laut.de-Kritik

"Great Things" werden folgen.

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Ob "Hip Hop-Wunder" oder "Golden Child" - wenn es um Bishop Nehru geht, überschlagen sich die Medien gerne mit Namensgebungen, die in fast ungesundem Maß sowohl Hoffnung als auch Lob transportieren. Schließlich will man von einem MC, dessen erstes Album vom großen MF Doom produziert wird, nicht weniger als Großartiges erwarten.

Die Kollaboration "NehruvianDOOM" erfüllt diese riesigen Erwartungen zwar nicht, rechtfertigt sie aber zumindest teilweise. Die technischen Fähigkeiten und das erzählerische Potenzial in den Zeilen des 18-Jährigen, der bei Beginn der Aufnahmen sogar erst 16 war, blitzen auf dem recht knapp geratenen Werk nämlich immer wieder auf.

In der Tat entpuppt sich der geringe Umfang der Platte als eines ihrer größten Probleme. Zweifelsohne ließe sich mit neun Tracks ein rundes, vollkommenes und abgeschlossenes Album erschaffen, das haben andere schon längst bewiesen. "NehruvianDOOM" fehlt hierzu aber die Schärfe, dem Intro "First Day Of Class" und den Interludes zudem der ersichtliche Sinn. Wirklich hörenswert sind die Passagen aus Vocal-Samples und Instrumentals nicht.

Wenn das Duo dann aber Fahrt aufnimmt, zeigt sich das mit "Sound Of The Son" untertitelte Werk von seiner erwartet starken Seite. Das smooth-jazzige Liebeslied "Mean The Most" präsentiert sich lyrisch charmant und intelligent, während "Great Things" fast schon Ohrwurm-Potenzial beweist und mit einigen Textperlen aufwartet: "I'm hoping to get some meals, no hobo".

Auch in den starken "Darkness" und "So Alone" überzeugt Nehru hauptsächlich mit durchdachten Zeilen und ausgefeilten Skills, weniger allerdings mit stimmlichem Wiedererkennungswert. Dass nicht jeden MC schon im Alter von 16 Jahren eine Aura à la Joey Bada$$ umgibt, lässt sich jedoch kaum kritisieren. Stattdessen flowt Nehru unbeirrt und zurückgelehnt durch die jazzigen Arrangements von MF Doom und ist sich seiner Fähigkeiten dabei stets bewusst: "It's the underrated, under payed / But still most amazing / Teenager making music since the Caveman."

Doom selbst bastelt längst gewohnte, aber nach wie vor ausgezeichnete Boom Bap-Vorlagen für seinen jungen Schützling. Doch auch wenn das Golden Era-Gerüst bestens zum Old School-Flow Nehrus passt, wirken gerade düstere Tracks wie "Coming For You" und "Caskets", in dem Metal Fingers selbst ans Mic tritt, etwas eintönig. Wirkliche Kritikpunkte finden sich in den einzelnen, natürlich hochwertig produzierten Beats zwar nicht, in seiner Gesamtheit hätten "NehruvianDOOM" vielleicht aber doch ein paar Tracks mehr und stärkere Variation gut zu Gesicht gestanden.

So ist "NehruvianDOOM" wohl kaum das von vielen erwartete beste Rap-Album des Jahres, sondern als eine Art Vollpreis-EP sogar recht weit davon entfernt. Enttäuscht hat es trotzdem nicht, gibt es doch einen vielversprechenden Ausblick auf das, was noch kommen könnte: "I'mma do great things, great things / Know y'all can't stop my dreams and my visions". Keine Frage, "Great Things" werden folgen.

Trackliste

  1. 1. First Day Of Class
  2. 2. Om
  3. 3. Mean The Most
  4. 4. So Alone
  5. 5. Darkness
  6. 6. Coming For You
  7. 7. Caskets
  8. 8. Great Things
  9. 9. Disastrous

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