laut.de-Kritik
Klingt irgendwie nach New Order ohne Hooky.
Review von Dominik KrausBad Lieutenant? Da klingelt's doch bei allen Cineasten unter uns ganz gewaltig. Ein durchgeknallter, drogensüchtiger, durch Sportwetten hochverschuldeter Cop (Harvey Keitel) dreht immer mehr ab und endet schließlich erbärmlich. Und tatsächlich stand der Film Pate bei der Benennung Bernard Sumners neuer Band.
So weit, so gut. Hört man jedoch das nun erschienene Debütalbum von Sumners nächster Post-New-Order-Band, so erscheint der Bandname doch ein wenig verschroben. Denn im Gegensatz zum ultrafies kaputten Cop im Film, gibt sich der Sound von Bad Lieutenant doch sehr zahm. Was aber auch keine große Überraschung ist. Warum sollte Sumner auf seine alten Tage noch Hardcore oder ähnliches ausprobieren?
Statt dessen feilt er weiter an dem Rezept, das er über die Jahrzehnte entwickelt und schließlich perfektioniert hat: den seicht-anspruchsvollen Alternative-Popsong, der durch seine tollen Harmonien, eine unheimliche Leichtigkeit und Sumners Stimme bestimmt wird. Im Prinzip klingt das wie eine konsequente Fortsetzung der letzten beiden New Order-Alben, nur ohne den prägnanten Bass-Sound von Peter Hook, der ja eben nicht mehr mit dabei ist.
Viel hat sich musikalisch nicht getan. Flotter Midtempo-Gitarrenpop mit hohem Wohlfühlfaktor und einem sanften Schuss Melancholie. Und wie auch bei den beiden Vorgängern, beginnt das Album mit dem formidablen Opener "Sink Or Swim" geradezu euphorisch um im weiteren Verlauf ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) abzuflachen, ohne allerdings den angenehmen Flow zu verlassen. Da ist sehr viel Gutes im Bad Lieutenant. Zudem wirkt das ganze Album sehr ausgereift und nicht nach Schnellschuss à la "Muss jetzt sofort was Neues machen, bevor mir der alte Hook zuvorkommt" oder so.
Einzig das Stück "Head Into Tomorrow" fällt ein wenig aus dem Gesamtgefüge. Zum einen erzeugen obertonige Akustikgitarren, Querflöten und Streichern eine ziemlich kitschige Soundfläche. Zum anderen erinnert Zweitsänger Jake Evans hier auf irritierende Weise an die schlimmeren Momente von Oasis. Das hätte man sich sparen können.
Ansonsten macht Evans seine Sache sehr sehr gut und erweitert den stimmlichen Horizont auf sehr subtile aber wirkungsvolle Weise. Interessant ist auch, dass nicht immer erkenntlich ist, wer von den beiden welche Parts singt, bzw. ob die zwei gleichzeitig zu hörenden Stimmen nun zwei verschiedenen Sängern gehören, oder es sich um Overdubs aus einer Kehle handelt.
Ebenfalls positiv zu vermerken: Gastbasser Alex James (Blur) macht nicht den Fehler, Hookies Bassspiel imitieren zu wollen. Vielmehr spielt er unaufgeregt und sehr mannschaftsdienlich seinen Part runter und bildet gemeinsam mit Stephen Morris an den Drums eine homogen groovende Rhythm-Section. Ansonsten hält "Never Cry Another Tear" noch einen kleinen textlichen Treppenwitz der New Order-Geschichte bereit: Mindestens zwei Stücke enthalten mal wieder Sumners Lieblingsphrase "Hey (Now) What You Doing?". Auf Altbewährtes verzichtet man eben ungern ....
3 Kommentare
@laut.de (« Und wie auch bei den beiden Vorgängern, beginnt das Album mit dem formidablen Opener "Sink Or Swim" geradezu euphorisch um im weiteren Verlauf ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) abzuflachen. »):
ausnahmsweise bin ich mal nicht einer meinung mit krausnik. das album ist leider an langeweile nicht zu überbieten. zweieinhalb gute songs und ein sound wie ne new order unplugged-session irgendwelcher b-seiten ... schade
Langeweile? Kein Spur davon. Gutelaunemusik im besten Sinne. Und die 3 Bonus-Tracks der Extended Edition lohnen sich auch.
Übrigens trifft die Rezension auf plattentests.de mMn den Nagel fester auf den Kopf
Die Platte ist einfach geil.