laut.de-Kritik
In stürmischen Zeiten der Fels in der Metalcore-Brandung.
Review von Jan HassenpflugSollte Metalcore irgendwann endgültig vom Aussterben bedroht sein: August Burns Red heizten wohl als eine der letzten Bands ihrer Art unermüdlich den Circle Pit an. Dieses Gefühl wird man auch anno 2020 nicht los. Als hätten sich die Amerikaner von allen Trends und gesellschaftlichen Umbrüchen abgekapselt, spulen sie auf "Guardians" unbeirrt das volle Programm ab. Es hagelt gepflegtes Geknüppel und Breakdowns aus der Hölle.
Gleich vom Start weg prescht "The Narrative" mit viel Selbstverständnis nach vorne. Spielend leicht erfüllt der Song jede Erwartung, die man inzwischen an den Stil der Genrestars adressiert: kompromisslose Härte, technische Finesse und ein entschleunigender Hauch von Melodie. "Bones" und "Paramount" sind, ebenso wie der Opener, eine einzige Hommage an die eigenen Stärken.
Für Fans ist das Eis also schnell gebrochen. Gewohnt nerdig, ergötzt sich das Klampfen-Duo an quietschenden Soli, gewohnt schlagfertig verteilt Matt Greiner Blast Beat-Schellen, und gewohnt gnadenlos brüllt sich Jake Luhrs durch Höhen und Tiefen. In fast jeder Phase lässt sich erahnen, wie er auf der Bühne dabei mit pathetischer Geste den Mosh Pit dirigiert. Alles beim Alten, also?
Nicht ganz. Punktuell sorgen August Burns Red für Überraschungsmomente und beleben etwas, das auf "Phantom Anthem" zwischen verkopften Spielereien zuletzt wie verschüttet schien: Emotionen! Die entladen sich geballt in "Defender" und sorgen dafür, dass sich ein sehr guter von vielen gelungenen Songs abhebt. Das Brett dieses Albums umgibt eine düstere Stimmung, der Zorn türmt sich tonnenschwer, auf und alles vernichtende Breakdowns läuten die Endzeitstimmung ein.
"Lighthouse", "Empty Heaven" und das verblüffend geradlinige "Ties That Bind" greifen das apokalyptische Setting wieder auf. Während Ersteres mit uninspiriertem Klargesang à la "While She Sleeps" nur an der Oberfläche kratzt, gräbt sich Letzteres bis zum wunden Punkt vor. Nie zu technisch und gleichzeitig gerahmt von entfesselten Melodien, können sich die Gefühle frei entfalten. Ein untypischer, aber vielleicht der stärkste Track des Albums.
Wer sich nach dem üblichen Haudrauf mit experimenteller Note sehnt, bekommt davon ohnehin mehr als genug. "Three Fountains" vereint all das in einer knapp sechsminütigen Odyssee. Eingeleitet von einem ausholenden instrumentalen Prolog, schwingt sich das Stück zum progressiven Epos auf: ein würdiger Schlusspunkt.
Es ist bezeichnend, dass August Burns Red die Veröffentlichung ihrer neunte Studioplatte nicht wie viele andere Bands nach hinten schieben, sondern trotz Corona-Krise wie geplant rausfeuern. Die Hüter des Metalcore lassen sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Wie sich das für "Guardians" gehört, sind sie in stürmischen Zeiten der Fels in der Brandung des Genres.
6 Kommentare mit 24 Antworten
Bin ich der einzige dem auffällt das fast jede Metalcore Rezension hier in irgendeiner Form behauptet, dass im Metalcore kaum Abwechslung herrscht um dann doch die 4 Punkte rauszukloppen?
Stimmt. Metalcore ist wie Leichtathletik.
Sie können ja wohl kaum zugeben, dass Metalcore die Paralympics des Metal sind.
Ist mir auch aufgefallen, und nervt echt so langsam. Immer wird der Niedergang des Genres heraufbeschworen, nur um dann doch aufzuzeigen wie viele Lichtblicke an Bands es doch noch gibt.
@Der Schwinger Wow, einfältiger gehts nicht ne? Naja, wir können nicht alle so trve sein wie du.
Hab um fair zu sein gerade mal reingehört. Überraschung, klingt immer noch so plakativ "hart" wie 2004.
Ich meine damit gar nicht zwingend August Schlagmichtot sondern Metalcore im Allgemeinen.
Ich glaube das sind immer noch Vietnam-Flashbacks von der Metalcore-Flut um 2008-2013, wo die Labels wirklich alles unter Vertrag genommen haben, das in vier Minuten mindestens zwei Breakdowns reingepackt hat. Diese Flut an mittelmäßigen Bands hat dem Genre auch sein Stigma eingebracht.
Tatsächlich ist der Metalcore in den letzten Jahren qualitativ ausgesprochen gut aufgestellt. Was aber - und hier kommt dann wieder das Argument mit der Abwechslung - auch daran liegt, dass jetzt fast alle wie Architects klingen wollen, die den modernen Metalcore ja entscheidend mitgeprägt haben. Den Einfluss hört man auf der Platte übrigens auch, z.B. in "Empty Heaven".
Architects hab ich noch nicht gehört. Vielleicht geb ich Metalcore noch ne Chance, wenn speziell diese Band einen anderen Sound geprägt haben soll. Bisher klang für mich im Grunde alles austauschbar und wie für dürre, eierlose, weiße Jungs gemacht, die auch mal einen auf hart machen wollen.
Sie können ja wohl kaum zugeben, dass Metalcore die Paralympics des Metal sind."
Ich dachte New Metal war das Paralympics :-/
Taschenbillard war und wird nie olympische Disziplin.
Punkt für Sancho, ma anmerken. Hüpfmetal war wirklich ein sehr wackes Phänomen.
Ausgenommen dieser Vollbrecher hier:
https://www.youtube.com/watch?v=h_FhUOpXz-…
Metal an sich ist halt schon Paralympics, Alles was ihr aufzählt sind doch nur Disziplinen.
Du kenns dich doch null aus mit dem Genre, also Fresse halten.
*wuff wuff*
Aber ich bin sicher er kennt sich mit geistigen Behinderungen aus. Sowas wie seine Kommentare schreibt man nicht, bei geistiger Gesundheit.
@Schwinger: Was bistn du für`n Typ? Kommst anderen entgegen und lässt zu, dass sich deine Meinung doch noch differenziert? Unmöglich dieser Schwinger. Dann ist der auch noch kooperativ und deeskalierend. Total Anti-Intellektuell.
Im Ernst: Architects lohnt sich wirklich mal reinzuhören. War auch erst skeptisch. Ist aber ganz nett. Würde tatsächlich mit dem neuen Album "Holy Hell" anfangen.
die tatsache, dass viele dieser gesichtstattowierten N-wörter jetzt auf ihre beats schreien, sorgt für ein leichtes Revival im Nu Metal/Crossover. GlitchGang von den Dropout Kings finde ich ganz nice. wenn man die erste welle des fremdscham überwunden hat. so zum joggen oder so. ist jetzt kein Limp Bizkit von '97 oder deftones von '99 aber kann man schon hören
https://www.youtube.com/watch?v=O8xpuTxilL0
War bereit es zu hassen, aber das ist ja echt mal ganz okay. Kein downset, aber ein würdiger Abklatsch.
"August" ist schon ein sehr lustiges Wort für Penis.
Anwärter für den Kommentar des Monats.
zwar alt, aber natürlich immer noch lustig xD
Ach, den gabs schon? Gut, ist auch zu offensichtlich.
Bei fast jedem Metal-Album geht es in der Rezension darum, dass das Album nichts wirklich Neues auf den Tisch bringt, um dann dennoch 4 Punkte zu geben. 95% aller Metal-Kapellen haben vielleicht ein oder zwei Alben, die das Genre etwas vorangebracht haben. Der Rest der Diskographie ist dann mehr vom selben, aber das scheint ja keinen zu jucken.
Hey Oli. Was ist in den aktuellen Tagen eigentlich der Unterschied für einen Germanistikabsolventen zur Zeit vor Corona?
Ich bin in einer kleinen IT-Bude gelandet und mache da alles was so in Richtung UI/UX, Webdesign und textlastige Dinge (Dokus, Werbung usw.) geht. Da läuft im Moment alles wie bisher, nur halt von zu Hause aus.
ABR bleiben sich treu und liefern gut ab. An Heaven Shall Burn kommen sie jedoch nicht ran. Beide bekommen hier 4 Punkte, passt m.E. nicht.
Verschiedene Rezensenten...
Ich finde es gewohnt Klasse, Genre-Gehampel ist eh müßig.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.
Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit.
Wie du mich gesandt hast in die Welt, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.
Ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.