laut.de-Kritik

Wie ein 18-jähriger Highland Park Single Malt.

Review von

Die Kraft der Sonne wird stärker. Es fröstelt einen nicht mehr so derbe, wenn man am Morgen das Fenster aufmacht und frische Luft einlässt. Schön, dass C Duncan sich justament zu dieser Jahreszeit aufrafft, ein neues Album unter die Leute zu jubeln, das genau diese Stimmungen musikalisch einfängt.

"Takes a long time to say / we're on the same page", kredenzt der Schotte seiner Angebeteten schmachtend. Ob sie sich etwa von ihm abgewendet hat? Dabei sollte sie wissen, dass "... I'll bring you flowers". Sonnenblumen etwa? Würde zum Song passen, der mit einer guten Portion Achtziger-Flair positiv um die Ecke huscht. Sporadisch eingesetzte Bläsersätze erweitern das Klangbild um ein paar hübsche Motown-Momente. Das Jonglieren mit verträumten Melodien gehört ohnehin zum Standard-Repertoire des talentierten Mr. Duncan. Gerade deshalb erscheint es immer noch wie ein Witz, dass dieser Musiker immer noch unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit segelt. Die Arrangements, die der Multiinstrumentalist (wieder einmal) aus dem Nichts zaubert, gemahnen an große Musik-Legenden vom Schlage eines Van Dyke Parks oder Brian Wilson.

Den sommerlichen Beach Boys-Sehnsuchtsmoment und den gekonnt in Szene gesetzten Soundtrack-Flair beherrscht derzeit kaum ein anderer Künstler so wie er. Derlei Uptempo ist aber eigentlich gar nicht so wirklich das Metier von Duncan. Eher schon das Schippern in gemächlicheren Fahrwassern, wie der Folgetrack "Wrong Side Of The Door" beweist. Besenschlagzeug, sanftes Gitarrenpicking und immer wieder diese Gesangs-Arrangements. Bei derlei Gesäusel schmilzt das Eis in Rekordtempo. Dezente Streicher und ein spooky Keyboard flankieren die mehrstimmige Gesangsperfektion. Wohltuend, dass Duncan anscheinend in letzter Zeit etwas dem Whisky zugetan war, denn mittlerweile besitzt sein Timbre eine rauchige Note, wie ein 18-jähriger Highland Park Single Malt. Nicht zu torfig, eher erfrischend im Abgang.

Zwischenmenschliches steht im Mittelpunkt. Der bislang beste Uptempo-Song aus seiner Feder, "Impossible", glänzt mit einfühlsamen Lyrics. Verspielte Details wie Handclaps und das stakkatohaft dengelnde Keyobard kreieren eine etwas urbanere Atmosphäre, in die er seine Sehnsucht hinaus haucht: "It's impossible to tell you about what I'm dreaming, after all / It's impossible to tell you about how I'm feeling / after nightfall, when you live on the other side of town / when you live over there."

Zum ersten Mal nahm der Musiker ein Album nicht in der heimischen Bude auf. Vielmehr schöpfte er aus einem Budget, das ihm einen längeren Studio-Aufenthalt ermöglichte. So fällt der Sound doch etwas opulenter und im positiven Sinne routinierter aus. Die Rädchen greifen schön ineinander. Wobei "Pulses & Rain" etwas aus dem Rahmen fällt. Die drängenden Beats aus der Konserve und der übertriebene Hall auf der Snare drücken der Nummer einen Achtziger-Stempel auf, ohne aber vom Arrangement abzulenken. Die Formkurve steigt wieder steil an und kratzt ganz nah am perfekten Debüt "Architect".

Der Eindruck, der "Health" in seiner Gesamtheit macht: rundum gelungen. Wunderschön. Bitte, lieber Christopher, lass dich von ausbleibenden Millionenverkäufen nicht entmutigen, die Welt braucht solch schöne Musik, gerade in Zeiten wie unseren. Bitte schenke uns mehr von deinen Sehnsuchts-Balladen ("He Came From the Sun" "Reverie"), schlage Haken und serviere unerwartet Funkiges ("Holiday Home", "Blasé"). Egal was, mach einfach weiter! Danke. Und wer sich fragt, ob Duncan seine Angebetete "on the other side of town" doch noch für sich gewinnen konnte, der lausche den Tönen des gospelhaften Kehraus in "Care".

Trackliste

  1. 1. Talk Talk Talk
  2. 2. Wrong Side Of The Door
  3. 3. Impossible
  4. 4. He Came From The Sun
  5. 5. Holiday Home
  6. 6. Health
  7. 7. Somebody Else's Home
  8. 8. Blasé
  9. 9. Reverie
  10. 10. Pulses & Rain
  11. 11. Stuck Here With You
  12. 12. Care

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