laut.de-Kritik

With a little help from Dan Auerbach.

Review von

Schuld an allem sind ein paar Bierchen zu viel. Cage-The-Elephant-Gitarrist Brad Shulz hatte schon gut einen im Tee, als er nach einer gemeinsamen Show mit den Black Keys deren Chef Dan Auerbach vorschlug, doch mal bei ein paar neuen Stücken zusammenzuarbeiten. Auerbach sagte zu und verhalf somit der Band nicht nur zu einem konsequenten vierten Album, sondern rettete ihnen möglicherweise auch den Allerwertesten. Nach der Tour zum letzten Longplayer "Melophobia" (2013) stand die Zukunft der Band nämlich aufgrund von persönlichen Differenzen auf der Kippe, Gitarrist Lincoln Parish warf das Handtuch und verließ die Gruppe. Unter der Obhut des Black Keys-Sängers hat der Rest der Gruppe wieder zusammengefunden und neue Aspekte in ihrem Sound, in erster Linie das Tempo mittlerer Gangart, für sich entdeckt.

Bevor Cage The Elephant beim Mittelteil der Platte mit "Trouble" und "How Are You True" merklich den Fuß vom Gaspedal nehmen und ganz andere Dynamiken ausprobieren, beginnt "Tell Me I'm Pretty" aber, wie man es von der Band aus Kentucky gewohnt ist. Rock aus der Garage, 60s- und Blues-affin, angereichert mit jeder Menge Fuzz, ein wenig Psychedelik und Tambourin. Alles wirklich verdammt eingängig.

Trotz aller Catchiness: Lustig ist das Leben und das Ableben nicht wirklich, deshalb geht's gleich beim Opener "Cry Baby" so trotzig wie fatalistisch zur Sache. "Cry baby cry / Kick, scream, fight / Hold on with all your might / You're gonna die, die, die", heißt es da. Sorgen und Ärger auf allen Seiten behandelt "Trouble" und "Cold Cold Cold" dreht sich um innere Leblosigkeit und Kaltherzigkeit : "Well it's cold, cold, cold, cold inside / Darker in the day than the dead of night / Cold, cold, cold, cold inside / Doctor can you help me cause something don'’t feel right" – Sänger Matt Shulz serviert uns hier durchgängig starke und introvertierte Lyrics.

Apropos Matt Shulz: Der hat beinahe das gesamte Album auf Anleitung von Auerbach in First Takes eingesungen. "Wir wollten mit dieser Platte transparenter sein. Wir wollten die grundlegende Stimmung der Stücke einfangen und den Gefühlen, die das hervorruft, wirklich ehrlich gegenüber stehen", erzählte der Sänger im Vorfeld.

Nachdem der Opener das Tempo schon mal vorgegeben hat, serviert die Combo mit "Mess Around" einen weiteren ungemein im Ohr hängen bleibenden Garagepop-Kracher: "Oh St. Louis, California / Blue eyes, yea she’s coming for ya / Land of Mary, charm city / Oh, Lord, I wish she was my baby / You know she’ll drive you crazy / yea, she’s coming for ya / No, she don’t mess around".

"Sweetie Little Jean" kommt mit weniger Verzerrung aus und variiert ein wenig mehr mit dem Tempo, ebenso "Too Late To Say Goodbye". Auf Letzterem könnte man durchaus ein Resultat der Zusammenarbeit von Auerbach mit Lana Del Rey heraushören. Nach der erwähnten Exkursion ins Midtempo kehrt das Album im letzten Drittel wieder in schnellere Rockgefilde zurück.

Thematisch greifen Cage The Elephant neben dem Gedanken ans Ablebens weitere düstere Themen auf. Bei "Punching Bag" geht es beispielsweise um häusliche Gewalt: "She's a stone cold straight-faced killer and a lover / And she won't put up with another brood who only wants to bruise her / Take her love and then abuse her". Das lyrisch beklemmendste Stück ist aber "Sweetie Little Jean", das vom Verschwinden eines Mädchens aus der Nachbarschaft handelt: "Well we pinned your missing persons picture up / On every mother loving post / How’s it feel to be a ghost?".

Mit "Tell Me I’m Pretty" ist der Band ein durchaus starkes, abwechslungsreiches Album geglückt. Ein paar angemessen nach vorne gehende Singles, ein paar klangliche Ausreißer – alles trotzdem noch im Rahmen – und eine fuzzverliebte, warm klingenden Produktion. "Tell Me I'm Pretty"? Okay, eigentlich wirklich ganz pretty, die Platte.

Trackliste

  1. 1. Cry Baby
  2. 2. Mess Around
  3. 3. Sweetie Little Jean
  4. 4. Too Late To Say Goodbye
  5. 5. Cold Cold Cold
  6. 6. Trouble
  7. 7. How Are You True
  8. 8. That's Right
  9. 9. Punchin' Bag
  10. 10. Portuguese Knife Fight

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