laut.de-Kritik
Gelungene Hommage mit Joss Stone und Robbie Williams.
Review von Artur SchulzStudiotechnisch frisch aufgemotzte Hinterlassenschaften längst verstorbener Künstler, da grausts mich schon, bevor es ans eigentliche Hören geht. Denn nur selten erweist sich der Griff in die Archivkiste zwecks "zeitgemäßer" Aufbereitung tatsächlich als ein okayes Ding, das nicht den Grusel ordinärster Leichenfledderei hervorruft.
Derartige Vorgehensweisen hinterlassen stets zwiespältige Eindrücke: Man denke nur an die "neue" Beatles-Single "Free As A Bird" aus den 90ern, die mich bei jedem Hören zutiefst schaudern lässt. Nun hat es den legendären Swing-Crooner Dean Martin erwischt, dahingeschieden in der Weihnachtszeit 1995.
"Forever Cool" firmiert als brandneues Duett (!)-Album mit Künstlern, die zumeist erst nach Deans Todesjahr zu Ruhm und Ehren gelangten. Die nicht selbstverständliche Überraschung: Das Unterfangen funktioniert besser, als man erwarten durfte - und erweist sich sogar als höchst spannendes Highlight im nun frisch ergänzten Dean-Martin-Katalog.
Das speziell für "Forever Cool" ausgearbeitete Konzept bietet eine handwerklich tadellose Neu-Umsetzung und eine für Martins Stil sehr stimmige Gesamtausarbeitung. Von den Original-Aufnahmen wurde lediglich Deans Stimme herausgenommen, behutsam restauriert und anschließend auf einen Studio-Take der Jetztzeit hin transferiert.
Die Songs selbst sind mit großem Orchester komplett neu arrangiert und eingespielt - zusammen mit den jeweiligen Vokal- und Instrumental-Partnern. Das Endergebnis begeistert als wunderbare Hommage an den "klassischen" Dean Martin - und dokumentiert auf beeindruckende Weise, welch unerreichte Klasse dieser legendäre Crooner sein Eigen nannte.
Der Alben-Opener "Who's Got The Action" im Neu-Duett mit Big Bad Voodoo Daddy überzeugt auf Anhieb: Eleganter Swing mit tanzbarer Note trifft auf erlesene Sound-Details. Schauspieler Kevin Spacey ist auf "Forever Cool" gar mit zwei Duett-Parts vertreten - und macht eine gute Figur, besonders im Klassiker "King Of The Road".
In "I Can't Believe That You're In Love with Me" flirtet eine etwas angestrengt wirkende Joss Stone mit dem Altmeister - der aber behält über die gesamte Songlänge straff die Zügel in der Hand. Bewegend und faszinierend: Die Neufassung des Hits "Everybody Loves Somebody" mit Frankreichs Chanson-Legende Charles Aznavour. Der Franzose bewahrt Stil und Respekt, und die arrangementtechnisch zurückgenommene Neueinspielung ringt Martins Titel frische Nuancen ab.
Etwas ratlos lässt mich eine andere mit Spannung erwartete Kollaboration zurück: Auch Robbie Williams himself gibt sich auf "Don't Talk About Me When I'm Gone" die Ehre. Seine Interpretation ist ebenfalls respektvoll angelegt, zeigt aber einmal mehr: Bei allem persönlichen Verve und ordentlicher Technik besitzt Robbie ganz einfach keine wahrhaft große und stilprägende Stimme.
Als eindeutige Alben-Pluspunkte erweisen sich das launige "Baby O" mit einer gut aufgelegten, soulig gurrenden Paris Bennett, und in "I've Grown Accustomed To Her Face" begleitet Trompeter Chris Botti einfühlsam den Altmeister. Die liebenswerte Italien-Klischee-Vollbedienung "Arrividerci Roma" funktioniert dank Tiziano Ferros Einsatzfreude prächtig.
Resümee: Dean Martins zeitlose Stimme lässt seine neuen Gesangspartner öfter ziemlich alt aussehen - dies allerdings immer mit nonchalantem, nie verletzendem Charme. Ganz zum Schluss gibt es dann zum Genießen die Legende pur: "Brahm's Lullaby" ("Guten Abend, Gute Nacht") entlässt den Hörer in Acapella-Form mit gefühlvoller Umarmung. Well done, Dean - und lass' Dir Deine Martinis schmecken, da oben an der himmlischen Bar.
3 Kommentare
'free as a bird' ist eines der tollsten lieder wo gibt. solche kommentare lassen mich erschaudern!
Ich schaudere, ich schaudere.
Einfach toll, dieses Album. Super Swing-Musik. Klasse Whisky-Stimme von Dean Martin.