laut.de-Kritik
Wer will mal wieder in die Röhre gucken?
Review von Linus SchwankeWer weiß - vielleicht finden sich auf einem Dachboden im Londoner East End einst sogar noch ein paar Super-8 Filmrollen von Wishbone Ash, die sich zu einer Digital Video Disc verwursten lassen. Treue Fans kaufen nämlich alles. Wobei wir schon beim Thema sind: der 'neuen' DVD von Lord, Blackmore, Paice & Co. in augenschonendem schwarz-weiß, auch wenn der Farbfilm längst erfunden war.
Ganz ohne Zweifel stellt die Veröffentlichung dieser Tapes ein Schmankerl dar, bei der ein Purple-Fan nicht zweimal auf den Preis schaut. Das war dann aber auch schon alles.
Inhaltlich besteht die Scheibe aus zwei Blöcken im Verhältnis 3 zu 1. Der erste, größere Teil ist der Mitschnitt eines Konzerts in Kopenhagen, bei dem man sich leider fragt, ob der Mensch an der Kamera übermüdet oder schlichtweg dicht war. Statischer und langweiliger geht es kaum noch, obwohl gerade Anfang der 70er Jahre der kreativ-innovative Aufbruch in der Branche besonders groß war. Die S/W-Bildqualität ist miserabel, inklusive Wackler, Störstreifen und ausgeprägtem Grundrauschen, die das Material so ungemein authentisch machen.
Auch die Tonspur der Produktion enttäuscht: trotz der Möglichkeit, sie für das vorliegende 5.1 Niveau zu mastern, scheute man diese Aufwand offenbar. Man hätte hier Einiges machen können, um vor allem dem Klangbild mehr Kontrast zu geben. So ist leider alles eine phonetische Einheitspampe, bei der nicht einmal ein hörbares Grundrauschen abgefiltert wurde. Im Vergleich zur DVD "Born To Boogie" von T. Rex, die unlängst erschien und die mit ungeheurem Aufwand liebevoll remastert wurde, ist diese Produktion ein schlechter Witz.
Ein wenig versöhnlich stimmen die drei Tracks aus New York, die zumindest an Dynamik deutlich mehr zu bieten haben. Für den Gestrigen mag es jedenfalls eine Offenbarung sein, das ewige "Smoke On The Water" in dieser Form genießen zu dürfen. Ich hingegen gehöre zu den Leuten, die den Track - gleich in welcher Form - einfach nicht mehr hören können, vor allem nicht abermals aufgewärmt. Der Bitterstoffe wegen.
Insgesamt lässt sich sagen, daß dieser digitale Rundling bestimmt das Herz der echten Fans und Puristen treffen kann - schon allein, weil das Material ein 'Muss' ist. Erinnert mich an einen Kumpel, der in bei alten Autos so sehr auf Scheunenfunde steht. "Alles original!" Nur funktioniert nix mehr und die "originalen" alten Dunlopreifen würden bei der ersten Ausfahrt platzen. Zu alt, zu spröde, Sondermüll. Die kann man nicht mal mehr remastern. 'Aber geil sind sie ja doch, oder?' O-Ton Kumpel.
Fast dreist hingegen ist, dass es diese DVD im Prinzip schon gab, und zwar als "Machine Head 1972 - Live in Denmark Copenhagen". Der Unterschied: zwei Bonus Tracks ("Smoke On The Water" und "Strange Kind Of Woman"), ansonsten die selbe Trackfolge, die tupfengleiche Show. Ach ja, das Cover der DVD ist auch anders ...
Noch ein paar Worte zur Wertung: Selbstverständlich wird weder die Musik noch die Leistung von Deep Purple benotet, sondern ausschließlich Machart und Qualität der DVD, die nunmal einfach dürftig ist.
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