laut.de-Kritik
Aus sinnlich-erotischer Sicht: Effektiv!
Review von Kai KoppIch gebe zu, ich habe die Gunst der Stunde gnadenlos genutzt. Als mich am Abend des Tages, an dem die neue Diana Krall auf meinem Tisch landete, eine mir auf vielen Ebenen vertraute, gegengeschlechtliche Person besuchte, legte ich schamlos "Quiet Night" ein - ohne zu erahnen, was ich damit anrichtete.
Nicht, dass mich meine Gefährtin unmittelbar überfallen hätte. Mittelbar entfaltete "Quiet Nights" jedoch seine volle Kraft. Am nächsten Tag tummelt sich in meinem Briefkasten mein Jazzporno, das Jazzthing-Magazin. "Ich wollte eine sinnliche, geradezu erotische Platte aufnehmen", schaut mir Diana Krall auf Seite 44 lasziv in die Augen. "Gelungen, Baby", ist mein erster Gedanke.
Das liegt vor allem an den unaufdringlichen Interpretationen charmanter Songs, die sich aus gediegenen Standards, eingängigen Balladen und wertbeständigen Bossa Novas zusammen setzen. Ein bisschen Bacharach ("Walk On By"), ein wenig Sinatra ("Guess I'll Hang My Tears Out To Dry") und viel Jobim: "Meine ersten Kontakte zu brasilianischer Musik kamen durch Sinatra und Jobim. Es ist wie eine Liebesaffäre zwischen mir und dem Land. Alle kennen diese Musik, die Alten, aber auch die Kids." Dazu Kralls verführerische Stimme und ihr sanftes Klavierspiel, fertig ist die Erfolgsgarantie.
Die Song-Geschichten, die sie 2004 mit ihrem Gatten Elvis Costello für "The Girl In The Other Room" komponierte, sind zwar um Welten besser als die Interpretationen auf "Quiet Nights". Aber das Publikum kauft ihre Alben nun mal am liebsten, wenn sie sich im smoothen Jazznegligee räkelt, und so werden Kralls "Stille Nächte" laufen wie geschnitten Brot.
Mit "Quiet Nights" löst Diana Krall ein Versprechen ein, das sie ihren Fans vor langer Zeit gegeben hat. Ausflüge wie auf "The Girl In The Other Room" werden zwar geduldet und offenbaren ihr gesamtes künstlerisches Potential, geliebt aber wird sie ihrer Schmachtfetzen wegen. Von denen gibt es zuhauf auf "Quiet Nights": "Das Album ist wie ein Liebesbrief an meinen Mann. Es ist ein Flüstern ins Ohr deines Geliebten, dass du glücklich bist und hier bis ans Ender der Tage sein möchtest."
Aus musikalischer Sicht ist "Quiet Nights" ein charmantes Smooth-Jazz-Album, auf dem Tonsetzer Claus Ogerman den Himmel voller Geigen hängt, die Diana Kralls Liebesbrief romantisch umrahmen: "Claus sprach im Zusammenhang mit dem neuen Album von einer Streicherorgie." Nicht nur die ist auf "Quiet Nights" deutlich gelungen, denn aus sinnlich-erotischer Sicht kann es nur ein Urteil geben: Effektiv!
42 Kommentare
Irgendwie passen Text und Note wieder nicht zusammen.
Nach dem Text ist es eher 3-4 und nicht 2.
Ich befürchte, ich will gar nicht wissen, wie es klingt, wenn Diana Krall versucht, Jobim zu singen ...
Und ich gebe Alvarez bedingt Recht. Eigentlich magst du die Scheibe (= sie funktioniert in einem bestimmten Kontext), aber sie ist dir musikalisch zu light?
Tja, wenn Kopf und Bauch und vielleicht noch das, was drunter hängt (unterm Bauch natürlich) sich streiten....
@dein_boeser_Anwalt (« gott, die ist jetzt seit 6 jahren mit elvis costello verheiratet.
und der läßt ihr d a s durchgehen? »):
du weißt doch ... gegensätze ziehen sich an ! er kann musik machen und sie nicht
Sie kann singen und er nicht.