laut.de-Kritik

Der Angriff der Rüsseltiere.

Review von

Zitat DFA 1979: "Wir wollen wie Elefanten sein, die in eure Wohnzimmer kommen. Die man vielleicht nicht mag, aber auch nicht ignorieren kann. Deshalb haben wir uns Rüssel wachsen lassen."

Aha. Eine Band mit Rüsseln also. Endlich mal wieder. Das letzte Mal habe ich 1990 einen Musiker mit Rüssel erleben dürfen, und das war schon recht eindrucksvoll. George Clinton hieß damals der Typ. Doch eigentlich wäre das mit den Rüsseln gar nicht nötig gewesen, denn so wie DFA 1979 auf "You're A Woman, I'm A Machine" losballern, laufen sie nicht im geringsten Gefahr, in irgendeinem Wohnzimmer dieser Welt ignoriert zu werden. Außer vielleicht in Lemmys Höhle, da kennt man solche Basstiraden ja schon. Und tatsächlich erinnert der pure Bass-Sound von DFA 1979 an so manchen Motörhead-Smasher.

Doch auch ganz abgesehen von den wundersamen Ergebnissen plastischer Chirurgie, wüst verzerrten Bassgitarren und Wohnzimmerinvasionen sind DFA 1979 eine außergewöhnliche Band. So ist beispielsweise das Line Up mit Drum und Bass und sonst nichts (vom Gesang mal abgesehen) extrem spartanisch gewählt und nicht gerade alltäglich für eine "echte" Band ohne Computer, Keyboards, Synthies und ähnliche Hilfsmittel. Und angesichts des monströsen Drucks, den die Herren Sebastian Grainger und Jesse F. Keeler mit ihren zwei Instrumenten aufbauen, reicht das auch absolut.

Im Gegenteil: Andere würden noch 15 Gitarrenspuren drüberlegen und hätten doch nur halb so viele PS unter der Haube. Das einzige Tuning, das DFA 1979 für ihren Brachialsound benötigen, ist ein Effektpad für den Bass. Oder ist es doch nur ein einziger riesengroßer Verzerrer, den sie immer wieder bis zum Anschlag drücken? Könnte sein. Was dem Monstertruck, den die beiden da mit Tempo XXL über die Speaker jagen, ab und zu etwas fehlt, ist der wohldosierte Tempowechsel, das Überraschungsmoment, das hin und wieder für zusätzliche Spannung sorgt. Doch das sind Feinheiten, die man bei einem Pfund wie "You're A Woman ..." wirklich nicht überbewerten sollte. Schwamm drüber, Geschmacksache.

Denn dass sie den etwas anderen Song eigentlich perfekt draufhaben, zeigen sie beim mächtig grandiosen "Black History Month", einem Midtemporocker mit ganz seltsamen Anleihen im Diso-orientierten Rock der 80er, in dem sie auch mit Erfolg den Bass-Sound variieren. Und auch in "Going Steady" wird die volle Breitseite gebrochen, was sich sehr wohltuend auf die Dynamik des Tracks auswirkt. Als weiterer Anspieltipp sei hier "Blood On Our Hands" genannt, eine Rotzehymne par excellence. Wie generell die Organe der beiden ein dickes Plus verdient haben: da wird genölt, gegrölt, gerotzt und gesungen, dass es eine wahre Freude ist. Stilsicher und auch stimmlich/gesangstechnisch durchaus auf hohem Level.

Unterm Strich wirkt "You're A Woman ..." mindestens wie ein verbotener Energiedrink, so sehr geht einem der Frontalangriff der Rüsseltiere in Mark und Bein. Und trotz des ganzen Infernos, welches die beiden Torontobuben hier über uns bringen, ist das Resultat oftmals schon fast sexy. Hardcore sexy, klar, aber doch ... sexy. Und groovy. Ziemlich sogar.

Die Scheibe gibts im Übrigen in einer "einfachen" CD-Ausführung und in einer Doppel-Version, bei der man neben diversen Remixen und zwei zusätzlichen Songs auch noch die Videos zu "Blood On Our Hands" und "Romantic Rights" mitgeliefert bekommt. Lohnt sich.

Trackliste

  1. 1. Turn It Out
  2. 2. Romantic Rights
  3. 3. Going Steady
  4. 4. Go Home, Get Down
  5. 5. Blood On Our Hands - Album Version
  6. 6. Black History Month
  7. 7. Little Girl - Album Version
  8. 8. Cold War
  9. 9. You're A Woman, I'm A Machine
  10. 10. Pull Out
  11. 11. Sexy Results

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