laut.de-Kritik

Jenseits der typischen Bluesmelancholie.

Review von

Auf den ersten Blick ziert eine spiegelverkehrte Version von Edward Hoppers "Night Hawks" das Cover dieser CD. Bei genauerer Betrachtung fällt hinter dem Tresen jedoch eine Jukebox ins Auge, die der trostlosen, künstlich ausgeleuchteten Stimmung des Gemäldes eine Note hinzufügt. Wir haben zwar nicht viel zu lachen, aber gibt es immer noch die Musik, scheint die Botschaft zu lauten.

Eine Einstellung, die sich im Inhalt wieder findet. Stellte der Vorgänger "Stony Road" (2002) noch eine Reise durch die Geschichte des Blues dar, verschmilzt Chris Rea hier seine Slide-Gitarre mit einem Saxophon und einem leisen Schlagzeug.

Das Ergebnis ist eine Mischung aus Blues und Jazz, die gut zum Cover passt: Tatsächlich entsteht der Eindruck, in einer regnerischen Nacht einer Jukebox auf Endlosschlaufe zu lauschen. Lückenfüller oder minderwertiges Material gibt es hier keines.

"Jeder hat seine Geschichten über persönliches Versagen, über verpasste Chancen", trägt Rea mit rauchiger Stimme in "The Beat Goes On" vor, swingend begleitet von seiner Slide-Gitarre, einer Harmonika und einem groovigen Saxophon. "Die Zeit ist lang und die Straße steinig" erörtert er im zweiten Stück, getragen von einer akustischen Gitarre und gestreichelten Becken, die sich anhören wie das Trommeln des Regens auf einem Blechdach. Jenseits der typischen Bluesmelancholie enthalten die Texte immer wieder Anspielungen auf Reas zwischenzeitlich dramatischen Gesundheitszustand und seinen Kampf ums musikalische Überleben.

"Für's Geld können wir es nicht tun, sie zahlen nicht mehr … lass es und aus Liebe tun", erklärt er in "Let's Do It" und versucht so, seine Mitstreiter zu überreden. Nachdem er den Druck seines Labels nicht mehr aushielt, gründete er sein eigenes; zwar verdiene er nun weniger, könne sich aber ohne Einschränkungen entfalten, erzählt er in einem Interview. Eine Liebe zur Sache, die das Album noch mehr als Texte oder Orientierung prägt, ob es sich um ein romantisches, leicht schräges Stück wie "Let It Roll" oder um einen Delta Blues-Anfang wie bei "Somebody Say Amen" handelt.

Zwar kommt immer wieder ein sozialkritischer Ansatz zum Vorschein, Rea geht es aber eher ums Existenzielle: "Blue Street ist wohin du gehst, nachdem alles geschehen ist. Alleine in der Blue Street gibt es keine Notwendigkeit mehr, den Fehler zu finden", beschreibt er den Zustand nach dem Sturz in die Hoffnungslosigkeit.

Zum Schluss gibt er sich aber doch noch energisch. "I got speed", singt er im letzten Stück, "aber der Mann mit dem Anzug ist ein Hindernis. Ich habe Räder, deren Geräusch mich immer befreit. I got speed", beschreibt er seinen momentanen Zustand. Schön, dass er trotz aller Schwierigkeiten nicht den Kopf hängen lässt und nach den Erfolgen der 80er Jahre seinem Weg auch ohne Druck von außen weiter folgt. Somit bestätigt sich die Botschaft des Covers: Das Leben ist zwar hart, zum Glück gibt es aber die Musik.

Trackliste

  1. 1. The Beat Goes On
  2. 2. Long Is The Time, Hard Is The Road
  3. 3. Let's Do It
  4. 4. Let It Roll
  5. 5. Steel River Blues
  6. 6. Somebody Say Amen
  7. 7. Blue Street
  8. 8. Monday Morning
  9. 9. Restless Soul
  10. 10. What Kind Of Love Is This
  11. 11. Paint My Jukebox Blue
  12. 12. Baby Don't Cry
  13. 13. Speed

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