laut.de-Kritik
Noch immer schwer verliebt in S.I.E.
Review von Julius StabenowDer Sound der Golden Era des Hip Hop erlebt aktuell den x-ten Frühling und hat es sich als dauerhaft etabliertes Subgenre in seiner Nische gemütlich gemacht. Frei von Dogmen und Gesetzen der 90er und abseits vom Mainstream entstehen ganz unverkrampfte Releases, die Spaß machen. In dieser florierenden amerikanischen Grown-Jazz-Rap-Szene um Artists wie Bilal, Rapsody, Masta Ace, Robert Glasper oder Lalah Hathaway positionieren sich Rapper Common und Produzent Pete Rock mit ihrem ersten gemeinsamen Album "The Auditorium, Vol. 1".
Ihre erste Zusammenarbeit reicht bereits 28 Jahre zurück. Damals erschien der legendäre Ice-Cube-Diss "The Bitch in Yoo" auf einer Compilation von Relativity Urban Assault. Anschließend arbeiteten beide für den Song "Verbal Murder 2" auf dem Pete Rock-Klassiker "Soul Survivor" zusammen. Als Meister ihres jeweiligen Fachs transformieren sie für die neue Platte ihren Sound in die Gegenwart und klingen dabei trotzdem weder hängengeblieben, noch biedern sie sich an den Zeitgeist an. Commons Spoken Word-artig vorgetragene Texte und Pete Rocks warme, entspannte Beats bilden eine wunderbare Symbiose zwischen Rap, Jazz und Soul.
Warum das so gut funktioniert? An erster Stelle steht wohl die hervorragende Harmonie beider Künstler, die sich schon ewig kennen. Ähnlich wie bei Nas und Hit-Boy war es für Common eine kluge Entscheidung, mit nur einem etablierten Produzenten zu arbeiten.
Während andere erfahrene Künstler zwar auf den Golden-Era-Sound setzen, sich dafür aber auf viele verschiedene junge Beatmaker verlassen, klingt "The Auditorium, Vol. 1" wie aus einem Guss und wird nicht durch Kompromisse verwässert. Wenn schon Jazzrap, dann richtig. Dazu kommen die lyrische Tiefe und die besonderen Rapskills von Common, die nach wie vor über jeden Zweifel erhaben sind. Jeder Song klingt, als würde der Rapper aus Chicago einfach nur eine Geschichte erzählen wollen, und trotzdem flowt er extrem sauber über die Samples. Clevere Rhymes und verschachtelte Referenzen treffen auf einen angenehmen Wohlfühlsound des New Yorker Produzenten.
Es fällt schwer, einzelne Songs hervorzuheben, "The Auditorium, Vol. 1" wurde als in sich stimmiges Album konzipiert, und trotzdem könnte jeder Song für sich stehen. Für einen ersten Eindruck und einen Querschnitt der Platte empfehlen sich der Opener "Dreamin'", "So Many People" mit Bilal, das wild flowende "Wise Up", das positive "When The Sun Shines Again" mit Posdnuos von De La Soul, das extrem smoothe "Everything's So Grand" mit PJ oder das vor Soul triefende "A GOD (There Is)" mit Jennifer Hudson. Generell findet das Album seine Highlights, wenn sich Common und Pete Rock gesangliche Unterstützung in die Hook holen, die den Songs noch mehr soulige Vibes verleihen.
Man konnte es sich lange nicht vorstellen, doch es gibt sie tatsächlich: Zwei Altmeister mit zusammen über 70 Jahren Szene-Erfahrung, die auf ihrem Spätwerk weder peinlich noch langweilig klingen. Common und Pete Rock haben ein in sich rundes Werk geschaffen. "The Auditorium, Vol. 1" gewinnt natürlich keinen Innovationspreis, sondern ist einfach zeitlos gute Musik.
5 Kommentare mit einer Antwort
1. Natürlich kann man sich das vorstellen. Zeitlos gute Musik als Spätwerk hat zb "A Breukelen Story" auch geschafft. Oder Pete Rock selbst mit Skyzoo zusammen. Common ist mir allerdings auf Dauer zu monoton.
2. Nas & Hit-Boy...Keine Ahnung, warum das so viele ein gutes Match finden.
Punkt 2: sehe ich genauso
Wirklich schönes Album, Pete Rock ist einer der ganz wenigen, die noch die wirklich rumpeligen Drum-Patterns picken. "Everthing's So Grand" ist so ein gediegener Kopfnicker!
Oldschool-Legenden-Collabos scheinen im Trend zu sein, bald kommt ja noch Nas & Premier sowie LL Cool J & Q-Tip.
Common hat ja manchmal, so sehr ich seine Musik liebe, manchmal eine etwas dünne Stimme, die je nach Mixing im Beat eher untergeht und nicht zur Geltung kommt. Lange Zeit sah ich sein Talent vor allem im Beatpicking. Das hier ist aber komplett gelungen; die Flows sitzen, die Beats sind allesamt sehr smooth und alles ist an seinem Platz.
Ein grandioses Werk.
5/5, ganz klar.