laut.de-Biographie
Blind Guardian
Zu den berühmtesten und bekanntesten Metal-Bands aus deutschen Landen zählen mit Sicherheit die 'Blinden Gardinen'. Hansi Kürsch (Gesang, Bass), die beiden Gitarristen André Olbrich, Marcus Siepen und Drummer Thomen Stauch fangen 1985 als Lucifer's Heritage in Krefeld an, Demos aufzunehmen.
No Remorse Records nimmt sie 1988 unter Vertrag. Unter dem Namen Blind Guardian veröffentlichen sie "Battalions Of Fear", das in der Presse wohlwollende Kritiken einfährt, jedoch auch Vergleiche mit Helloween nach sich zieht. Die beiden folgenden Alben scheinen diese zu bestätigen, da Kai Hansen, seines Zeichens Ex-Gitarrist und Gründer von Helloween und mittlerweile Sänger/Gitarrist bei Gamma Ray, kleinere Gitarren- und Gesangsparts einspielt.
Auf der Tour zu "Follow The Blind" lernen die Krefelder zudem Jon Shaffer und dessen Band Iced Earth kennen, mit denen sie später eine tiefe Freundschaft verbindet.
Ihr drittes Album "Tales From The Twilight World" zeigt schon die ersten Ansätze für die orchestralen und hymnenhaften Arrangements, die die Band auszeichnen. Auch sichern sie sich erstmals eine Cover-Arbeit von Andreas Marshall, der eine graphisch perfekte Ergänzung zu den von ihren Fans geliebten Fantasy-Texten darstellte.
Während Hansi sich auf "Follow The Blind" noch textlich an Michael Moorcocks (ehemaliges Mitglied von Hawkwind) 'Eternal Champion'-Epen orientiert, widmet er sich auf "Tales From The Twilight World" zum ersten Mal dem in späteren Jahren oft gehuldigten J.R.R. Tolkien. Doch auch Stephen King greift Hansi mit den Songs "Tommyknockers" und "Altair 4" auf.
Im Herbst wechselt der Vierer zu Virgin Records und veröffentlicht dort ein Jahr später "Somewhere Far Beyond", das sie weltweit bekannt macht. Hier zeigt sich Hansi von Stephen Kings Saga um den Revolverhelden Roland und den dunklen Turm beeindruckt. Auch Michael Moorcocks Suche nach Tanelorn lässt ihn zur Feder greifen. Wie es sich für jede anständige deutsche Metal-Band gehört, haben Blind Guardian in Japan durchschlagenden Erfolg und veröffentlichen 1993 die Live-Platte "Tokyo Tales".
"Imaginations From The Other Side" handelt die Artus-Saga ab, doch auch eigene Ideen setzt der sympathische Frontmann kreativ um. Somit kann man noch nicht ganz von einem Konzept-Album sprechen, die ersten Ansätze dazu sind aber eindeutig vorhanden. Für die Aufnahmen sichern sie sich mit Flemming Rasmussen den Produzenten, der schon bei Metallicas Meilenstein "Master Of Puppets" für die Fertigstellung gesorgt hat. Musikalisch treten die orchestralen Passagen immer mehr in den Vordergrund und sind seitdem Aushängeschild von Blind Guardian.
Als "Value for Money" kann man "Forgotten Tales" betrachten, denn das Album bietet nicht nur bis dato unveröffentlichte Coverversionen von den Beach Boys, Queen (die allerdings schon als Bonus auf der "Somewhere Far Beyond" drauf steht) und anderen, sondern neben Akustikinterpretationen eigener Songs eine Liveversion von "The Bard's Song", die komplett das Publikum singt. Dies ist wohl mehr als ein deutliches Zeichen für die absolute Verehrung seitens der Fans. Auch "Theatre Of Pain" präsentieren Blind Guardian hier in seiner endgültigen Version.
Was mit "Lord Of The Rings" auf "Tales From The Twilight World" beginnt, findet in den beiden Stücken "The Hobbit" und "The Bard's Song" vom Nachfolgealbum "Somewhere Far Beyond" seine Fortsetzung und auf der "Nightfall In Middle Earth"-Scheibe so etwas wie seine Vollendung. Das "Silmarillion" bietet nun genügend Stoff, um damit eine ganze Platte zu füllen. Zusätzlich ist noch eine EP geplant, die das Thema zum Abschluss hätte bringen sollen; die Idee wird aber nie verwirklicht.
Auf der anschließenden Tour zu "Nightfall In Middle Earth" sieht man Herrn Kürsch ohne Bass etwas unbeholfen über die Bühne stolpern. Die Bass-Parts sind inzwischen so komplex, dass die Doppelbelastung live zu viel ist. Obwohl oder gerade weil er stellenweise wie ein Schuljunge wirkt, der nicht weiß, wohin mit den Händen, sind ihm (und auch allen anderen Bandmitgliedern) die Sympathien sicher. Den Bass übernimmt Alex Holzwarth, der zwischenzeitlich auch wieder mit seiner alten Band Sieges Even unterwegs ist.
Die EP erscheint, wie gesagt nie und auch die in Aussicht gestellte Zusammenarbeit für den Soundtrack zu "Der Herr der Ringe" kommt leider nicht zustande. Dafür nimmt sich Hansi die Zeit, um mit seinem alten Kumpel Jon von Iced Earth ein Projekt aus der Taufe zu heben, das auf den Namen Demons & Wizards hört und eine entsprechend betitelte CD auf den Markt bringt.
Danach muss sich der Fan bis 2001 vertrösten lassen, ehe ihm mit der Single "And Then There Was Silence" ein 14-Minuten-Track sowie ein Non-Album-Song präsentiert wird, die beide wieder für offene Münder sorgen. Trotzdem dauert es bis April 2002, bevor es endlich Einlass zu "A Night At The Opera" gibt. Im Vorfeld spricht die Band selbst von einigen Veränderungen wie heruntergestimmten Gitarren und ähnlichem. Letztendlich bekommt man aber genau das, was man erwartet: geniale Melodien, eingängige Hooks, vertrackte Harmonien und Texte, die den Helden in dir wecken.
Nach der Veröffentlichung starten Blind Guardian eine Mammuttour quer durch Europa und unternehmen ihren ersten Abstecher in die USA. Zur eigenen Überraschung werden sie dort genauso abgefeiert wie auf dem alten Kontinent (wo sie als eine der wenigen deutschen Metal Bands sogar in England Erfolg haben) und hinterlassen überall glückliche Gesichter.
Auf der Tour schleppen sie auch jede Menge Aufnahmeausrüstung mit sich herum, da sie ihre zweite Live-Scheibe aufnehmen wollen. Obwohl ihnen das Equipment in Frankreich geklaut wird, haben sie genügend Material zur Verfügung, um eine mörderische Doppel-CD mit dem schlichten Titel "Live" zu veröffentlichen. Immerhin können sie aus über 30 Shows auswählen.
Nachdem die Band im Juni 2003 ihr eigenes, zweitägiges Festival aus dem Boden gestampft hat, erscheint genau ein Jahr später ihre erste DVD, die hauptsächlich auf Material des Festivals zurückgreift. "Imaginations Though The Looking Glass" ist die Vollbedienung für jeden Fan.
Zwar bricht sich Marcus bei einem Skateboard-Unfall das Bein, aber die wirklich schockierende Nachricht kommt erst im April 2005, als Thomen seinen Ausstieg bei Blind Guardian bekannt gibt. Zusammen mit den beiden Persuader-Recken Jens Karlsson und Emil Norberg sowie Piet Sielck (Iron Savior) gründet er die neue Band Savage Circus, die musikalisch in der früheren Schaffensphase seiner alten Kumpane angesiedelt ist.
Ebenfalls 2005 hebt Hansi mit seinem alten Freund John Shaffer das zweite Demons & Wizards-Album aus der Taufe. Blind Guardian haben inzwischen bei Nuclear Blast unterschrieben und stellen Mitte Juli ihren neuen Drummer Frederik Ehmke (Ex-Schattentanz) vor. Das nächste Album trägt den Titel "A Twist In The Myth" und erscheint Ende August 2006.
Trotz einer stellenweise recht modernen Ausrichtung steht natürlich zu keiner Zeit zur Debatte, mit welcher Band man es zu tun hat. Allerdings haben Blind Guardian deutlich die orchestralen Arrangements zurückgeschraubt. Warum sie das gemacht haben, erzählt Hansi im Interview.
Schon Anfang September startet die Tour, die sie bis kurz vor Weihnachten auch in die USA führt. Während sie in Europa noch mit Astral Doors unterwegs sind, begleiten sie in den Staaten Leaves' Eyes.
Auch 2007 geht es rund um die Welt, zunächst nach Japan, dann Australien, Südamerika und wieder Europa. Mitte Juni nutzt EMI das 20-jährige Jubiläum der Band, um sämtliche bisherigen Alben bis "Nightfall In Middle Earth" neu aufzulegen. Teilweise neu gemischt und mit diversen Bonustracks (meist aber nur Demoversionen), eignen sich diese Neuauflagen wohl eher für Neufans.
Hansi ist zwischenzeitlich außerhalb der Band aktiv und singt sowohl auf dem 20 Jahre Nuclear Blast-Sampler "... Into The Light", als auch auf dem Ayreon-Album "01011001". Als alte Rollenspielfans ist es für die Band natürlich keine Frage, als sie das Angebot bekommen, sowohl zum Computerspiel "Sacred 2 - Fallen Angel" einen animierten Beitrag zu leisten und einen neuen Song zu schreiben als auch auf dem Hörspiel "Sacred - Der Schattenkrieger" die Rolle von vier Briganten zu übernehmen.
Eine abgeänderte Version findet sich auf dem nächsten Album "At The Edge Of Time", das Ende Juli 2010 erscheint. Zum ersten Mal arbeiten sie mit einem echten Orchester und Chören zusammen, gehen es in Sachen Gitarren aber gleichzeitig wieder offensiver als auf den letzten Scheiben an. Die Arbeiten an einem von der Band geplanten Klassik-Projekt schreiten immer weiter fort, doch zunächst stehen wieder ausgiebige Touren und ein Best-Of-Album an.
Das hört auf den Namen "Memories Of A Time To Come" und erscheint Mitte Januar 2012. Sämtliche Songs sind darauf neu gemischt, teilweise neu eingespielt und in der Special Edition gibt es noch eine dritte CD mit den Songs des Lucifer's Heritage-Demos.
Auf dem 2015 erscheinenden Album "Beyond The Red Mirror" setzen Blind Guardian die 1995 auf "Imaginations From The Other Side" begonnene Sci-Fi-Fantasy-Story fort. Für ihr zehntes Studioalbum engagieren die Krefelder drei aus jeweils unterschiedlichen Nationen stammende Chöre sowie zwei 90-Mann-Orchester. Dementsprechend episch und bombastisch geht es zu bei der Suche nach dem roten Spiegel.
Schon zu "Nightfall"-Zeiten fertigen Kürsch und Olbrich erste Skizzen für eine reine Klassik-Kollaboration an. Es dauert jedoch, bis alle "Herr der Ringe"-Filme inklusive des "Hobbit"-Prequels die Leinwände dieser Welt erblickt haben, bis 2019 endlich weißer Rauch aufsteigt. Das überlebensgroße Bombast-Epos "Legacy Of The Dark Lands" vereint sämtliche Trademarks, einen Sänger in Topform und eine orchestrale Umsetzung, die es in dieser Qualität und Quantität im Metal-Bereich noch nicht gegeben hat.
Mit "The God Machine" setzen Blind Guardian 2022 wieder auf schnörkellose und Gitarren-getriebene Power Metal-Hymnen, ehe sie 2024 ihrem Klassiker "Somewhere Far Beyond" von 1992 noch einmal die Ehre erweisen. Dass auf Neu-Interpretation "Somewhere Far Beyond Revisited" Frederik Ehmke an Stelle des 2005 ausgestiegenen Thomen Stauch trommelt, mag manchen Puristen verstören. Dennoch gelingt den Krefeldern ein Original-getreues Album, das den mit Chören angereicherten Stücken neues Leben einhaucht.
"Wir möchten mit unserer Musik überraschen und beeindrucken. Musik ist heutzutage oftmals so beliebig und vorhersehbar. Wir aber wollen uns und unsere Musik stetig weiter entwickeln", predigt André Olbrich den Leitspruch für vergangene und kommende Tage.
Noch keine Kommentare