laut.de-Kritik

Nostalgieplatte zur Vergangenheitsbeschwörung.

Review von

Old School Rock erfährt derzeit einen unglaublichen Boom, den man in härteren Stromgitarrensphären zuletzt beim Metalcore (Anfang des Jahrtausends) und Thrash Metal (Revival-Beginn war etwa 2006) erlebt hat. Gemeinsam haben so unterschiedliche Vertreter wie Graveyard, The Devil's Blood oder Ghost vor allem eines: jeder hat den Deibel gern. Am allerliebsten haben ihn die norwegischen Bartträger Devil, die nicht nur bei der Namensfindung jegliche Kreativität vermissen ließen, sondern auch mit dem Albumtitel "Time To Repent" eine viel zu oft gehörte Buchstabenkombination aus dem Hirnstübchen gegraben haben. So weit, so gähn.

Gottseidank machen Devil bei der praktischen Umsetzung weniger Fehler, denn das Debütalbum der jungen Pentagram-Verehrer klingt alles andere als jung, stellenweise aber recht frisch, durchdacht und beherzt. Selbst das Intro "The Welcome" und das "Outro" verkommen nicht zu sinnlosen Platzhaltern, sondern umhüllen das akustische Retro-Paket mit atmosphärischer Stimmung. Dazwischen wildern Devil gekonnt und angenehm ungezwungenen in der Okkult-Rock-Ursuppe längst vergangener Dekaden.

Mit nostalgischem Röhrensound und den Fokus auf die zwei dominierenden Gitarren gerichtet, beschwören die Nordländer Gefühlsregungen der musikalisch unverzichtbaren 1970er Jahre herauf und verbreiten im Geiste des Hörers einen angenehm-beruhigenden Weed-Duft. Obwohl die Band sich selbst in der Tradition von Pentagram sieht, sind Black Sabbath tonangebend in Devils Klangkompositionen. "Break The Curse", der Titeltrack oder "Crazy Woman" sind durchwegs grundsolide Songs, die teils auf Blues-Skalen, teils auf Heavy Metal-Elemente zurückgreifen und am besten im bewusstseinserweiternden Zustand mit einem schönen Glas Rotwein genossen werden sollten.

Bei den Teufelsanbetern mangelt es aber an durchschlagskräftigen Topsongs, denn so richtig knallt die mit 35 Minuten außerordentlich kurz ausgefallene, Scheibe nicht. Das Prädikat Topklasse dürfen sich aber zumindest das fetzige "At The Blacksmiths" und die furztrocken vorgetragene Riffaneinanderreihung "Howling (At The World)" anheften. Dazwischen wird eben nichts Schlechtes, aber eben viel Austauschbares präsentiert, das teilweise schnell über den Doom-Sektor hinausrockt ("Open Casket") oder sich zu offensichtlich an die großen Vorbilder anbiedert ("Blood Is Boiling").

Devil gelingt mit "Time To Repent" trotz allem ein amtlicher Einstand, der Opeth-Fronter Mikael Åkerfeldt sicher Freudentränen in die Augen treibt. Im Fahrwasser von Ghost, Graveyard oder den genialen Orchid haben jetzt auch Devil ihre ganz eigene Seventies-Nische gefunden, von der aus es sich gut trenden lässt. Wie es bei Trends halt immer so ist: Only the strongest will survive …

Trackliste

  1. 1. The Welcome (Intro)
  2. 2. Break The Curse
  3. 3. Blood Is Boiling
  4. 4. Time To Repent
  5. 5. Crazy Woman
  6. 6. Open Casket
  7. 7. Death Of A Sorcerer
  8. 8. At The Blacksmiths
  9. 9. Howling (At The World)
  10. 10. Outro

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LAUT.DE-PORTRÄT Devil

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5 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Es gibt wirklich ausgezeichnete Retro-Bands, die auch im 21. Jahrhundert angekommen sind. Bei denen man das Gefühl hat, dass sie zwar old-school spielen, aber dennoch in einem neuen, wieder erkennbaren Gewand. Das ist sehr mittelmäßiger Traditional Doom Metal, dem eigentlich keine Bedeutung zu kommen sollte. Die Bands "Blood Ceremony", "Procession" oder "Hour of 13" sind da meilenweit vorher zu empfehlen. Die Nische ist durchaus qualitativ besser besetzt. Retro-Bands fangen mich aber auch allmählich zu stören. Eigentlich fand ich das toll, weil man sowieso nichts mehr groß vom Musikmarkt erwarten kann. Da freut mich die Vorstellung, die guten alten Zeiten nochmals in neuem Sound mit neueren, kleineren Ideen aufleben zu lassen. Aber es gibt im Zuge von "The Devil's Blood" Erfolg genug Mumpiz - ob jetzt Heavy Psych, Psychedelic oder eben Traditional Doom.

  • Vor 13 Jahren

    Die Retro-Sound-bands finde ich von der Idee her eigentlich gut,
    aber trotzdem habe ich bis jetzt noch keine gefunden, die wirklich an den alten Sound von den Doors, Led Zep, Thin Lizzy oder den 70er Scorpions rankommt.
    Man schafft es mit heutigem (digitalen) Studiozeugs einfach nichgt mehr, diesen schönen warmen, leicht verwaschenen Sound hinzubekommen.

  • Vor 13 Jahren

    Natürlich da sollen sie auch nicht, sondern den Sound ins neue Jahrtausend bringen. Die Trademarks weiterführen und sich nicht wiederholen. Wir sind schließlich nicht mehr in 70igern. Was brauche ich denn eine The Doors-Kopie, die genauso klingt wie das Original. Aber was die "The Black Angels" spielen, ist dann genau das, was ich mir vorstellen könnte, was Jim heute so treiben würde. So muss das sein.

  • Vor 13 Jahren

    ich bin was verwirrt keine ahnung, meiner meinung nach haben graveyard diesen sound. sie benutzen auch analoges aufnahme equipment, um diesen teils matschigen sound - im positiven sinne - zu erzeugen.
    /
    ich find die "wooden shjips" sind auch eine geile, retro psychedelic/space rock band. kann ich nur empfehlen.
    und das neue Kasabian album hört sich in großen teil stark nach einem 60er/70er jahre pop und psychdelic rock brocken an.