laut.de-Kritik

Das wahre Disneyland hat niemals zu.

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Sind D-A-D eigentlich die größte europäische (only Festland of course) Rockband aller Zeiten? Wer weiß, mit "Speed Of Darkness" sägen die Dänen jedenfalls weiterhin am Thron der Könige aus Hannover. Überraschend hungrig, hart und dick produziert brezelt das dreizehnte Album der Band aus den Boxen, als wäre dies der legitime Nachfolger von "No Fuel Left For The Pilgrims" und "Riskin It All". Über die erneute Zusammenarbeit mit Produzent Nick Foss verrät Gitarrist Jacob Binzer: "Er behauptet, dass dies der stärkste Songpool seit langem ist, und Foss ist schließlich seit 1988 dabei."

Nick Foss muss es ja wissen, begann mit ihm doch der Aufstieg der Band. 35 Jahre liegt jene erfolgreiche und beste Phase der Gebrüder Binzer zurück, und doch lässt ihre melancholisch-punkige AC/DC-Variante mit den zwei zwinkernden Augen auch 2024 das mittlerweile unfreiwillig gekürzte Haar ordentlich kreisen.

Vom Start weg spielt die Band aus Kopenhagen ihre Stärken voll aus. "God Prays To Man" erinnert mit seinem bluesigen Riff mehr denn je an die Australier, während ihre berühmte (Pre-)Chorus-Magie wie gehabt zum Mitgröhlen einlädt. Lyrisch nehmen sie die Religionen aufs Korn, in denen es eh nur darum geht, wer die meiste Macht und das meiste Geld hat. "". Mit Zeilen wie "Yeah, what is it we don't understand / They're throwing bombs in the holy land / Yeah, religions are killing / The love that's missing / We are right at the end of the plan" schließen D-A-D den Kreis zum Aufreger-Song "Jihad" aus dem Jahre 1989.

"1st, 2nd & 3rd" swingt dreckig durch den Stoner Rock'n'Roll und leitet zur stärksten Phase des Albums über. "The Ghost" transportiert die skandinavische Melancholie in bester Midtempo-Tradition von "Grow Or Pay" oder "Point Of View" in jedes sonnendurchflutete Wohnzimmerloft: "I'll wrap my arms around a memory / And I'll be sleeping with the ghost"- die Weite Jütlands vor Augen, den Schmerz im Herzen, die Wellen im Ohr. "Speed of Darkness" drosselt als balladeske Hymne, die auch auf auf "Soft Dogs" perfekt ihren Platz gefunden hätte, das Tempo bleibt aber stets klar und hippiesk auf Liebeskurs: "Stupid empire / You are not the first to fall / The dark side will misfire / Because we only grow in love".

"Head Over Heels" erinnert an die Country-Anfangstage der Band, mit "Live By Fire" streuen sie einen melodischen Hardrock-Banger der Extraklasse ein und "Crazy Wings" ist wie "The Ghost" bereits großes Hit-Kino. Danach wechseln sie von den schweren Gedanken kurz wieder zu den schweren Riffs und legen in der verrauchten Kaschemme die Bikerstiefel auf den Tisch ("Keep That MF Down", "Strange Terrain", "In My Hands"), um sich angetrunken für das große Finale zu wappnen.

"Everything Is Gone Now” und "Waiting Is The Way" ziehen das Tempo an und bringen so den großen Refrain auf "Automatic Survival" umso stärker zum Strahlen. Den perfekten Schlusspunkt setzt aber die Ballade "I'm Still Here". Es ist als Sinatra'sche "My Way"-Adaption der perfekte Nachfolger von "I'd Rather Live Than Die" und "It's After Dark". "I open my eyes / I'm still here / I followed my dreams / Despite of my fears / I open my eyes / And I'm still here". Nach 40 Jahren sind sie immer noch da. Melancholisch, bodenständig, gefühlvoll und herzlich - und das wahre Disneyland hat niemals zu.

Trackliste

  1. 1. God Prays To Man
  2. 2. 1st, 2nd & 3rd
  3. 3. The Ghost
  4. 4. Speed Of Darkness
  5. 5. Head Over Heels
  6. 6. Live By Fire
  7. 7. Crazy Wings
  8. 8. Keep That MF Down
  9. 9. Strange Terrain
  10. 10. In My Hands
  11. 11. Everything Is Gone Now
  12. 12. Automatic Survival
  13. 13. Waiting Is The Way
  14. 14. I'm Still Here

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