laut.de-Kritik

Emotionen? Begraben unter einer Tonne an Effekten.

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Im Teenageralter schrieb Banks erste Songs, um ihre inneren Dämonen zu kanalisieren. Später schließt sie erfolgreich ein Psychologie-Studium ab. Seit sie als Mittzwanzigerin ihr Debüt "Goddess" veröffentlichte, ist die Kalifornierin eine angesehene R'n'B-Sängerin. Mit "III" will sie drei Jahre nach "The Altar" nicht nur zeigen, wo sie gerade im Leben steht, sondern auch verschiedene Emotionen offen legen. Leider begräbt sie diese unter eine Tonne an Effekten.

Schon "Till Now" verdeutlicht, was auf der Platte alles falsch läuft. Die Distortion-Regler aufgedreht bis zur Schmerzgrenze, dazu übertrieben viel Autotune, so kommt die kraftvolle Song-Struktur kaum zur Geltung. Dabei offenbart die 31-Jährige sogar eine neue Facette, die man von ihr noch nicht kannte: Wut. Die verkommt allerdings unter der Produktion zur beinahe oberflächlichen Banalität. Auch "Gimme" könnte mit dynamischen Wobble-Bässen und selbstbewusstem Gesang ohne die penetrante Übersteuerung eine hervorragende Dancefloor-Nummer abgeben.

"Stroke" weist einige interessante 80er-Jahre-Ansätze auf. Normalerweise könnte man zu diesem Sound gelassen gen Sonnenuntergang cruisen. Doch Verzerrer und Stimmeffekte ergeben hier ein schwer definierbares Klangchaos. Selbst bei ruhigen Songs wie "Sawzall" und "If We Were Made Of Water" lässt sie ihren Gesang nicht pur und unverfälscht für sich stehen. Es muss immer noch eine Schippe Autotune drauf.

Dabei hätte die US-Amerikanerin, die sich wie auf "The Altar" als Executive Producerin einbrachte, das alles gar nicht nötig. Sie verfügt über ein überaus markantes Organ, das sich nahe an der Färbung Rihannas bewegt, dabei aber verletzlicher wirkt. Doch gemeinsam mit ihren Produzenten-Partnern Paul Epworth (Adele, U2, Coldplay), Sohn und Hudson Mohawke arbeitete sie lieber länger an der Verfremdung sämtlicher Sounds. Der Eindruck, dass Banks auch als Rapperin eine passable Figur abgäbe, zerstört im trappigen "The Fall" mal wieder ein unerträglich verzerrter Bass. Da hilft dann auch kein stimmlicher Facettenreichtum mehr, oder ist diese überkomprimierte Soße jetzt der neue Zeitgeist? Bitte nicht!

"III" klingt dann am überzeugendsten, wenn akustische Momente noch so etwas wie Wärme ins fast durchgängig leblose elektronische Sound-Design bringen. In "Hawaiian Mazes" schweben Streicher im Lana Del Rey-Stil über entspannte Trap-Tunes und verleihen dem Track eine melancholische Leichtigkeit, die Banks erstaunlich gut zu Gesicht steht. Die schwirren im intimen "What About Love" auch mal etwas dramatischer durch den Raum und fügen der jazzig nächtlichen Atmosphäre noch ein wenig mehr Tiefe hinzu, die man bei den anderen Songs mit der Lupe sucht.

Trackliste

  1. 1. Till Now
  2. 2. Gimme
  3. 3. Contaminated
  4. 4. Stroke
  5. 5. Godless
  6. 6. Sawzall
  7. 7. Look What You're Doing To Me
  8. 8. Hawaiian Mazes
  9. 9. Alaska
  10. 10. Propaganda
  11. 11. The Fall
  12. 12. If We Were Made Of Water
  13. 13. What About Love

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2 Kommentare

  • Vor 4 Jahren

    Ja, das Problem mit der Überproduktion hab ich auch. Besonders davon betroffen sind aus meiner Sicht "Till Now", "The Fall" und besonders der Refrain der Single "Look What You're Doing To Me", dessen Strophen dagegen richtig gut wären. Anderswo funktioniert das Ganze wieder ganz gut; etwa in den Tracks 3 bis 5, die dann neben "Hawaiian Mazes" und "Alaska" auch meine Highlights wären. Hmm, da hat mir "The Altar" doch wesentlich besser gefallen; eine Übernummer wie "Gemini Feed" fehlt auf "III" nämlich auch. 3/5

  • Vor 4 Jahren

    Ich finde, das alles ist Geschmacksache. Mir gefällt genau diese hier als Überproduktion gewertete künstlerische Besonderheit. Genau deshalb klingt dieses Album für mich erneut aus der Masse heraus und zeigt, das man mit Mut etwas anders machen kann - und dann natürlich auch kontrovers diskutiert wird. Chapeau zum dritten Mal für ein umwerfend gutes Stück Musik.