laut.de-Kritik

Eine Sinfonie aus Einsen und Nullen.

Review von

Archive geben mit ihrem nun vollständig vorliegenden Konzeptwerk "Controlling Crowds" dem Hörer einen Leitfaden zur Hand, um sich vollends im Labyrinth der Stimmungen zu verlieren. Angesichts der Artwork-Gestaltung überrascht es nicht, dass die unterschiedlichen menschlichen Leiden, verbunden mit der Sehnsucht nach Linderung, das äußerst fragile Netz weben, in dem man sich eher verliert, als das man Geborgenheit findet. "I Want That Feeling Back Deep Inside My Heart"; das Suchen und Verlieren der Liebe steht im Vordergrund.

Um der Tristesse des Alltags und der nocturnen Stimmung Ausdruck zu verleihen, ist die Farblosigkeit ein weiteres Thema ("High, Sunlight, Drown, High, Sunlight, Goodbye" oder "The Colors Runaway As The Sun Fades The Day").

Gerade auf dem Vorgänger versuchten Griffiths, Keeler und Co. das gesamte stilistische Spektrum der elektronisch gestützten Musik abzudecken. Fans der Prog-Rock-Anleihen Porcupine Treescher Prägung finden im vierten Teil hingegen kein adäquates Pendant. Die Band rudert zurück und gibt ein wenig von der Opulenz des Vorgängers preis. Dies ist namentlich am Schlussdrittel festzumachen, das musikalisch mit einem hohen Wohlfühlfaktor ausgestattet ist. Wenn Folk der Marke The Swell Season und gewaltige Streicherwände erklingen hat man stets die Avantgarde-Denke einer Band wie Sigur Rós im Hinterkopf.

Die Pink Floyd-Reminiszenzen, Synthie-Soundtrack-Stimmung, wie man sie aus 80er Horror- und Science-Fiction-Movies kennt und das Zusammenspiel von vier unterschiedlichen Stimmen reizen die Grenzen der Fasslichkeit nach wie vor aus.

Diese Sinfonie besteht fast nur aus Einsen und Nullen. Die Sterilität digital verfremdeter Neo-elektronischer Musik wie Trip Hop dient als grober Richtwert im Genre-Dschungel. Dagegen fallen Arrangements und die musikalischen Themen sehr simpel aus. Durch Schichtung steriler, fast schon kalter Klänge, pulsiert gerade in den rhapsodisch und episch ausgelegten Stücken zum Ende hin das Leben; die Musik als Paraphrasierung des Evolutionskonzepts.

Umso eindrücklicher gelingen die wenigen Momente mit analogen Anleihen. Eine flächige Hammond-Orgel legt sich in "Remove" über das Drum-Sample, das seinerseits von zusätzlichen Elementen, wie einem verspielten Right-Becken, Leben eingehaucht bekommt.

Kurze atmosphärische Zwischenspiele, bestehend aus Geräuschkulissen und Sprachfetzen verstärken hörbar den zusammenhängenden Charakter. Die Produktion geizt nicht mit Facettenreichtum. Schenkt man den bedächtig scheinenden Klangkulissen ein aufmerksames Ohr, so erfreut man sich umgehend an stetig oszillierenden Klängen und Soundfragmenten im Stereo-Panorama. Auch Trent Reznor könnte sicherlich an diesen kompositorisch aus Fragmenten zu Soundscapes und schlussendlich zu einem stimmigen Bild zusammengesetzten Frequenzen Gefallen finden.

Trackliste

  1. 1. Pills
  2. 2. Lines
  3. 3. The Empty Bottle
  4. 4. Remove
  5. 5. Come On Get High
  6. 6. Thought Conditioning
  7. 7. The Feeling Of Losing Everything
  8. 8. Blood In Numbers
  9. 9. To The End
  10. 10. Pictures
  11. 11. Lunar Bender

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