laut.de-Kritik

Der Fluch des Plastik-Bumms-Beats.

Review von

Der jungen Generation die Klassik näher zu bringen ist schon seit langem David Garretts großes Anliegen. Nach zwei Abstechern in traditionellere Gefilde mit "Garrett vs. Paganini" und "Timeless Brahms & Bruch Violin Concertos" verfolgt der als "Teufelsgeiger" gefeierte Violinist dieses Ziel nun mit einem weiteren Crossover-Album. "Explosive" mischt Coverversionen bekannter Hits mit Eigenkompositionen.

Gleich zu Beginn verpasst der Aachener David Guettas "Dangerous" ein neues Gewand, das dem Song überraschend gut steht. Seine Stradivari lässt im Zusammenspiel mit dem Royal Philharmonic Orchestra den Dance-Track in ungeahnte Höhen aufschwingen. Auf die gelungene Coverversion folgt aber mit dem dem Titeltrack "Explosive", das aus Garretts eigener Feder stammt, die erste große Ernüchterung.

Dass Garrett sein Instrument außerordentlich beherrscht und ein gutes Gespür für Melodien besitzt, lässt sich hier keinesfalls abstreiten. Doch die Magie ist dahin, sobald der billig klingende Elektro-Bumms-Beat sich wie ein Fremdkörper unter Garretts Geige mischt. Das gilt wohl als Crossover, wirkt aber eher wie zusammengeflanschter Stilbruch. Die Lücke zwischen Garretts erstklassigem Geigenspiel und dem Wummern aus der Dose erscheint einfach zu groß, um sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzufügen.

Glücklicherweise erweisen sich die Plastik-Beats auf "Explosive" nicht als omnipräsent. Der 35-Jährige setzt in Songs wie "Adventure Island" auch auf eine klassischere Instrumentierung, die den weltweit schnellsten Geiger deutlich besser kleidet. Hier versprüht er namensgebend Abenteuer-Flair im Stil von "Fluch der Karibik", das in einem fulminanten Finale seinen Höhepunkt findet.

Für etwas Kitsch sorgt Nicole Scherzinger, die in der Ballade "Serenity" eine solide Figur macht, aber auch nicht mehr. Xavier Naidoo fällt mit seinem englischen Gastbeitrag auf "How Many Times" wieder den Billig-Beats zum Opfer. Der Track verkommt zu einer Dance-Hymne aus dem letzten Jahrhundert.

Manche Coverversionen auf dem Album funktionieren wunderbar, wie Garrett mit "The Don't Care About Us" beweist. Seine Violine schneidet dort messerscharf durch Strophen und Refrain. Andere weniger: "Lose Yourself" besitzt in keinster Weise die Energie des Originals, die gerade Eminems Vocals ausgemacht haben. Der simple Ersatz durch Garretts Geige wirkt bei dem Song eher befremdlich und zerstört dabei seine Grundsubstanz.

Auf "Baboushka" feiert Garrett eine Ostblock-Party, bei der auch der Bumms-Beat nicht fehlen darf. "Furious" bietet dagegen einen versöhnlichen Abschluss, der mit turbulenter Melodie und imposanter Orchestrierung daherkommt.

Die Krankheit von "Explosive" heißt Plastik-Beat. In seinen klassischen Momenten überzeugt der Stargeiger voll und ganz. Setzt jedoch das billige Gehämmer ein, kommt auch das furioseste Geigenspiel nicht dagegen an. So zerstören minderwertige Dosenrhythmen hochwertige Kompositionen. Ein Glück, dass David Garrett sie noch sparsam eingesetzt hat, was seinem Album hörenswerte Höhepunkte erhält.

Trackliste

  1. 1. Dangerous
  2. 2. Explosive
  3. 3. Serenity
  4. 4. Lose Yourself
  5. 5. Adventure Island
  6. 6. Midnight Waltz
  7. 7. How Many Times
  8. 8. Unlimited Symphony
  9. 9. The Don't Care About Us
  10. 10. Thinking Out Loud
  11. 11. Innovation
  12. 12. Ritmo Español
  13. 13. Baboushka
  14. 14. Baroque Fantasy
  15. 15. Furious

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT David Garrett

Gilt Paganini als legendärer Teufelsgeiger der Klassik, trägt in der Neuzeit fraglos David Garrett diesen Titel. Ein Eintrag im Guinness-Buch d6er Weltrekorde …

Noch keine Kommentare