laut.de-Kritik
1984 - 1987: zwischen Testosteron und Ambition.
Review von Matthias BossallerAls Tom G. Warrior und sein kongenialer Partner und Freund Martin Eric Ain 1984 Hellhammer auflösten und stattdessen Celtic Frost ins Leben riefen, war dies der Ausgangspunkt einer unfassbar kreativen und intensiven Schaffensphase. "Wir explodierten damals vor Testosteron und Ambitionen. Wir waren ziemlich fanatisch und radikal. Wir wussten, dass wir mit Hellhammer etwas Wichtiges aufgeben und wollten mit etwas Besserem zurückkommen", erzählt Warrior im Interview mit laut.de. Diese musikalische Rückkehr hatte es in sich: Zwischen 1984 und 1987 erschufen Celtic Frost bahnbrechende Werke wie "Morbid Tales", "To Mega Therion" und "Into The Pandemonium".
Diese drei Alben bilden das Kernstück der opulenten Box "Danse Macabre". Neben den Re-Issues der Klassiker, die in verschiedenen Farben gepresst sind, befinden sich noch die kaum weniger wichtigen EPs "Emperor's Return", "Tragic Serenades", "The Collector's Celtic Frost" und "I Won't Dance". Garniert wird die Deluxe-Ausgabe mit einer Single, die den neu gemixten Song "Visual Aggression" und "Journey Into Fear" aus der ersten Aufnahmesession mit Schlagzeuger Reed St. Mark enthält. Hinzu kommen die Proberaum-Kassette "Grave Hill Bunker Rehearsals" und ein fantastisch aufgemachtes Buch mit seltenen Bandfotos und neuen Interviews mit Bandleader Warrior und dem damaligen Drummer St. Mark. Der 2017 verstorbene Martin Ain konnte leider nicht zu Wort kommen. Warrior versicherte aber, dass er als Artdirektor bei der Gestaltung der von BMG veröffentlichten Box zu jeder Minute daran gedacht hat, ob dies auch im Sinne Ains gewesen wäre. Abgerundet wird der Inhalt mit einem als Heptagram gestalteten USB-Stick mit allen Songs, einem "Danse Macabre"-Aufnäher, einem A2-Poster sowie einem "Necromaniac Union" Fan Club Abzeichen.
Die ersten drei Celtic Frost-Alben hatten wegweisende Wirkungen auf Bands aus den Bereich Black- und Deathmetal. Sicherlich, die Schweizer unterlagen dem Einfluss von Bands wie Venom oder Slayer. Dennoch kreierte das Trio seinen ganz eigenen Ansatz von extremer Metal-Musik. "Wir hatten nicht die Absicht, die extremste Band zu sein, wir wollten etwas Eigenes machen. Das musste nicht immer extrem, sondern konnte auch durchaus differenziert sein. Wir wollten ausloten, wie weit kann man den extremen Metal in verschiedene Richtungen treiben? Wie klingt das?", erklärt Warrior die Herangehensweise seiner Band.
Den Start legten die Düster-Metaller mit "Morbid Tales" hin, das in Europa mit sechs Songs als EP und in den USA mit acht Stücken als LP veröffentlicht wurde. Auf dem großartigen Opener "Into The Crypts Of Rays" über den französischen Heerführer, Marschall und Serienmörder Gilles de Rais zeigen Celtic Frost ihre ganz Bandbreite mit Breaks und Tempowechsel zwischen Uptempo und zähen, tonnenschweren Doomparts. Der Gitarrensound ist morbide, und Warriors Vocals verbreiten eine bösartige Aura mitsamt den kultigen "Ugh"-Grunts - quasi der Prototyp der Death Metal-Growls. Das tonnenschwere "Dethroned Emperor", der Titeltack "Morbid Tales" mit Warriors brennender Frage "Are you morbid?", "Procreation (Of The Wicked)" oder das irre Stück "Danse Macabre", dem die Box ihren Namen zu verdanken hat, sind Klassiker, die jeder Extrem-Metaller im Schlaf herunter beten kann.
Eine musikalische Weiterentwicklung stellt das Vorzeige-Album "To Mega Therion" dar, das aber keineswegs weniger gefährlich klingt. Die Band zieht teilweise das Tempo an, baut mehr Effekte und originellere Intros ein. Das Werk ist brachial und düster und erregt mit dem von H.R. Giger als Cover zur Verfügung gestellten, blasphemischen Werk "Satan I" für Aufsehen. Wenn es einen Hit auf dem Longplayer gibt, ist es "Circle Of The Tyrants".
Die prägendste Phase der Bandgeschichte schließt das recht experimentell ausgefallene Album "Into The Pandemonium" ab. Celtic Frost verbinden düsteren Metal mit avantgardistischen Elementen und Gothic-Einflüssen. Das Ergebnis bleibt bei aller progressiven Ausrichtung nachvollziehbar und zupackend. Die LP startet mit "Mexikan Radio", einem Coversong der Dark Wave-Band Wall of Voodoo. Auch mit den ungewöhnlichen Kompositionen "Tristesses De La Lune" oder "I Won´t Dance" beweisen Celtic Frost, dass sie auf genretypischen Schubladen pfeifen. Stücke wie "Inner Sanctum" und "Babylon Fell" setzen indes die alte Riffschule vom Vorgängeralbum fort. Die Mischung aus Härte und Melancholie macht's. Auch wenn die Alben der Noise-Ära und ein großer Teil der EPs bereits einen Re-Release erfahren haben, führt für Sammler und Diehard-Fans kein Weg an dieser geschmackvoll zusammengestellten Box vorbei.
1 Kommentar
Musik für Craze, im Schwabenland herrscht sicher gerade in einem Pendlerauto klangliche frostige Bitterkeit :^)