laut.de-Kritik
Der Wahl-Berliner macht auch live alles richtig.
Review von Simon LangemannEs war absehbar, dass der Wahlberliner - ein Jahr nach dem Erfolgsalbum "XOXO" auf seinem vorläufigen Karrierehöhepunkt - keine mittelmäßige DVD nachschiebt. Mit dementsprechend hoher Ton- und Bildqualität gibt Caspers erste Liveproduktion das ausverkaufte Konzert in der Hamburger Grossen Freiheit 36 von Anfang März wieder.
Manch ein Anhänger dürfte das erhabene "Die Welt Steht Still" von 2008 vermissen, doch ansonsten macht der Bielefelder bei der Songauswahl alles richtig. Das bis auf einen Track komplett gespielte 2011er-Album bejubelt das Hamburger Publikum schon ein paar Monate nach Release wie eine Best-Of voller Klassiker. Und auch die eingestreuten Erinnerungen an Caspers lange Vorgeschichte ("Casper Bumayé", "Unzerbrechlich", "Rock'n'Roll") kommen dank der mittlerweile tight eingespielten Band bestens zur Geltung.
Einzig die etwas uninspirierte Auf-die-Fresse-Punk-Version von Selfmades "Chronik II"-Klassiker "Mittelfinger Hoch" überspannt den Bogen ein wenig. Entschädigung dafür liefern allen voran die emotionale "Auf Und Davon"-B-Seite "Kreis" sowie Gastauftritte von Marteria ("So Perfekt"), Thees Uhlmann ("XOXO") und Thomas Azier ("Lilablau").
Wertvollstes Feature der DVD ist allerdings die selbstkritische Dokumentation "Auf Und Davon". Gemeinsam mit zahlreichen, teils ehemaligen Weggefährten wie MontanaMax, Selfmade-Boss Elvir Omerbegovic und Manager Beat Gottwald lässt Casper seine von Fehlern und Glücksfällen geprägte Karriere Revue passieren. Diese runde Zusammenfassung seines holprigen Weges nach oben bietet nicht nur Hardcore-Fans, sondern eigentlich jedem Musikbusiness-Interessierten einen spannenden Einblick.
Der Tourfilm "Der Druck Steigt" eignet sich indes eher für jene, die es ganz genau wissen wollen. Bühnenaufbau-Zeitraffer, Interviews und ungescriptete Backstage-Aufnahmen: Mit bewährten Mitteln portraitiert die halbstündige Doku die gesamte, mittlerweile zum professionellen Team herangewachsene Crew.
Vom Merch-Verkäufer bis zum Tourmanager und Ex-Virginia Jetzt!-Sänger Nino Skrotzki kommt dabei jeder zu Wort. Und gerade Casper und seine Band stellen sich glaubwürdig als ein Haufen Kumpels dar, für die die ausverkauften Konzertreisen immer noch das denkbar aufregendste Abenteuer darstellen.
Mit "Der Druck Steigt - Live & Dokumentiert" zieht Casper einen gelungenen Schlussstrich unter das beeindruckende Kapitel "XOXO". Und liefert darüber hinaus den endgültigen Beweis dafür, dass er sich damit nicht nur einen Hype, sondern auch seine ganz eigene Identität kreiert hat - als Wortkünstler wie auch als Liveact.
16 Kommentare
Darauf ein Pulmoll Kirsch + Vitamin C.
Man kann seine Musik hassen oder lieben aber Live ist Casper schon einer der ganz Großen.
Yup. Live kann man sich den definitiv mal geben... Zumindest wenn man es schafft, das furchtbare Publikum zu ignorieren
Sei ihm alles gegönnt, mich interessiert der Typ null (guck Sodi, so kann man schreiben wenn man nicht von Hate zerfressen ist..)
@48Stunden (« @this beautiful creature (« Ach, nun lasst den Casper doch den... Caspar machen( hat den schon einer gebracht, oder darf ich mich rühmen?). Wird es nicht irgendwann langweilig darüber zu nörgeln, dass jemand mehr Aufmerksamkeit bekommt als er eigentlich verdient oder sich zu beschweren, dass sei kein Rap, sondern ganz anders. Selbst als eine Person, die ihn absolut hasst, muss man ihm fairerweise, hmm, 3? Sterne geben. Und wenn das schon das Minimum ist (denke zumindest ich), dann sollte man sich vielleicht etwas zurückhalten - das seine Zielgruppe nicht aus reinen Musik-Aficionados besteht (aber auf dem Annihilator-Konzert hören alle auch noch Autechre und Bruckner, klar) ist auch verschmerzbar. »):
kenn jetzt zwar weder Autechre noch Bruckner, aber warum muss das eine das andere zwangsläufig ausschließen ? ich hüpf auch zwischen den genres, mal metal, mal rap, mal pop, alles was gefällt... diese ganzen verklemmten normen über "true sein" und "straighte linie" ist doch sowas von ausgelutscht und seit jeher dämlich, musik sollte doch mehr sein als baukastenprinzip... »):
Also, was ich damit meine ist das folgende: Dem Casper-Publikum wird unterstellt, sie hätten alle keinen Musikgeschmack, seien ganz fuuuuurchtbare Emo-Kids etc. Ich sage nun: Man sollte niemals erwarten, dass die Besucherinnen und Besucher eines Konzertes alle einen furchtbar vielseitigen Musikgeschmack haben - denn bei "Annihilator"-Konzerten hören auch nicht alle Menschen Klassik (Bruckner) oder Autechre (experimentelle Elektronik-Musik). Autechre und Bruckner stehen also für einen vielseitigeren Musikgeschmack, natürlich nur metaphorisch. Wenn man diese beiden nicht kennt, so ist man nicht etwa "eingeschränkt" im Musikgeschmack. Ich hätte auch allgemeiner "Klassik" und "Ambient" schreiben können.
Es ging mir nur darum, auszudrücken, dass es albern ist, zu erwarten, auf einem Casper-Konzert laufen nur Experten rum und genauso wird man auch auf Konzerten von bspw. Annihilator usf. nicht nur Experten finden. Als Aficionado würde ich eher einen Kenner kennzeichnen, und ein Merkmal musikalischen Kennertums ist m.E. wenn man sich in mehreren Genres gut auskennt. Wer sich nur in einem Genre auskennt, sagen wir Rock,der ist Kenner von Rock-Musik, aber sicherlich kein Musik-Kenner(denn es gibt mehr als Rock, naheliegenderweise).
hööö, Sie meinen?