laut.de-Kritik

Klingt so, wie Gary Moore es sich immer gewünscht hat.

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Nach dem tragischen Tod Stevie Ray Vaughans traten mehrere Gitarristen an, um das schwere Erbe zu übernehmen. Es handelte sich natürlich nicht um einen offiziellen Wettbewerb, aber Publikum und Kritiker suchten schon fast verzweifelt nach einem Nachfolger. In die engere Auswahl fiel auch Chris Duarte, dessen Debüt "Texas Sugar/Strat Magik" 1994 einen programmatischen Titel trug. Die Platte verkaufte sich über 100.000 Mal und gilt damit für das Genre als erfolgreich.

Der Texaner aus Austin fand sich mit dem zweifelhaften Etikett nicht ab und flocht in den folgenden Jahren Jazz-, Funk- und Hip Hop-Elemente in seine Musik. Mit der Folge, dass sich die meisten Fans abwandten und er sich mit endlosen Bartouren über Wasser halten musste. Er entwickelte seinen Stil aber konsequent weiter und ließ sich nicht von seinem rechten Weg abbringen.

Das Ergebnis liefert er auf mit seinem erst fünften Album. Es reichen wenige Takte, bis Duarte den Zuhörer fest im Griff hat: Schlagzeug und Bass, dann schneidet sich seine Gitarre durch die Boxen. Seine raue, heisere Stimme passt perfekt zum groovigen, dreckigen Blues, den er erschafft. Er spielt viele Noten, aber keine scheint unnötig. Sein Stil ist schnörkellos, aber versiert.

Lange erfolglos, mehrfach geschieden und einst drogensüchtig, singt er vom täglichen Leben und dessen Tücken. Im funkigen "Do It Again" erklärt Duarte seine Lebenseinstellung: "If I had to, I would do it again: Play my music every day … I'm never gonna fade away". Natürlich hat er auch seine schwierigen Momente, die zu einer Ballade wie "Something Wicked" führen, eine 13-minütigen Unterhaltung mit seiner Gitarre, die sein einziger Trost zu sein scheint.

Überhaupt schert sich Duarte wenig ums Radioformat. Mit über 74 Minuten auf elf Lieder verteilt stößt die Platte an die physikalischen Grenzen des CD-Formats. Dabei sorgt Duarte für Abwechslung: "Hard Mind" bietet Rhythm And Blues, "R U 4 Real" erinnert an Jimi Hendrix' "The Wind Cries Mary", beim abschließenden "Met My Match" kommt stellenweise Slash in den Sinn. Wenn es überhaupt möglich ist, von schwächeren Stücken zu sprechen, handelt es sich um "I'll Never Know" und "Never Gonna Change", die zu sehr nach Charts-Hardrock aus den 80er Jahren klingen.

Was wohl aufs Konto von Produzent Mike Varney geht, der in dieser Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt ist – W.A.S.P. und Steeler, um nur zwei zu nennen. Doch gilt er auch als Entdecker und Förderer von Shred Gitarristen wie Yngwie Malmsteen, Richie Kotzen, Paul Gilbert oder Vinnie Moore. Mit ihnen hat Duarte bis aufs Instrument wenig gemeinsam, wie bei ihnen ist es Varney aber gelungen, seine Gitarre in den Mittelpunkt zu stellen, tatkräftig unterstützt von Dustin Sargent (Bass) und Damien Lewis (Schlagzeug).

Duarte klingt so, wie Gary Moore es sich immer gewünscht hat: Nicht nur technisch versiert, sondern auch authentisch. Der Titel "Blue Velocity" beschreibt den Inhalt des Albums treffend: Gefühlvoll, melancholisch, gleichzeitig aber auch anspruchsvoll und nicht unbedingt geeignet zum Nachspielen. In dieser Hinsicht erinnert Duarte tatsächlich an Vaughan, ohne aber als bloßer Imitator da zu stehen.

Trackliste

  1. 1. Amy Lee
  2. 2. Do It Again
  3. 3. Hard Mind
  4. 4. Something Wicked
  5. 5. I'll Never Know
  6. 6. Sun Prairie Blues
  7. 7. Never Gonna Change
  8. 8. R U 4 Real?
  9. 9. Out In The Rain
  10. 10. Leave Her Be
  11. 11. Met My Match

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