laut.de-Kritik

Ein Gespür für Höhepunkte mit Wumms.

Review von

Bring Me The Horizon haben vorgemacht, wie sich Metalcore-Attitüde und Pop-Sound nie dagewesen miteinander verbinden lassen. Trends müssen wachsen. Das ruft natürlich Nachahmer auf den Plan, die auf der Welle des Erfolgs mitreiten wollen. Den Bad Omens eine plumpe Kopie zu unterstellen, greift allerdings zu kurz. Obwohl sie nahezu identisch mit Elektro-Samples hantieren, um die Gunst des Mainstream zu erhaschen, bleibt genug Raum für die eigene Note.

Die zeugt von seltener Eleganz und einem Stilbewusstsein, das im häufig lieblos überfrachteten Genre-Mix durchaus überrascht. Treibende Kraft des erfreulichen Gegenentwurfs ist einerseits die stimmliche Range von Sänger/Shouter Noah Sebastian. Hinzukommt ein feines Gespür für Dramaturgien im Songwriting.

Was braucht eine gute Spannungskurve? Natürlich, Höhepunkte. Schablonenhaft lassen sich diese wiederkehrend in bratenden Gitarrenriffs, Shouts und metallischen Drohgebärden ausmachen. Der Titeltrack "The Death Of Peace Of Mind" ist ein Paradebeispiel: Sebastians Stimme ist mit ihrer wahnsinnigen Varianz geradezu prädestiniert dafür, einen Song langsam zu entfalten.

Es beginnt mit sphärischen Sytnhies, zu denen er einzig in der Kopfstimme säuselt, nur andeutet und nie zu viel preisgibt. Darauf folgt ein Refrain, der wie gemalt ist: eingängig, kräftig, entschlossen. Stimmlich ist der Frontmann zu jeder Zeit in der Lage, sich zurückzuziehen und beliebig zwischen laut und leise zu wechseln. Beeindruckend, wie er sich von purer Verletzlichkeit hin zu entfesselter Aggression steigert. Nur logisch, dass Höhepunkte in einer solchen Inszenierung einfach noch mehr Wumms entfachen.

Das Schema zieht sich kongruent zum Coverartwork wie ein roter Faden durch die Platte: Schnell entschlüsselt zwar, aber eben auch verdammt wirkungsvoll. "Nowhere To Go", "The Grey" oder "Just Pretend" schwingen sich gar zu einer modernen Reinkarnation der alten Linkin Park auf. Es regnet hymnenhafte Refrains. Tatsächlich drängen sich moderne Crossover-Momente und wuchtige Melodien auf, wie gemacht für die ganz großen Hallen.

Kontrolle ist das alles überragende Stilmittel. "Like A Villain" versetzt sich mit elektronischen Elementen in einen betäubten Rauschzustand. Wieder löst der Chorus die Zurückhaltung. Auch dank ihres grandiosen Dirigenten am Mikrofon beherrscht das Quartett die Kunst, sich stets selbst zu bändigen, und dadurch automatisch nie zu überdrehen. Okay, stimmt nicht ganz: Natürlich haben die Amerikaner unter den 15 Songs auch solche dabei, die sich im Effekt-Geplänkel verzetteln.

"Bad Decisions" ist so eine Nummer. "Who Are You?" oder "Somebody Else" sind ebenfalls nicht mehr als überproduzierte Lückenfüller. Was bei Radio-Pop dieser Art schnell in Vergessenheit gerät: die Band ist im Metalcore groß geworden. Die Wurzeln schimmern über die gesamte Spielzeit immer durch, werden aber nie so konsequent gepflegt wie in "Artificial Suicide", dem eindeutig härtesten Brett des Albums.

Mal mehr, mal weniger deutlich schwebt die Referenz zu Bring Me The Horizon über dem Gesamtkunstwerk. Nie tritt sie so unverschämt aufreizend in den Vordergrund wie in "IDWT$" oder "Miracle". Man muss schon mehr als ein Ohr riskieren, um zu erkennen, dass hier nicht Oli Sykes das Mikro übernommen hat. Daran lässt sich erahnen: Bad Omens haben das Potenzial, der neue heiße Scheiß zu werden. Und vielleicht erheben sich die Nachahmer am Ende sogar über ihre Vorbilder. Das Zeug dazu haben sie allemal.

Trackliste

  1. 1. Concrete Jungle
  2. 2. Nowhere To Go
  3. 3. Take Me First
  4. 4. The Death Of Peace Of Mind
  5. 5. What It Cost
  6. 6. Like A Villain
  7. 7. Bad Decisions
  8. 8. Just Pretend
  9. 9. The Grey
  10. 10. Who Are You?
  11. 11. Somebody Else.
  12. 12. IDWT$
  13. 13. What DO You Want From Me?
  14. 14. Artificial Suicide
  15. 15. Miracle

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