laut.de-Kritik

Entspannte Tunes zwischen Trap und Gruselhörspiel.

Review von

Am Konzept von Die Antwoord zwischen karikierter Street-Rap-Attitüde, Rave-Exzessen und trashigen Horrorfilmversatzstücken hat sich seit ihrem Debüt "$O$" (2010) wenig geändert. Ihre provokativen Videos visualisieren die Südafrikaner immer noch sehr aufwendig und gelungen. Die blutige Ästhetik schockiert angesichts einer zunehmenden medialen Reizüberflutung aber nur noch die Wenigsten. Nach dem Mixtape "Suck On This" setzt "Mount Ninji And Da Nice Time Kid" auf entspanntere Tunes.

"I Don't Care" vom Tape erscheint im Kontext der Platte leider wie eine unnötige und ärgerliche Dreingabe. Mit stadionfüllenden EDM-Bässen und einer Faithless-Gedächtniszeile ("God Is A DJ") bewegt man sich mit der Nummer schon hart an der Grenze zu Tiesto und Hardwell. Musik, die so viel Coolness versprüht wie die Liveübertragung eines DJ-Bobo-Konzertes auf RTL 2. Bis dahin gibt es zum Glück noch fünfzehn weitere Songs.

"We Have Candy" und "Gucci Coochie" kennt man ebenfalls von "Suck On This". Ersterer bildet mit aufgeblasener Halloween-Atmosphäre einen gewohnt augenzwinkernden Einstieg. Letzterer zielt mit lasziven Parts von Burlesque-Queen Dita Von Teese in Richtung Ravetanzfläche. In der ersten Hälfte hört man viel Durchgeknalltes ("Rats Rule" mit Jack Black als Gruselmeister), Überzogenes (die tarantinoeske Gangsternummer "Shit Just Got Real"), Tanzbares (die Single "Banana Brain") und Albernes (mit einem vor sich hinpubertierenden Lil Tommy Terror in "Wings On My Penis" und "U Like Boobies?"). In ähnlicher Form hat man das schon auf früheren Alben wahrgenommen.

"Mount Ninji And Da Nice Time Kid" dürfte trotzdem das bisher zugänglichste Werk der Band sein. Wirkten die vorherigen Platten wie eine Ansammlung vieler verschrobener Ideen, die auf Albumlänge nicht immer Sinn ergeben, profitiert der Longplayer von einer comichaften, aber mittlerweile sehr dichten und geschlossenen Grundstimmung.

Ab "Stoopid Rich" klingen Die Antwoord unter Hinzunahme von zeitlupenartigen Trapbeats zurückgelehnter. Yo-Landi und Ninja, der sich gerade Ninji nennt, zeigen sich in der zweiten Hälfte weit weniger aggressiv und bissig wie gewohnt. Produzent God sorgt im Background für ein deepes, elektronisches Fundament. Die reduzierte, dunkle Straßenatmosphäre wie etwa in "Street Light" hat sich bereits auf dem Tape angedeutet. Der Platte verhilft dieser Einfluss dennoch zu mehr Vielschichtigkeit und Atmosphäre.

Das Konzept weist als Persiflage aktueller Strömungen in Rap und Pop seit "Donker Mag" zwar kaum noch Innovation auf. Insgesamt bleiben Die Antwoord aber dank ihrer unterhaltsamen White-Trash-Attitüde bestehend aus inszenierten Gangsterklischees, hippiesken Gruselelementen à la Arthur Brown und Kirmestechno-Einschüben Marke Scooter musikalisch souverän.

Trackliste

  1. 1. We Have Candy
  2. 2. Daddy
  3. 3. Banana Brain
  4. 4. Shit Just Got Real
  5. 5. Gucci Coochie
  6. 6. Wings On My Penis
  7. 7. U Like Boobies?
  8. 8. Rats Rule
  9. 9. Jonah Hill
  10. 10. Stoopid Rich
  11. 11. Fat Faded Fuck Face
  12. 12. Peanutbutter + Jelly
  13. 13. Alien
  14. 14. Street Light
  15. 15. Darkling
  16. 16. I Don't Care

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6 Kommentare mit 10 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    sehr abwechslungsreiches Album, welches defnitiv stärker ist als die vorherige LP. Beim ersten Anhören gefallen mir Daddy, Street Light und Darkling am besten. Ich finde diesmal bringen die Antwoord viel mehr content. Finds schön, die Storys von Street Light/Darkling zu hören. Ninja ist aber definitv gechillter, während Yolandi nur vor Energie strotzt.

  • Vor 7 Jahren

    Ich habe jetzt schon sooo oft versucht denen eine Chance zu geben, weil sie ja echt rauf und runter gefeiert werden und jedes Mal, wenn ich reinhöre denke ich mir "Hey, so scheiße ist das doch gar nicht." und dann kommt Yolandi... -.-
    Diese Stimme. Geht einfach absolut gar nicht für mich, ich halte keinen einzigen Track ganz aus. Ihre Stimme macht mich echt richtig aggressiv.

  • Vor 7 Jahren

    Dieses Album finde ich genauso mittelmäßig wie den Vorgänger - nur ein paar gute Lieder, auf den Rest könnte ich verzichten. Da gehört die verstörend eingängige Vorab-Single "Banana Brain" doch tatsächlich noch zu den Highlights. Schade...

  • Vor 7 Jahren

    wenn die olle wenigsten was hermachen würde.
    so aber bleibt mir nichts anderes übrig, als ungehört 1/5 zu vergeben.

  • Vor 7 Jahren

    Kann mit den beiden nicht mehr viel anfangen, leider. Das erste Album war wirklich cool und diese ganzen kurzen Zefclips mit dem angeblichen Dj Hi-Tech zum Teil sehr amüsant.

    Dass sie sich von Kanye so haben verwundern lassen, verwunderte mich hingegen dann doch wieder selbst. Hätte jetzt gedacht, dass Fistingpornos im Studio eher zu den normaleren Dingen bei Die Antwoord gehören. Aber Ninja meinte dann ja sogar noch, dass er nicht verstehe, wie so ein Kerl solche Musik machen könne. Das klang recht enttäuscht.