laut.de-Kritik
Soul, Blues und Folk mit Tiefgang und Seele.
Review von Kai KoppMit Bottleneckgitarre und einem ordentlichen Pfund Blues, inklusive dazugehöriger Nashville-Trägheit, steigen Beady Belle mit "Apron Strings" in ihren vierten Longplayer ein. Der Song verspricht, was das Album hält, soviel sei vorweg genommen!
Singer/Songwriter-Jazzvom Feinsten kredenzt das Trio auf "A Touch Of Paradise". Aufgrund der subtilen Klangarchitektur scheint es, als schleiche sich hier für einige Textzeilen Susi Hyldgaard ans Mikro. Der tolle Refrain fräst sich spätestens nach dem Interlude als sanfte Kerbe ins Ohrwurmgedächtnis.
Das folgende "Tower Of Lament" braucht dazu genau ein erstes Hören. Denn wenn der Refrain, irgendwo zwischen Soul und Gospel, einsetzt, gibt es kein Entkommen. "Self-fulfilling" groovt so lässig, leichtfüßig und offbeatig, dass es aus amerikanischer Hand stammen könnte. Liegt es daran, dass India.Arie als Gastsängerin fungiert? Transparent instrumentiert, mit einem lässigen Snap-Groove unterlegt, einer im Attack behinderten Gitarre, einem Harp-Solo und tollen Chorsätzen strotzt der Song vor Einfallsreichtum, Hingabe, Coolness, Funk und Blues.
Bei "Intermission Music" schaut Jamie Cullum im dänischen Aufnahmestudio vorbei. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Frage nach seiner Lieblingsgruppe, beantwortet Jamie gerne mit Beady Belle. Als Support für seine "Catching Tales"-Tournee stand das Trio ebenfalls ganz oben auf seiner Wunschliste.
Zu keinem Zeitpunkt dem Klischee der nordischen Kühle entsprechend, spielt die Herkunft Beady Belles insofern eine kreative Rolle, als sich ihr Ideenreichtum in wohltuender Art von anderen unterscheidet. Norah Jones muss bisweilen als Vergleichsgröße herhalten. Sie macht neben Beady Belle zwar eine gute Figur. Kreativer, eigenwilliger, weniger charmant und nonchalant gehen jedoch die Norweger zur Sache. Stört Norah das Candlelight-Dinner in keinem aller denkbaren Fälle, fragt bei Beady Belle die Angebetete spätestens bei "Tower Of Lament," wer sich hinter der hervorragenden Musikauswahl verbirgt.
Doch der Vergleich mit Norah Jones hinkt. Beady Belle arbeitet auf "Belvedere" weniger jazzig, weniger smooth und weniger gefällig. Sie packt ihre Songs in ein souliges, bluesiges, folkiges und akustisches Singer/Songwriter-Umfeld. Von Platte zu Platte präsentiert sich das Trio gereifter, gefühlvoller, gefestiger in der Eigenständigkeit und inspirierter im Ausdruck. Seelenvoll und warm bringt "Belvedere" auf den Punkt, was unter variationsreichem Akustik-Soul zu verstehen ist.
6 Kommentare
... noch niemand in die Scheibe reingehört?
- um mir zu widersprechen, meine meinung zu bestätigen, mich als praktikanten zu beschimpfen oder mich mit puderzucker zu bestäuben ...
das kann ich echt nicht glauben. beady belle ist nur ganz knapp an 5 punkten vorbeigeschrabbt und hätte es beinahe ins rennen um das album-der-woche geschafft...
und noch niemand hat es gehört?
Doch. Hab sie auch schon im Regal stehen.
Ein sehr schönes Funkelperlenalbum, um einmal ansatzweise eine bestimmte German Band zu bemühen.
Ich denke sogar, es ist ihr bisher ausgeglichenstes und gleichzeitig facettenreichstes Werk. Schrammt bei mir jedoch ebenfalls hart an ***** vorbei, ich hätte es mir ein klein wenig bluesiger gewünscht, dafür den leichten Country-Einschlag hier und da zurückgeschraubt. Ein "Pfund Blues" höre ich nämlich eigentlich nicht. Aber das sind wohl ganz persönliche Geschmäcklerischkeiten, **** ist sehr gut und dabei kann man es ganz locker und getrost belassen. Jamie Cullum überzeugt (zurückhaltenderweise) bei "Intermission Music", Indie Arie setzen einen Glanzpunkt und "A Touch Of Paradise" offenbart eine spürbare Nähe zu Sade, obwohl sie nie ganz deren sexy-Geschmeidigkeit erreichen wird (die hat noch niemand erreicht )
Bei einem Album wie diesem bekommt der ansonsten eher negativ behaftete Begriff "Lounge-Music" den gebotenen Glanz zurück.
Ach ja: 2 Löffel Puderzucker für den Rezensenten.
schön, dass du Belvedere schon im Regal stehen hast
und natürlich noch schöner, dass du meine Meinung teilst ) - von ein paar Geschmäcklerischkeiten mal abgesehen...
und am allerschönsten: 2 Löffel Puderzucker
))
Ich würde dir ja liebend gerne einmal so richtig Contra geben, aber dazu müsstest Du wohl erst anfangen, ein Album von "Massiv" oder ähnlichen schwer musikalischen Zeitgenossen zu besprechen
ich kann mich ja um das Lady Bitch Ray - Album kümmern *lach*
DAS möchte ich lesen.
Es gibt noch nicht genug Feuchtgebiete, wir hocken noch immer viel zu sehr auf dem Trockenen.