laut.de-Kritik

Mehr Mut zum Experiment, bitte!

Review von

Braucht die Welt noch eine Version von "Seven Nation Army"? In diesem Fall schadet es zumindest nicht, so funky, wie Ben L'Oncle Soul der ausgenudelten Nummer den Geist von Stax und Motown einprügelt. Den White Stripes-Hit als erste Single auszukoppeln, zeigt ein sicheres Gespür für Verkaufszahlen. Besonders gewagt mutet diese Entscheidung indes nicht an.

Womit wir beim Kernproblem wären: In Zeiten, in denen Soul und Funk der späten 60er auf der Retrowelle ganz oben schwimmen, ein Soul- und Funk-Album exakt im Stil ebendieser Jahre einzuspielen ... Mut und Experimentierfreude klingen anders.

Mit Ausnahme der teils französischen Texte und dem Gastauftritt von Beat Assailant in "Ain't Off To The Back" lässt sich kaum ein Unterschied zum Original-Motown-Sound feststellen - was gleichermaßen als Kompliment und Kritik durchgeht.

An den handwerklichen Fähigkeiten Bens und seiner Mitstreiter ist nicht zu rütteln. Während ihr Frontmann singt wie einst Otis Redding, entlocken die Musiker ihren Instrumenten lässigste Grooves. Staubige Drums liefern den roten Faden, an dem sich wie Perlen satte Bass- und Gitarrenlinien, verspielt klimpernde Tasten und immer wieder exzellent platzierte Bläser aufreihen.

Ob Kuschelsoul oder angedeutete Offbeat-Rhythmik, tragische Ballade oder treibende Dynamik - des Soul-Onkels Nummern eignen sich allesamt für den gepflegten Schwof beim Tanztee. Selbst wenn, wie in "Partir" eine Überdosis Gefühl im Gesang das Geschehen prägt: Das Vergnügen an den Errungenschaften der goldenen Ära des Soul bleibt stets so spürbar wie die Liebe zur Musik jener Tage.

Man mag also gar nicht wirklich darüber schimpfen, dass viel zu selten frische Ideen das Schon-tausendfach-gehört-Gefühl wegblasen. An Stellen, an denen genau dies geschieht, überkommt einen allerdings eine Ahnung, wozu Ben L'Oncle Soul mit dem nötigen Schneid in der Lage wäre. Eine Andeutung dessen zeigt "Elle Me Dit", wo Bens Gesang sich plötzlich weniger an seinen berühmten Vorbildern orientiert, sich mehr Eigenständigkeit zutraut.

Den einzigen wirklichen Überraschungsangriff fährt jedoch "Ain't Off To The Back": Aus einem gewohnt klassisch aufgebauten, schnellen Soul-Track erwächst völlig unerwarteterweise, aber ganz organisch ein atemloser Rap-Part. Die Organik, mit der dies geschieht, als sei nie etwas anderes vorgesehen gewesen, illustriert die doch nahe Verwandtschaft zweier oft als so verschieden wahrgenommener Genres. Mehr davon, und ich bin voll dabei.

Trackliste

  1. 1. Seven Nation Army
  2. 2. Soulman
  3. 3. Petite Soeur
  4. 4. Mon Amour
  5. 5. Elle Me Dit
  6. 6. I Don't Wanna Waste
  7. 7. Come Home
  8. 8. L'Ombre D'Un Homme
  9. 9. Ain't Off To The Back
  10. 10. Lise
  11. 11. Demain J'Arrête
  12. 12. Partir
  13. 13. Lose It
  14. 14. Back For You

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