laut.de-Kritik

Das haut rein wie Sekt auf nüchternen Magen.

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Gestatten: der aktuelle Hype der Stunde – Black Country, New Road. Das Feuilleton überschlägt sich mit Lobpreisungen, die Fans zerreißt es schier vor Begeisterung. Doch weshalb eigentlich? Die experimentelle Rockmusik des britischen Septetts klingt teils sperrig und unbestimmt. Schubladen, die für den Erfolg so zwingend notwendig scheinen, lassen sich nicht öffnen. Das Albumdebüt "For The First Time" haut trotzdem rein wie Sekt auf nüchternen Magen.

Der Opener "Instrumental" führt erst einmal in die Irre. Mit fast sechs Minuten dient der Song als überlanges Intro. Takt für Takt stellt das Stück die musikalische Besetzung – bestehend aus zwei Gitarren, Bass, Saxofon, Violine, Keyboard und Schlagzeug – vor. Fast hypnotisch spielen die Instrumente ihre Loops runter. Nach hinten raus wird das Spiel immer wuchtiger. Wie der Liedtitel bereits verrät, gibt Sänger Isaac Wood noch keinen Mucks von sich.

"She flies to Paris, France, I come down in her childhood bed / And write the words I'll one day wish that I had never said", lauten dann die ersten Zeilen aus Woods Mund. Was sie genau bedeuten, das lässt sich nur erahnen. Denn der Brite wählt zwar einfache Worte, verbindet sie aber zu Texten mit gigantischem Interpretationsspielraum. Nur eins ist gewiss: Woods zittrige Stimme, die mehr spricht als singt, klingt unheilvoll.

Jedes der sechs Stücke besitzt einen eigenen Charme. "Science Fair" klingt mit dem Synth-Bass ab Liedmitte nach Zukunftsmusik. Klezmer-Elemente beschleunigen "Opus" auf Lichtgeschwindigkeit. Und die weiblichen Background-Vocals in "Track X" erzeugen die wohligste Melancholie im Laufe der 40 Minuten. Im Austarieren all dieser Bausteine liegt die größte Stärke der Band. Denn alles auf "For The First Time" steht an der jeweils richtigen Stelle – auch wenn es nicht immer so scheint.

Black Country, New Road begeistern mit einer Stilmischung, die unwirklich klingt. In ihrem Mix stecken Shame, Balkan Beat Box und die neuste Designer-Droge aus dem Londoner Nachtleben. Poppige Passagen setzt die Gruppe sparsam ein. Isaac Woods torpediert jeden noch so kleinen Anflug von Eingängigkeit mit seinem dramatischen Vortrag. Um als Ohrenschmaus durchgewinkt zu werden, reicht es trotzdem allemal.

"For The First Time" funktioniert, weil die sieben Bandmitglieder ungeschminkt aufspielen können. Gerade deshalb klingt ihre Musik so nahbar wie ihre sympathischen Pressefotos aussehen. Ob Black Country, New Road den eigenen Hype überstehen, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen. Zumindest Isaac Wood arbeitet hart am eigenen Status: "I am very young / But I am working / Working on the glow up."

Trackliste

  1. 1. Instrumental
  2. 2. Athens, France
  3. 3. Science Fair
  4. 4. Sunglasses
  5. 5. Track X
  6. 6. Opus

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7 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 3 Jahren

    hmmm...
    irgendwie spannend-schräg-fesselnd-ungewöhnlich-komisch-gewöhnungsbedürftig-fordernd...

    irgendwie ein mix aus madrugada & eläkeleiset & system of a down & kaizers orchestra & lenningrad cowboys & leonard cohan & the doors & the mars volta & sonic youth & jethro tull & so many more...

    der song OPUS macht irgendwie spass...
    ja doch, den kann man sich gönnen!

    der rest fordert einem dann doch ein wenig mehr...

  • Vor 3 Jahren

    schön schräg, der sektkorken fliegt bei der öffnung schön in die fresse. umso geiler, die ganze flasche zu kippen

  • Vor 3 Jahren

    Wollte sie gestern nebenher bei der Arbeit hören.... keine Chance, musste sie abbrechen. Vielleicht zweiter Versuch in einer ruhigen guten halben Stunde....der Mix im ersten Posting passt, zusammen mit einer Stimme, die mich leicht an David Byrne erinnert hat.