23. Juli 2014

"Eine Nacht lang hieß es 'Nevermind'"

Interview geführt von

Immer gut drauf und ein Garant für beste Live-Unterhaltung: Die Beatsteaks aus Berlin gehören nun schon seit Jahren zur Bel Etage der deutschen Rock- und Alternative-Szene. Dieser Tage erscheint das mittlerweile siebte Studioalbum der Mannen um Massen-Entertainer Arnim Teutoburg-Weiß.

Wenn man sich auf einen Plausch mit den Jungs von den Beatsteaks einlässt, dann sind gute Laune, Frohsinn und Spaß vorprogrammiert. Nur wenige Bands, die nun schon seit Jahren ähnlich erfolgreich durch die Landen ziehen, präsentieren sich ihrem Gegenüber dermaßen allürenfrei, locker und entspannt wie das Quintett von der Spree. Dementsprechend waren wir natürlich bester Dinge als wir Sänger Arnim, Schlagzeuger Thomas und Gitarrist Peter kurz vor der Veröffentlichung ihres selbstbetitelten neuen Albums in ihrem Proberaum besuchen durften – einem Ort, der im Herzen Berlins gelegen und mit dem Charme einer miefigen Hinterhof-Butze ausgestattet, auch den letzten Zweifler davon überzeugt, dass es sich bei den Beatsteaks um alles andere als eine hochnäsige Rock'n'Roll-Deluxe-Combo handelt.

Arnim: Hallo, mein Freund. Willkommen in unserer bescheidenen Hütte (grinst).

Oh, welch sympathische Begrüßung.

Arnim: Immer gerne. Einmal im Jahr wird hier sogar aufgeräumt (lacht).

Ach, sieht doch alles super aus. Klein, gemütlich, Rock'n'Roll halt. Vor allem sieht es nicht so aus, als würde hier eine Band proben, die nun schon seit Jahren ganz oben mitspielt. Sitzen wir hier eigentlich gerade unter einem Hochbett?

Arnim: Nee, das sieht nur so aus. Da oben lagert Thomas seine Drum-Cases. Manchmal habe ich das Gefühl, als würde er mittlerweile komplette Sets sammeln. Unglaublich.

Thomas: Drums sind geil!

Arnim: Du siehst, unsere ganzen Klampfen müssen wir im Flur parken.

Ein bisschen eng, stimmt.

Thomas: Quatsch! Passt doch alles wunderbar (grinst).

Arnim: Naja, geht schon irgendwie. Auf jeden Fall haben wir hier vor ziemlich genau einem Jahr zehn Tage lang so richtig am Zeiger gedreht.

10 Tage?

Arnim: Ja, dann war das neue Album im Kasten. Danach haben wir noch die Gesänge reingemischt, und zu war der Sack. Schön aus dem Bauch raus.

Als ich den ersten Durchlauf hinter mir hatte, lautete meine Fazit: Dreckig und gut.

Arnim: Sehr schön. So geht es mir auch heute noch wenn ich die Platte höre. Wir hatten diesmal einfach keine Lust, ewig rumzuschrauben und mehrere Wochen im Studio zu verbringen. Wir sind letztes Jahr direkt nach dem Rock Am Ring-Gig nach Hause gefahren und haben losgelegt. Irgendwann hatten wir dann Songs wie "DNA" oder "Make A Wish" am Start, die uns wieder richtig schön derbe auf die Band eingeschworen haben.

"Eine Nacht lang hieß das Album "Nevermind""

Du sagtest vorhin, dass ihr im Anschluss noch die Gesänge separat aufgenommen habt. Ich kann mich noch gut an letztes Jahr erinnern, als mir Thorsten bei unserem letzten Interview davon vorschwärmte, wie cool es denn gewesen sei einen Song wie "Say Say Say" erstmals komplett live eingespielt zu haben. Du wärst wohl auch der gewesen, der am begeistertsten war. War dem doch nicht so?

Arnim: Doch, das war schon cool. Diesmal war aber der Zeitplan wesentlich straffer. Außerdem hatten wir extra Walter Schreifels für die Gesänge mit an Bord. Das wär dann auch wieder zu viel Druck und Stress gewesen. So hatten wir zehn Tage für die Musik und zehn Tage für den Gesang. Das hat wunderbar geklappt.

Alle wollen natürlich wissen, warum das Album keinen Namen hat ...

(Unterbricht mich)

Arnim: Du etwa auch?

Naja, ich denke mir, dass es vielleicht damit zu tun haben könnte, dass ihr nach dem Unfall von Thomas eine Zeitlang ja gar nicht wusstet, ob es mit der Band überhaupt weiter geht; und ihr euch deshalb für den Bandnamen als Titel entschieden habt – Quasi, ein "neuerliches" Debütalbum, als Zeichen für einen Neuanfang. Ist da was dran?

Peter: Die Sache mit Thomas hat da sicherlich auch eine Rolle gespielt. Wir sind seitdem wesentlich fokussierter und arbeiten mehr aus dem Bauch raus. Für Bullshit ist einfach keine Zeit mehr. Wir sind tierisch happy, dass wir nach all dem Stress heute hier immer noch in der alten Besetzung rumsitzen. Wir streiten uns zwar immer noch hin und wieder, aber irgendwie kriegen wir alle Differenzen seit dem wesentlich schneller vom Tisch. Jetzt schweife ich etwas ab, oder?

Nö, erzähl ruhig weiter.

Peter: Um was gings noch mal?

Der fehlende Albumtitel.

Peter: Ah, stimmt. Der Albumtitel fehlt ja aber nicht. Das Album heißt einfach nur "Beatsteaks".

Arnim: Der eigentliche Punkt ist: Wir haben einfach keinen passenden Titel gefunden. So einfach ist das. Da steckt jetzt keine besondere Message dahinter. Es kam bei der Titelsuche einfach nichts Tolles bei rum.

Thomas: Außer "Nevermind" (grinst).

Arnim: (Lacht) Yes! Eine Nacht lang hieß das Album "Nevermind". Aber das passte am nächsten Morgen dann irgendwie auch nicht mehr so richtig.

Apropos Zusammenpassen: Die Beatsteaks zwischen Helene Fischer und Rihanna klingt auch irgendwie komisch, oder?

Arnim: Naja, kommt drauf an in welchem Zusammenhang (lacht).

"Mein Gott, die Jungs waren schon lange drüber"

Stichwort: Mats Hummels ...

Arnim: Ah, verstehe (lacht). Da haben wir überhaupt kein Problem mit. Ich meine, wenn einer der weltbesten Fußballer unsere Band cool findet, dann ist das doch großartig. Den laden wir hiermit auch gerne mal zu uns auf die Bühne ein. Kevin Großkreutz und Helene Fischer kann er von mir aus auch gerne mitbringen (lacht).

Wo wir schon beim Thema wären: Wie lautet denn euer WM-Fazit? Die Chilenen haben es ja dann doch leider nicht bis ins Finale geschafft.

Arnim: Die Chilenen?

Laut eures Spielplans hätte Chile im Finale gegen Uruguay spielen müssen.

Arnim: (Lacht) Ah, dieser seltsame Spielplan. Ich muss das jetzt hier mal klarstellen. Ich, Arnim Teutoburg-Weiß, habe mit der Erstellung dieses Spielplans nichts zu tun gehabt. Ich habe von Anfang an gesagt: Deutschland wird Weltmeister! Und? Wer hat nun den Pott?

(Allgemeines Gelächter)

Die Gaucho-Tänzer.

Arnim: Ach komm ...

Peter: Ich finde auch, dass die Leute jetzt nicht so nen Affen machen sollten. Mein Gott, die Jungs waren doch schon lange drüber. Die wurden mit Bier und Brezeln von einer Sause zur nächsten geschoben. Dass sich dann Leute darüber wundern und aufregen, dass nicht mehr ganz so nüchterne Fußballer, in der Stunde des ultimativen Erfolgs, mit einem Augenzwinkern über den geschlagenen Gegner herfallen, ist einfach nur lächerlich und traurig. Da geht's dann nur um das berühmte Haar in der Suppe. Murks, großer Murks.

Arnim: Seh ich auch so. Sicher, den Tanz hätten sie sich auch sparen können, aber sooooo schlimm war es ja nun auch wieder nicht. Ich fand die Jungs insgesamt super. Die haben sich vier Wochen lang den Arsch aufgerissen. Da zieh ich echt meinen Hut. Großartige Typen.

Peter: Und fair ohne Ende. Die hatten am Ende die wenigsten Fouls auf dem Konto und haben sich zu keiner Zeit gehen lassen. Nimm nur das Brasilien-Spiel – Da hat sich keiner nach dem Spiel hingestellt und den Großkotz raushängen lassen. Lahm und Mertesacker waren danach sogar richtig geknickt. Das fand ich echt bemerkenswert und extrem sympathisch. Eine wirklich tolle Truppe. Die sollen mal ruhig noch schön lange weiter feiern. Das haben sie sich wirklich verdient. Törööö! (lacht)

Wo wir gerade beim Feiern sind: Nächstes Jahr steht das 20-jährige Bandjubiläum an. Schon Pläne?

Arnim: Zwanzig Jahre? Sind wir wirklich schon so alt?

Peter: Unglaublich, oder? Das ist schon ne richtige Hausnummer. Es fühlt sich aber irgendwie immer noch total frisch an.

Arnim: Wir werden auf jeden Fall ein richtiges Fest feiern. Müssen wir einfach.

Peter: Ja, müssen wir.

Thomas: Unbedingt.

Ist das etwas, was ihr unter der Sparte Erfolg einsortieren würdet? Seit zwanzig Jahren am Start zu sein?

Peter: Das steht über allem. In den Charts zu landen oder ausverkaufte Tourneen zu spielen ist natürlich auch krass, aber die Tatsache, dass wir nach so langer Zeit generell noch zusammenhocken und Musik machen, ist das Größte überhaupt.

Arnim: Erfolg bedeutet für mich, wenn man einen Plan entwirft und den dann auch umgesetzt bekommt. Nimm zum Beispiel unser neues Album. Da steckte ein ganz simpler Aus-dem-Bauch-heraus-Plan dahinter. Jetzt haben wir die Scheibe im Sack. Alles hat geklappt. Das nenne ich Erfolg.

Mal abgesehen von Thomas' furchtbarem Unfall läuft der Beatsteaks-Motor seit Jahren wie geschmiert. Alle sind gut drauf, die Massen kreischen, alles passt. Vor allem live seid ihr immer eine Bank. Gab es je einen Moment, wo irgendwie gar nichts ging?

Arnim: Klar. Da fällt mir spontan der erste der beiden letzten Berlin-Gigs ein.

Max-Schmeling-Halle?

Arnim: Genau. Da war irgendwie von Anfang an der Wurm drin. Das hatte bestimmt auch mit der Anspannung zu tun. Naja, auf jeden Fall haben wir ziemlich lange gebraucht, um eine Verbindung zum Publikum herzustellen. Kam mir zumindest so vor. Wir wollten natürlich auch extra derbe abliefern. Ich meine, die Halle war voll und Berlin steht natürlich immer ganz oben auf unserer Liste. Am dem Abend passte aber leider nur wenig zusammen. Dann hatte Peter am Ende auch noch technische Probleme. Da lief irgendwie alles ein bisschen aus dem Ruder. Also, von wegen: Alle sind gut drauf, die Massen kreischen und alles passt ... Pustekuchen. Da wollen wir zwar immer hin, aber es funktioniert halt nicht jeden Tag.

Ich war übrigens am zweiten Abend vor Ort. Da passte alles.

Arnim: Sei froh (lacht).

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