laut.de-Kritik

Gefahr lauert überall.

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"Verflucht, das kann doch nur ein schlechter verfrühter Aprilscherz sein!" So oder so ähnlich dürfte es vielen Vinylsammlern und -sammlerinnen ergangen sein, die am Abend des 30. März pünktlich um 18 Uhr die Seite eines niederländischen Modelabels aufriefen, nur, um zu lesen, dass die einzige Möglichkeit, die neue Platte "Lulu" von Conway The Machine zu erstehen, sei, sie in einem Bundle mit einer Jacke zu kaufen - für 300 Euro! Als Sammler hat man es nicht leicht.

Nun denn, immerhin kann man die sieben Song starke EP überall streamen, das kommt deutlich günstiger. Woher die Platte ihren Namen hat, wird bereits im Intro deutlich: Über einem dumpfen Synth-Bass, der entfernt an die Titelmusik des Weißen Hais auf dem Cover erinnert, ist unter anderem die Szene aus dem Film "Paid in Full" (deutscher Titel: "Die Straßen Harlems") zu hören, in der Hauptcharakter Ace erstmals auf den Kokainhändler Luis 'Lulu' Lujano trifft. Wir befinden uns folglich direkt in einem Umfeld von Drogen, Gangstern, Gewalt und Kriminalität. Themen, die sich durch die gesamten 22 Minuten dieser Veröffentlichung ziehen.

"I'm straight from the bottom, dropped out of school, never made it through college, I got in the game and I made a few commas, (..) this was before any deal, I was still sellin' narcotics", beschreibt Conway seinen Werdegang im Song "Calvin". Insgesamt zeichnet er ein sehr düsteres Bild seiner Vergangenheit, von Uringestank in Matratzen und Kokainpäckchen ("Shoot Sideways" featuring ScHoolboy Q, neben Cormega auf "They Got Sonny" der einzige Featuregast), oder von Mordanschlägen, bei denen die Überreste des Opfers über den Vorgarten verteilt werden wie Herbstlaub ("Calvin").

"Let's toast to my injuries, turned my negative to positive (...) I'm the GOAT 'til infinity", rappt Conway zu Beginn des Tracks "The Contract". Er hat sich also seine dunkle Vergangenheit zunutze gemacht, ist an ihr gewachsen, und das gegenwärtige vor Selbstbewusstsein strotzdende Resultat ist auf "Lulu" zu hören, wobei "I'm the GOAT 'til infinity" auch auf das 2017er-Release "The Grimiest Of All Time" anspielen dürfte.

Mindestens genauso düster und gewohnt passend sind die Beats, allesamt produziert von The Alchemist, die sich in ein homogenes Gesamtbild einfügen: schleppend, Boom-Bap, bedrohlich wie das Coverartwork, hie und da mit kurzen Streichersequenzen zum Aufatmen, ansonsten lauert die Gefahr hinter jeder Ecke.

Sollte man etwas an der Produktion bemängeln wollen, dann vielleicht den fehlenden Abwechslungsreichtum; einzig das sich mit pompös-orchestralen Samples auszeichnende "The Contract" fällt etwas aus dem sonst so beklemmenden Rahmen.

An sich ist das aber Jammern auf allerhöchstem Producerniveau, es sind ja auch nur sechs Tracks plus Intro, und die 22 Minuten gehen viel zu schnell vorüber. Zum Glück kann man ja auf Repeat stellen, ganz ohne 300-Euro-Jacke. Oh, und ein Vinyl-Only Release, ganz ohne modischen Firlefanz, hat The Alchemist mittlerweile auch angekündigt. Ob sich nun jemand über sein teures Bundle ärgert?

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. 14 KI's
  3. 3. The Contract
  4. 4. Shoot Sideways feat. ScHoolboy Q
  5. 5. The Contract
  6. 6. They Got Sonny feat. Cormega
  7. 7. Gold BBS'S

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