laut.de-Kritik

Wo Bombast ist, geht immer noch ein bisschen mehr Bombast.

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Zwei 90-Mann-Orchester, drei Chöre (aus Tschechien, aus Ungarn, aus den USA): noch Fragen, wo es lang geht? Kleine Brötchen backen Blind Guardian anno 2015 ganz sicher keine mehr. Wo Bombast ist, geht auch immer noch ein bisschen mehr Bombast. Das kann funktionieren. Muss es aber nicht.

Tut es über weite Strecken von "Beyond The Red Mirror" leider auch nicht. Symphonisch ist die Platte, gar keine Frage. Nur begräbt die meterdicke Epikschicht die Songs des Öfteren unter sich. Die gigantischen Arrangements und Songstrukturen stammen zwar ohne Zweifel von Profis. Trotzdem klingen sie wie gewollt, doch fehlgeschlagen.

Schon im Opener offenbart sich dieses Problem. Trotz massiver Choraleröffnung wirkt "The Ninth Wave" über seine insgesamt neuneinhalb Minuten hinweg unzusammenhängend und gestückelt. Die schon von der Vorab-Single "Twilight Of The Gods" geschürte Befürchtung, der Sound sei direkt aus dem Mülleimer recycelt worden, bewahrheitet sich leider auch. Zumindest in meinen Ohren.

Lieber ein paar Orchester weniger verpflichtet, und dafür die Regler mal genauer unter die Lupe genommen. Zu allem Überfluss kokettiert "The Ninth Wave" noch mit Plastiksynthies, die mal so gar nicht passen wollen. Weder zur Komposition, noch zum Fantasy-Kontext.

Abgesehen von dem ziemlich guten "Prophecies", das mit einigen sehr schönen Gitarrenmelodien aufwartet, und dem endlich ordentlich knallenden "Ashes Of Eternity"-Riff rauscht einfach alles irgendwie vorbei. Klar, ein paar nette Hooks und solides Headbangmaterial gibts natürlich. Aber dafür braucht man jetzt nicht unbedingt ein neues Album.

Erst ganz zum Schluss zeigen Blind Guardian, dass sie durchaus noch mehr und damit auch überraschen können. "Miracle Machine" erzeugt mit ruhigen Klavierklängen schöne, wohlig-warme Atmosphäre und dank reduzierter Instrumentierung willkommene Abwechslung vom sonst vorherrschenden Bombastoverkill. Perfekt eingestimmt marschieren wir gen Höhepunkt.

Ob "Grand Parade" nun, wie André Olbrich behauptet, tatsächlich als der beste Song durchgeht, den die Band je geschrieben hat, sei dahingestellt. In jedem Fall ist es ein guter Song. So richtig entschädigt er zwar für den vorherigen Durchzug auch nicht, bildet aber wenigstens einen versöhnlichen Abschluss.

Gitarren und Streicher greifen ineinander, spielen sich die Harmonien zu, Hansi Kürsch zeigt sich variabel, passt sich dem auf und ab wogenden Instrumentarium hervorragend an. Es geht also doch. Schade, dass die hier gezeigte Brillanz auf "Beyond The Red Mirror" nicht häufiger zum Vorschein kommt.

Trackliste

  1. 1. The Ninth Wave
  2. 2. Twilight Of The Gods
  3. 3. Prophecies
  4. 4. At The Edge Of Time
  5. 5. Ashes Of Eternity
  6. 6. Distant Memories
  7. 7. The Holy Grail
  8. 8. The Throne
  9. 9. Sacred Mind
  10. 10. Miracle Machine
  11. 11. Grand Parade

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19 Kommentare mit 28 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    So unrealistisch übereuphorisch die Rezensionen von Edele zu "A Night At The Opera" und "A Twist At The Myth" auch waren, so beknackt ist diese hier. Da man mit dem komplexen Songwriting und Bombast nicht jeden erreichen kann ist mir klar aber unter 3 Punkte für so ein Album ist halt auch mal weit an der Realität vorbei.

    • Vor 9 Jahren

      Wenn man ihm Jahre 2015 auf einem Major-Metal Label einen so mistigen und dünnen Sound raushaut, ist man mit 2 Punkten echt gut bedient, da hilft doch die ganze Komplexität nüscht.

    • Vor 9 Jahren

      Songwriting > Sound.

    • Vor 9 Jahren

      Das habe ich auch nirgendwo behauptet.
      Die ganze komplexität bringt mir nur halt nix, wenn der sound so bescheiden ist.

    • Vor 9 Jahren

      bzw. anders. Natürlich ist das songwriting viel wichtiger. Wenn ich mir ne Atmospheric Black Metal Band reinziehe, will ich auch keine Top Notch Produktion, da will ich es roh und verhallt haben. Aber wenn ich so eine Mega Bombast Schiene fahre, kann ich das mit so einem Sound einfach vergessen.

    • Vor 9 Jahren

      Also ich würde niemals ne Scheibe mit 2 Punkten abstrafen weil die Produktion nicht ganz so gelungen ist. Ich meine demnach hätte Death Magnetic -5 Punkte verdient, hat auf Laut aber trotzdem 4 bekommen. Und die Produktion ist genau so wie auf allen Charlie Bauerfeind Alben. Verwaschen und künstlich. Ich bin auch nicht zwingend ein Fan seiner Produktionen aber so miserabel find ich die jetzt nicht. Zumindest habe ich wesentlich schlimmeres gehört. Und in der Laut-Kritik wird ja nicht der Sound bemängelt sondern das "schlechte Songwriting"

    • Vor 9 Jahren

      Nicht ganz so gelungen ist aber mal wieder so schön euphemistisch. Der Sound ist einfach sehr schwach.

      Wie war das noch? 2 Punkte sind ein durchschnittliches Album..?

    • Vor 9 Jahren

      Also ich finde den Sound ganz ok und recht weit von schwach entfernt. Aber so sind sie halt, die Geschmäcker :)

      Find das Album ganz gut. Orden Ogan haben aber diesmal im bereich Heavy/Power den längeren gezogen :)

    • Vor 9 Jahren

      Ich mag kein Heavy oder Power Metal. Aber für jemanden der hobbymäßig selber mischt und mastert ist das einfach ein Grauen.

    • Vor 9 Jahren

      Nö das ist realistisch eingeschätzt. Du stellst die Produktion hier als Vollkatastrophe hin, davon ist die aber wiederum meilenweit entfernt. Die Frage ist ja, wie andere deine Produktionen beurteilen würden, könnt mir auch vorstellen das viele sagen das, dass Mist ist. Letztendlich schwingt halt immer mehr der persönlicher Geschmack mit. Dir taugt die Produktion nicht, ist okay. Aber sie als handwerklich schlecht gemacht abzustempeln ist halt widerum quatsch. Außerdem ein geiler Song, ist ein geiler Song, auch mit scheiß Produktion. Ein scheiß Song bleibt auch mit nem Millionenbudget ein scheiß Song. Und das bei "Beyond the Red Mirror" keine Leihen am Werk waren, hört man auf jeden Fall.

    • Vor 9 Jahren

      Ich stimme dir aufjedenfall zu, wenn man einen Scheißhaufen poliert, bleibt es scheiße. Das ist auch meine Devise. Aber dieser Gitarren und Drumsound ist einfach eine Beleidigung, vor allem wenn man sich eben das Budget anschaut, was dafür verbraten wird.. Sollte halt auch ein Unterschied vorhanden sein, wenn ich mich mal eben aus Spaß dransetze oder wenn jemand dafür mehrere tausend Euro bekommt ;)

      Ist ja jetzt auch nicht so, dass ich der Einzige wäre, der den Sound nicht so dolle findet und das tital aus der Luft gegriffen wäre.
      Achso, Blind Guardian interessieren mich immer noch nicht, fallsdas so eine Fanboyschlacht werden soll.

    • Vor 9 Jahren

      ja aber es gibt ja auch viele die ihn total gelungen finden. Die Wahrheit wird halt iwo in der Mitte liegen...bei der ich mich übrigens ebenfalls sehe. Fanboyschlammschlacht? Ne man diskutiert doch bloß. Wenn du deine kontroverse Meinung öffentlich postest dann gibts halt auch Reaktionen drauf

    • Vor 9 Jahren

      Was bei Generation i-Tunes nicht sonderlich verwundert.. ;)

  • Vor 9 Jahren

    NIME war ihr bestes Album. Gottgleiches Level.

  • Vor 9 Jahren

    Ja der Sound ist stellenweise wirklich beschissen gerade „The Ninth Wave“ leidet darunter extrem. Ich find auch nicht das das Stück zusammenhangslos ist, sind halt diese Tempowechsel die BG schon immer ausgezeichnet haben. Das Album ist abwechslungsreich, tolle Melodien und Kürisch ist sowieso über jeden Zweifel erhaben. Insgesamt hab ich an dem Album wenig auszusetzen aber BG sind auch meine Lieblingsband von dem her, was solls ich mags, mehr zählt für mich eh nicht

  • Vor 7 Jahren

    Ich hab die Platte über jede erdenkliche Anlage gehört. von Clubgröße bis handy. Der Sound ist mist. Erst recht im Vergleich mit Wheel of time vom Vorgänger.

  • Vor 7 Jahren

    Nana, selbst bei mir im Auto ist der Sound auf einer durchschnittlichen Anlage bombastisch. einzig Hansi Gesang stört mich diesmal. Bei den hohen Tönen ist er nicht mehr so gut drauf. Insegesamt stimme iche ich allen denen zu, die mehrmaliges anhören empfehlen. das war bei Queen Stücken früher auch so;-)

  • Vor 7 Jahren

    Nana, selbst bei mir im Auto ist der Sound auf einer durchschnittlichen Anlage bombastisch. Einzig Hansis Gesang stört mich diesmal. Bei den hohen Tönen ist er nicht mehr so gut drauf. Insgesamt stimme ich ich allen denen zu, die mehrmaliges anhören empfehlen. Das war bei Queen Stücken früher auch so;-)