laut.de-Kritik

Prog-Rock-Reise im Stile von Steve Hackett und Marillion.

Review von

Züge faszinieren Vertreter des Prog Rocks seit jeher, man denke nur an "Locomotive Breath" von Jethro Tull oder Porcupine Trees Lebens-Metapher im Track "Trains" (auf dem Meilenstein "In Absentia"). Auch Big Big Train zuckeln schon seit fast dreißig Jahren durch die Landschaften vertrackter Tonkunst und verzücken Fans mit ihrer stilistischen Melange aus Retro-Prog, Neo-Folk und Indie-Hymnen. Der Headliner-Slot beim legendären Night Of The Prog-Festival 2018 spricht hierfür Bände.

Das Rückrat des Kollektiv bildet Greg Spawton. Der bärtige Bassist steht der Gruppe seit dem Ausscheiden von Andy Poole als einzig verbliebenes Gründungsmitglied vor. Die um ihn versammelte Mannschaft lässt Progherzen höher schlagen: XTCs Dave Gregory, Ex-Beardfish-Mastermind Rikard Sjöblom und Spock's Beard-Drummer Nick D'Virgilio bringen auf dem 13. Album ordentlich Finesse und Farbe mit Spiel.

Die Grand Tour stellte im 17. und 18. Jahrhundert für junge Menschen eine Expedition in die weiten der Welt dar, um Physis und Psyche zu erweitern. "Alive" zieht direkt in die Welt der Wohlfühl-Proggies hinein und gäbe in dieser Form auch einen prima Opener für die Neal Morse Band ab. Zudem weitet die Band ihren Renaissance-Gedanken von der Musik auf die Titel aus. "The Florentine" ist ein wunderbar jamlastiges, von tollen Soli durchzogenes Folk-Epos. Im Longtrack "Roman Stone" bereitet eine klassische Ballade den Boden für Sänger David Longdon, der nicht mit großen Gesten und Schwelgereien geizt. Jazz und Neoklassik harmonieren hier in trauter Eintracht.

Wer mal einen Blick in die Kuppel des Pantheons in der ewigen Stadt geworfen hat, lässt sich von den hochfliegenden und majestätischen Klängen des gleichnamigen, instrumentalen Songs verzaubern. Das vorab veröffentlichte "Theodora In Green And Gold" tänzelt zwischen Dreier- und Vierer-Metrum und wartet mit dem eindringlichsten Refrain der Scheibe auf.

Das ätherische "Ariel" breitet seine Schwingen über vierzehn Minuten aus. Das ebenso lange "Voyager" fährt wuchtige Bläsersätze auf. Hier wie dort regiert bei aller Finesse das Diktum des traditionellen Songwritings. Big Big Train verzetteln sich nicht in technischen Kabinettstücken. Den Zyklus vollendet "Homesong", das mit seinem nervösen Picking und Drumming nicht vom Ende der Reise kündet, sondern zu neuen Großtaten einlädt.

Die makellose Hochglanz-Fassade der Band mag nicht überall auf Zustimmung stoßen. Das Artwork mit dem wohlgestalteten Orpheus sagt einiges über die Musik aus. Wer Gefallen an Giganten wie Steve Hackett oder Marillion findet, dürfte kaum enttäuscht werden.

Trackliste

  1. 1. Novum Organum
  2. 2. Alive
  3. 3. The Florentine
  4. 4. Roman Stone
  5. 5. Pantheon
  6. 6. Theodora in Green and Gold
  7. 7. Ariel
  8. 8. Voyager
  9. 9. Homesong

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4 Kommentare

  • Vor 5 Jahren

    Tolles Album. Für mich ihr bester Output bisher. Vorallem die immer wieder eingestreuten Ur-Genesis-Gedächtnis-Keyboards veredeln so manche Nummer.

  • Vor 5 Jahren

    Yep, gebe Dir absolut Recht. Dazu noch ein wenig Mike & the Mechanics. Absolut hörentswert.

  • Vor 5 Jahren

    Langweilig-Langweilig-Reise im Stile von Langweilig und Langweilig.

  • Vor 4 Jahren

    BBT's Grand Tour fasziniert mich ständig aufs Neue. Insbesondere "Roman Stone" mit dem Gebläse, was an die alten Helden von Chicago erinnert haut mich immer wieder um. Langdons Stimme gleicht am Anfang der Gabriels. Doch war Gabriel jemals so gut? Die Harmonien gehen so tief in die sensoneuronalen Strukturen, dass der Unterschied zwischen Hypoxie und Übersättigung nur Fragezeichen hervorbringen.
    Bei "Pantheon" (ich war dort!) schwimmt Robert Fripp im Kansassound. Peter Gabriel und Phil Collins werden erhöht und in "Theodora In Green And Gold" findet man sich in "Tommy by the WHO" wieder. BBT machen sogar vor 10CC nicht halt, wie "Ariel" zeigt. Und auch hier kommt der Sound von Kansas gepaart mit Chicago - Klängen zum Vorschein.
    Alles was diese Formation abliefert geht unter die Haut.
    Bin mal wieder begeistert, und zwar restlos. Was bringen die als nächstes?