laut.de-Kritik
Zurück zum Bordstein, die Zweite.
Review von Max BrandlDie Zeit, ein Wunderwerk, heilt sie doch nicht nur Wunden, nein! Bisweilen ändert sie auch Blickwinkel. Selbiges wusste auch schon Bushido in Buch-, Film- und Albumform zu berichten: "Zeiten Ändern Dich" hieß eines seiner Werke, mit dem ich mich weiland beschäftigen durfte. Damals befand sich der Mann am meiner Meinung nach bislang heikelsten Punkt seiner Karriere: Der breitwandige Erfolg stand der Kunstfigur Bushido samt ihrem Image diametral gegenüber. Inzwischen scheint die Zeit reif für eine Korrektur. Ein kurzer Rückblick:
Dass Bushido für "Deutschrap" und "die Szene" spätestens nach "Electro Ghetto" nichts mehr übrig habe, wurde er bei seinen Avancen nach oben zu erwähnen nicht müde. Während er, gestützt vom Taschengeld Hundertausender Teenager, bei den Kerners, Maischbergers und Lanzen dieses Landes (als "Rüpelrapper" zumeist vergeblich) vorsprach, um den Lackschuh aufs Parkett der Oberen Zehntausend zu bekommen, war das Thema Bushido an der Deutschrap-Basis im Wesentlichen vor allem eins: durch.
Nun ist Rap erstens aber halt immer auch schon jenes Von-Unten-Nach-Oben-Wurschtel-Genre, für das Bushido zurecht als die deutsche Blaupause gilt. Statt mit Malen und Lackieren schlägt er sich heute mit Zündlern in seiner Villa herum. Zweitens hat er mit seinem Quasi-Debüt "Vom Bordstein Bis Zur Skyline" - das werde wiederum ich nicht müde zu erwähnen - das Deutschrap-Halma von anno dazumal schlicht und ergreifend wegreguliert. An beidem bleibt nicht zu rütteln.
"Sonny Black" schickt sich nun an, genau diese zwei Aspekte miteinander zu verbinden: Die von der undankbaren Scheinwelt der (Einfluss-)Reichen und Schönen enttäuschte Gangster-Rap-Legende kehrt als weißer Ritter, beziehungsweise: finsterer Taliban, mit seinem zehnten Solo-Album zurück in die wirtschaftlich inzwischen auch nicht mehr ganz so uninteressante Deutschrap-Landschaft.
Diese wiederum empfängt ihren geläuterten Superstar mit offenen Armen: Hip Hop-Medien, denen er sich jahrelang verweigerte, stehen für eine Audienz Gewehr bei Fuß. Die Hörer-Fachschaft sagt: Bushido? Ja, kann man wieder machen. Zur Not halt ironisch. Was noch vor Kurzem für jeden echten™ Rapfan den imagetechnischen Selbstmord bedeutet hätte, geht plötzlich wieder. Wie kann das sein? Nun, vielleicht sollte man dafür tatsächlich die Platte selbst befragen.
"Sonny Black" zeigt Bushidos späte Rückkehr zu alten Idealen. Etwas kritischer: Sie ist zu 90 Prozent der Versuch, das legendäre "Vom Bordstein Bis Zur Skyline" auf einer ordentlichen Produktion zu reanimieren. Am offenkundigsten wird dies "Mitten In Der Nacht": Habitus, Wortwahl, Video, ja sogar die Pulloverauswahl (!) des Hauptdarstellers springen dem Fan des elf Jahre zuvor erschienenen "Bei Nacht" mit dem Arsch voran ins Gesicht.
Auch frühere Bordstein-Rückbesinnungen bleiben nicht unzitiert: So lässt sich zum Beispiel "Osama Flow" mit seiner trivialen Substantiv-Aufzählung auf einem noch simplerem Beat-Loop als eine Hommage an "Sonnenbank Flavour", also einen der letzten Songs, den Fans der ersten Stunde hie und da noch goutierten, lesen. Es ließen sich noch viele weitere Parallelen zum Frühwerk finden. So weit, so gut.
Gut ist außerdem, dass Herrn Ferchichis heutige monetäre Möglichkeiten ihm eine andere Produktionsqualität als damals ermöglichen. Auch, wenn ich hinter einem lakonischen Titel wie "Sporttasche" eher einen sozialkritischen Muskelrapper-Track von Retrogott & Hulk Hodn vermutet hätte: Mit ein wenig Optimismus lässt sich aus einem solchen, von DJ Desue produzierten, majestätisch walzenden Sound jene Richtung heraushören, die kommenden Bushido-Alben bestens zu Gesicht stünde.
"Tausend Gründe" schlägt in dieselbe Kerbe: Bushido hat als Rapper aus technischer und inhaltlicher Sicht nie viel gerissen. Aber auf dem richtigen Fundament, in diesem Fall ein astreines Drama-Brett von X-Plosive, macht der Mann allein mit Attitüde und Stimme vieles wieder wett.
Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass das Gros der Beats auf "Sonny Black", an dem der Hausherr in weiten Teilen selbst mitwirkte, eher im okayen Bereich rangiert. Am ärgsten misslang dabei der Versuch, den wohl nicht zuletzt umstandsbedingten Beat-Minimalismus der Anfangstage wieder auszugraben: Die Leidtragenden sind, neben meinem Nervenkostüm, ein "Baseballschläger" und leider auch "Jeder Meiner Freunde".
Neu ist der Verzicht auf Krokodilstränen: Bushido haut stattdessen eine Dreiviertelstunde lang exklusiv auf die Kacke, respektive auf fiktive und reale Ziele ein. Von, klar, Ex-Busenkumpel Kay One über Unschuldslamm Lena Meyer-Landrut bis hin zu BVB-Trainer Jürgen Klopp: Es gibt mehr Stress denn je – mit Grund, ohne Grund, egal. Das ist zwar nicht besonders ehrenwert, aber rein rechnerisch auch weit weniger verletzend als die unzähligen Fremdscham-Hymnen vergangener Jahre.
Lediglich ganz am Ende, bei "Nie Ein Rapper II", schnellt die Hand reflexartig zum Stromstecker. Ein Impuls, antrainiert von Bushidos Spätwerk. Aber in Anbetracht 14 tadellos schmalzfreier Songs davor sei das Faible des "Gangsta Rap Kings" für seichte Wasser hier einmalig verziehen.
A propos: Deutlich bessere Unterhaltung hatte ich mir von der Kollabo mit Kollegah und Farid Bang erwartet - und das liegt dieses Mal ausdrücklich nicht nur an Letztgenanntem. Keiner der drei Pappenheimer kommt hier anständig aus dem ihn jeweils individuell auszeichnenden Quark.
Interessanter nimmt sich da schon der andere der beiden einzigen Feature-Songs aus: Auf einer verspulten Abwärtsspirale von einem Beat markieren Ersguterjunge Shindy und sein Boss den Dicken. Nicht mehr, nicht weniger. Aber genau das macht "AMG" definitiv zu einem der Hinhörer der Platte.
Letztlich hinterlässt "Sonny Black" einen so positiven wie durchwachsenen Eindruck: Die Platte zeigt, dass Bushido sich bei Gelegenheit doch noch berufen fühlt, seinen Ruf als Gangster-Rap-Boss Deutschlands auch an der Basis zu verteidigen. Sie zeigt aber auch, dass gerade im kompetitivsten aller Genres ein althergebrachter Nimbus alleine nicht reicht: Lange wird ein (wenn auch ordentlich gemachtes) Remake des eigenen Klassikers den Thron nicht rechtfertigen. Zumal potenzielle Nachfolger längst in der Tür stehen.
51 Kommentare mit 299 Antworten
Das mit Kloppo war kein Diss, Bubu ist nur kein besserer Reim eingefallen. Finde die Rezi leicht fanboyish, hätte lieber eine von Dani oder Stefan gelesen.
Das ehrt mich natürlich, ich finde jedoch, der Maxl hat sich dem Bu und ihm seinem Album hier recht fluffig und entspannt genähert. Damit ist ihm gar ein scheener Gegensatz zur gewollten Proll-Provozierschiene von Sonny gelungen.
Ein Stern zu viel, mindestens...
wohl eher 1 Stern zu wenig
Harry die Nachgeburt hat vermutlich nicht einen einzige Track gehört und will hier einfach nur nerven. Auch hier ähnelt er frappierend dem lautuser: Kein Plan von der Materie, aber Hauptsache rumgeschwallt.
Ich hab bereits 1 1/2 durchläufe, musste aber abbrechen, der fremdscham hat einfach nicht mehr zugelassen...
Klar
doch doch
Geht mir ähnlich. Einmal gehört und verdrängt. Reimtechnik war nie Bushidos Stärke und Flow auch nicht. Bushido ist Provokateur und mittlerweile sind diese Provokationen so der Öffentlichkeit geschuldet, dass die Glaubhaftigkeit massiv darunter leidet. VBZS war vor allem eines: Authentisch, heutzutage ist sein Phrasengedräsche bestenfalls eines: Lächerlich. Bushido hat in meinen Augen jeglichen Reiz verloren.
als hättest du vbbzs einmal ganz angehört etc du schmalhornschabe
das Album wird doch nur als Hauptargument schwachsabbligen hater gebracht um das aktuelle schlechter zu machen
Das Album bockt mega. Gute 4/5 Sterne. Die Beats sind schön Oldschool (2001-04) und sein Style ist CCN-Like.
Die Review finde ich nicht so gut, er redet mehr über Bushido als über die Songs vom Album.
ganz klar BUSHIDOS bestes ALBUNG! haterz gone hate wie man so schön sagt
Sein bestes album
Liebe Grüße von eurem König Knossi
Lösch dich.