laut.de-Kritik

Oldschool-Traditionspflege mit zauberhafter Atmosphäre.

Review von

Commons neues Album "Let Love" ist sofort zugänglich. Ein Album, das auf einer Linie durch flowt. Die Dramaturgie baut auf ein Jazz-orientiertes Fundament. Das Album klingt so rundum harmonisch, dass es manchmal beinahe zu glatt wirkt.

So ertrinkt "Memories Of Home" mit BJ The Chicago Kid und Samora Pinderhughes fast in Neo-Soul-Stöhnen, lieblichen Piano-Samples und Falsett-Gesang. Abseits der gerappten Passagen hätte man sich den Tune gesanglich auch mit den tiefen Stimmen von Barry White oder Teddy Pendergrass vorstellen können - doch genau diese Soul-Kitsch-Momente machen Commons Platte wiederum zeitlos und urig. Er hält die Romantik des Philadelphia-Souls in Ehren.

Auch der jazzigste Song, das improvisiert klingende "Show Me That You Love" mit der wie gewohnt expressiven Jill Scott und besagter Pinderhughes sowie sehr viel Bebop-Klavier, verleiht dem Album etwas Traditionsverbundenes und Erhabenes. "Frauen verstehen / Vergebung verstehen / Hingabe verstehen / Leben in Liebe ohne Spaltung verstehen", mit diesen Lines legt Common in "My Fancy Free Future Love" ein ordentliches Programm vor. Es lässt sich als Albumthema verstehen, die Liebe in all ihren Facetten, womit er an Curtis Mayfield anknüpft, ebenfalls ein Sohn Chicagos.

Trotz Anklängen an die ein oder andere öffentliche Person wie Nipsey Hussle (in "HER Love (ft. Daniel Caesar)", an Rasta-Bürgerrechts-Ikone Marcus Garvey und Bob Marley in "Leaders (Crib Love) (ft. A-Trak)" sowie an Kendrick Lamar und "Straight Outta Compton" wirkt die Scheibe sehr persönlich. Common wählt seine Bezugspunkte sehr bewusst aus, weil ihm die Message dazu unter den Nägeln brennt.

Dadurch umgeht er den moralischen Zeigefinger und liefert musikalisch eine schillernd klare Abgrenzung von reinem Rap einerseits und von heutigem Trash-Trap-Sound andererseits. Die gute Auswahl der Feature-Gäste trägt zum gelungenen Gesamteindruck bei, etwa wenn Swizz Beatz in "Hercules" etwas rauere Töne anschlägt - in einem Song über Selbstdarstellung und eine mit Hilfe von Photoshop schön geträumte eigene Bubble-Blase. Der Textfluss strömt bewundernswert, und auch die Songs gehen bruchlos ineinander über. Der Schlüsseltrack in diesem Erzählreigen dürfte "Fifth Story (ft. Leikeli47)" über das Betrogenwerden sein: Ein verheirateter Mann wickelt seine Freundin um den Finger, bis sie irgendwann merkt, dass etwas nicht stimmt. Ein Kuchen enttarnt ihn; ein paar Details, denn der Kuchen enthält andere Zutaten als sonst.

Die Ehefrau in diesem Song trägt blaue Haare und ein auffälliges Parfum: "'Her blue hair was fresh / her parfume was nice' -Things got ice / ice / He about to feel that spice, spice / She remember goin' up flights smellin' perfume / And seein' blue hair in the bathroom / As Terry mumbled, tellin' his story / She pushed him out the window of the fifth story." So wie Common und Leikeli47 die Story vortragen, lauschen wir einem Mini-Drama, wohnen fast einer Theateraufführung bei.

Das in sich ruhende Album verzichtet weitgehend auf Samples und Scratches. Commons Lyrics beruhen kaum auf Freestyle, sondern geben sich als wohl durchdachte, ausgefeilte Lines. Der Amerikaner bleibt sich dermaßen treu auf dem historischen Pfad der bluesig-jazzigen Hip Hop-Boombap-Kette alter Schule, dass "Let Love" wohl vor allem auf Soul-Fans und ein tendenziell älteres Rap-Publikum abzielt.

Trackliste

  1. 1. Good Morning Love (ft. Samora Pinderhughes)
  2. 2. HER Love (ft. Daniel Caesar)
  3. 3. Dwele's Interlude
  4. 4. Hercules (ft. Swizz Beatz)
  5. 5. Fifth Story (ft. Leikeli47)
  6. 6. Forever Your Love (ft. BJ The Chicago Kid)
  7. 7. Leaders (Crib Love) (ft. A-Trak)
  8. 8. Memories of Home
  9. 9. Show Me That You Love
  10. 10. My Fancy Free Future Love
  11. 11. God Is Love (ft. Leon Bridges & Jonathan McReynolds)

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