laut.de-Kritik
Inspiriert von Pompeji und True-Crime-Dokus.
Review von Stefan MertlikWährend eines Urlaubs in Pompeji realisierten Matt Shultz und seine Frau, dass es so nicht weitergehen kann. Wie einst die antike Stadt am Golf von Neapel ging auch die Ehe des Cage The Elephant-Sängers zu Ende. Trennungsschmerz verkommt in der Popmusik schnell zum Klischee, das auch Künstler_innen bedienen, die zum Zeitpunkt des Entstehens nicht damit kämpfen. Shultz ging es hörbar anders, weshalb "Social Cues" – das fünfte Album seiner Band – um so eindringlicher klingt.
Wer das in all seiner Dramatik spüren möchte, beginnt die Platte mit dem Ende. Die Ballade "Goodbye" ist der tieftraurige Abschied von einem Menschen, den man trotz aller Konflikte immer noch liebt. "It's alright, it's alright", wiederholt er wieder und wieder, um die Empfängerin zu beruhigen. Dass er sich damit jedoch in allererster Linie selbst Mut zuspricht, wird sofort klar.
Abgesehen vom Albumrausschmeißer hält sich Shultz auf den restlichen Songs mit konkreten Aussagen über seine Gefühlswelt zurück. Er erschafft lieber Charaktere, für die er Inspiration in der Popkultur fand. "Ready To Let Go" erzählt vom Moment der Klarheit in Pompeji, fängt aber die Stimmung von True-Crime-Dokumentationen ein, die er während der Albumentstehung sah: "Don't you worry, baby, no sense trying to change it / I'ma strike these matches, never had control / I'm ready to let go, no, was I fooling myself? / I'ma spread these ashes, never had control / I'm ready, I'm ready, I'm ready to let go".
Trotz all des Herzschmerzes verkriechen sich Cage The Elephant nicht in geigengeschwängerten Stehblues. Abgesehen von "Love's The Only Way", in dem Jared Champion Schlagzeugpause hat, und der Entschuldigungs-Hymne "What I'm Becoming", dominiert der bewährte Wohnzimmer-Punkrock. Fans des Vorgängers "Tell Me I'm Pretty" fühlen sich mit den 13 Liedern sofort wohl.
Bestes Beispiel für Cage The Elephants musikalische Verlässlichkeit ist der eingängige Titelsong "Social Cues". Dieser macht Ganzkörpertraining möglich: Der Kopf nickt mit, die Beine halten nicht still und der Refrain hängt im Ohr fest. Kleine Experimente wagt die sechsköpfige Band dennoch. "Broken Boy" erzeugt per Mellotron-Einsatz Siebziger-Gefühle und über das Solo mit Pedal-Steel-Gitarre in "Black Madonna" freuen sich Gniedel-Nerds.
Auf "Night Running" schaut Beck vorbei, der offensichtlich mit jeder Menge Lust auf Reggae ins Studio kam. Doch auch wenn die Gitarre eher nach Dub als Alternative schreit, bleiben Cage The Elephant die federführenden Akteure dieser Kollaboration. Ein weiterer Beleg dafür, wie stark "Social Cues" ist. Die Band setzt auf alte Stärken, öffnet sich dennoch für neue Elemente. Ihr Sound wird dadurch nicht verwässert, sondern erweitert.
2 Kommentare
Genial gutes Album, Cage haben mal wieder hart abgeliefert! Highlights bleiben die Vorab-Singles, Album wird natürlich trotzdem gekauft.
das eine Lied für Lucifer (there ain't no rest for the wicked) ist ziemlich cool, aber ob das auf Albumlänge hält? Na ein Versuch ist es wert.