laut.de-Kritik
Oldschool-Traditionspflege mit zauberhafter Atmosphäre.
Review von Philipp KauseCommons neues Album "Let Love" ist sofort zugänglich. Ein Album, das auf einer Linie durch flowt. Die Dramaturgie baut auf ein Jazz-orientiertes Fundament. Das Album klingt so rundum harmonisch, dass es manchmal beinahe zu glatt wirkt.
So ertrinkt "Memories Of Home" mit BJ The Chicago Kid und Samora Pinderhughes fast in Neo-Soul-Stöhnen, lieblichen Piano-Samples und Falsett-Gesang. Abseits der gerappten Passagen hätte man sich den Tune gesanglich auch mit den tiefen Stimmen von Barry White oder Teddy Pendergrass vorstellen können - doch genau diese Soul-Kitsch-Momente machen Commons Platte wiederum zeitlos und urig. Er hält die Romantik des Philadelphia-Souls in Ehren.
Auch der jazzigste Song, das improvisiert klingende "Show Me That You Love" mit der wie gewohnt expressiven Jill Scott und besagter Pinderhughes sowie sehr viel Bebop-Klavier, verleiht dem Album etwas Traditionsverbundenes und Erhabenes. "Frauen verstehen / Vergebung verstehen / Hingabe verstehen / Leben in Liebe ohne Spaltung verstehen", mit diesen Lines legt Common in "My Fancy Free Future Love" ein ordentliches Programm vor. Es lässt sich als Albumthema verstehen, die Liebe in all ihren Facetten, womit er an Curtis Mayfield anknüpft, ebenfalls ein Sohn Chicagos.
Trotz Anklängen an die ein oder andere öffentliche Person wie Nipsey Hussle (in "HER Love (ft. Daniel Caesar)", an Rasta-Bürgerrechts-Ikone Marcus Garvey und Bob Marley in "Leaders (Crib Love) (ft. A-Trak)" sowie an Kendrick Lamar und "Straight Outta Compton" wirkt die Scheibe sehr persönlich. Common wählt seine Bezugspunkte sehr bewusst aus, weil ihm die Message dazu unter den Nägeln brennt.
Dadurch umgeht er den moralischen Zeigefinger und liefert musikalisch eine schillernd klare Abgrenzung von reinem Rap einerseits und von heutigem Trash-Trap-Sound andererseits. Die gute Auswahl der Feature-Gäste trägt zum gelungenen Gesamteindruck bei, etwa wenn Swizz Beatz in "Hercules" etwas rauere Töne anschlägt - in einem Song über Selbstdarstellung und eine mit Hilfe von Photoshop schön geträumte eigene Bubble-Blase. Der Textfluss strömt bewundernswert, und auch die Songs gehen bruchlos ineinander über. Der Schlüsseltrack in diesem Erzählreigen dürfte "Fifth Story (ft. Leikeli47)" über das Betrogenwerden sein: Ein verheirateter Mann wickelt seine Freundin um den Finger, bis sie irgendwann merkt, dass etwas nicht stimmt. Ein Kuchen enttarnt ihn; ein paar Details, denn der Kuchen enthält andere Zutaten als sonst.
Die Ehefrau in diesem Song trägt blaue Haare und ein auffälliges Parfum: "'Her blue hair was fresh / her parfume was nice' -Things got ice / ice / He about to feel that spice, spice / She remember goin' up flights smellin' perfume / And seein' blue hair in the bathroom / As Terry mumbled, tellin' his story / She pushed him out the window of the fifth story." So wie Common und Leikeli47 die Story vortragen, lauschen wir einem Mini-Drama, wohnen fast einer Theateraufführung bei.
Das in sich ruhende Album verzichtet weitgehend auf Samples und Scratches. Commons Lyrics beruhen kaum auf Freestyle, sondern geben sich als wohl durchdachte, ausgefeilte Lines. Der Amerikaner bleibt sich dermaßen treu auf dem historischen Pfad der bluesig-jazzigen Hip Hop-Boombap-Kette alter Schule, dass "Let Love" wohl vor allem auf Soul-Fans und ein tendenziell älteres Rap-Publikum abzielt.
5 Kommentare mit 17 Antworten
Hören ich werde, Review klingt ja schonmal gut.
Der Ami-Curse, oder?
(nix gegen Curse, war Anfang Juli im Skaters Palace Münster, natürlich hatte ich Backpacker-Tränen in den Augen )
Kann Dich verstehen, Diggi, habe neulich das hier wiederentdeckt:
https://www.youtube.com/watch?v=IIqkNOEmR54
Ohje, die zwei in den 90ern steckengebliebenen Oldschooler schwelgen in Nostalgie.
Camp David meets Birkenstock.
Nur Sodi trägt Sandalen, sollte klar sein.
Der Ami-Curse ?
90er steckengeblieben ?
Ihr seit dermaßen hohl.
Hört weiter Euren Techno-Autotune-Trap.
Hat mit HipHop nix zu tun.
Vor einem Fragezeichen kommt kein Leerzeichen. Seit/seid-Schwäche. ẞ ist überover. Kommentar löschen und neu schreiben, dann sprechen wir über den Inhalt.
Obacht, Erbsi! Ami-Curse war absolut positiv gemeint von mir, sollte klar sein.
https://www.youtube.com/watch?v=_dAa0nMannk
Muss ich sofort dran denken. Gutes
@Django77 ich war im Mai bei ner Curse Show, der rasiert einfach immer noch jeden am Mic, wenn er will, und war dabei glaube ich der sympatischste Mensch, den ich je gesehen habe!
Absolut, extrem sympathisch und live eine Maschine. Unfassbare Aura, der Mann!
Hab den seit Ewigkeiten letztes Jahr mal wieder live auf der Farbe von Wasser Tour gesehen. War absolut überrascht, wie sehr der immer noch abreißt. Fantastisches Konzert. Nur die Typen, die er auf der Tour dabei hatte, waren leider ziemlich wack...
Curse guter Typ und extrem guter Rapper, nur seine Vielzahl an Befindlichkeits-Musik ist halt todeswack. Persönlich sehr nett.
Sun god...wohl einer der besten songs im game. Hierfür immer liebe für common
Bin irgendwie unentschlossen. Paar classic Common Tracks dabei, lyrisch gut und Beats sind auch ok. Aber irgendwie war Electric Circus das letzte Mal, dass er sich was getraut hat, bzw von seiner Standardformel abgewichen ist. Wenn ich Like Water... hören möchte, hör ich dann doch lieber Like Water...
Be ist krass.
Finding Forever auch, aber das war halt wieder alles auf gewohnten Terrain. Universal... war noch etwas gewagte, für seine Verhältnisse, aber im Endeffekt auch sehr nah am typischen Sound.
Yo stimmt, Finding Forever war hammer und Kanyes Hirnfick noch nicht so stark ausgeprägt. Muss ich mir mal wieder geben.
Wobei der "Hirnfick" ihm musikalisch definitiv nicht geschadet hat