber hervorragend in das optische Erscheinungsbild, das sich die Amerikanerin anno 2008 verpasst.
Die Brille wandert in die Tonne, das Gesicht verkommt mittels Chirurgie oder Photoshop zur Grimasse und im Booklet gibt es jede Menge Wichsvorlagen für die geifernde Testosteron-Fraktion. Damit klappt es eventuell in den US-Charts, was aber die Kreativität anbelangt, scheint Frau Newkirk langsam die Luft auszugehen.
12 Kommentare
jo, besprechung passt. als jemand der sie 2000 mal live gesehen hat, würde ich sogar nur einen punkt geben; schlechteste platte bisher.
Also die letzte war klasse da nicht wenig RockAnklänge dabei waren. Die fehlen hier völlig. Beliebig austauschbarer Plastik-Pop mit (unbestritten) klasse Stimme!
so ist es leider
bei mir haun nur die ersten zwei tracks richtig rein...
@Fear_Of_Music (« "...im Booklet gibt es jede Menge Wichsvorlagen..."
WOW, kann man das Artwork auch ohne die CD darin billig irgendwo erstehen »):
is das groß genug
http://1.bp.blogspot.com/_Qy9INj4oL68/SORK…
welches kranke Hirn sich da wohl im Photoshop ausgetobt hat
@angry_dady (« @Fear_Of_Music (« "...im Booklet gibt es jede Menge Wichsvorlagen..."
WOW, kann man das Artwork auch ohne die CD darin billig irgendwo erstehen »):
is das groß genug
http://1.bp.blogspot.com/_Qy9INj4oL68/SORK…
welches kranke Hirn sich da wohl im Photoshop ausgetobt hat »):
naja, ist doch noch ganz "anständig" und ästhetisch gehalten statt pseudopornomässig(schaut euch mal Rihanna oder Beyonce fotos an), aber mal ehrlich, wenn das für den reviewer schon eine "W-VL" ist, dann möcht ich nicht wissen wie der mann auf xxx-sites abgeht (falls er sie kennt)
boah is "I can feel you" öde
wundert mich, dass das lied so ne positive bewertung bekommen hat!
und diese "amy" motown dings anleihen in "way I see it" sind inzwischen nur noch albern, der zeit hinterher und wirken erfolgsgeil.
wenn das schon der höhepunkt sein soll, muss ich mir ja den rest gar nich anhören...