laut.de-Kritik

Italiens punkrocking Soulboys machen den Noise tanzbar.

Review von

Fieser Weise denkt man bei Musik aus Italien ja immer noch gerne an Adriano Celentano, oder noch schlimmer, an Schmusekater Ramazzotti oder den berüchtigten Italo-Pop. Doch dass sich in Italien in den letzten Jahren - wie überall auch - eine feine Szene alternativer Musik entwickelt hat, die zu mehr taugt als zu Hintergrundmusik der Spaghettischlacht beim Italiener um die Ecke, ist unüberhörbar. Spätestens seit ihren Gigs im letzten Herbst als Support der Black Keys dürften auch Disco Drive hiesigen Ohren ein Begriff sein.

Live hinterließen sie mit ihrer geradezu grungesk anarchistischen Live-Show einige offene Münder. Disco Drive live sind eine tickende Zeitbombe aus purer Energie. Wie bannt man das auf Platte? "Power in my hand and I can't do nothing", mit diesen Worten empfangen uns Alessio, Andrea und Jacopo, und schon weiß man, wohin die Reise geht. Sie haben die Instrumente eingestöpselt, und doch scheinen sie ihnen nicht zu gehorchen. Die Drums entgleisen schon nach ein paar Takten, die Gitarre schrammelt scheinbar unbeherrschbar vor sich hin, und der Bass schlingert bedenklich. Großartiger kann ein Noise-Album kaum anfangen.

Mühsam bringen die drei den Song noch unter Kontrolle, doch das Lärm-Spektakel hat gerade erst angefangen. Um so erstaunlicher, dass sich die beiden folgenden Stücke "All About This" und "Move Along" durchaus zivilisiert anhören. Ersteres groovt lässig mit Off-Beat Hi-Hat, letzteres wirft die das Album betitelnde Frage auf. Disco Drive fragen sich, warum die Leute die erste Band immer nur ansehen, der zweiten zujubeln und erst bei der dritten tanzen. Keine Frage, die Rolle des Openers haben sie oft genug spielen müssen.

Mit "Save Your Fire" kommt endlich der Lärm zurück. Die Gitarren dürfen wieder gequält aufkreischen, und alle drei singen und schreien durcheinander. Disco Drive schwanken immer zwischen Genie (Indierock) und Wahnsinn (Noise) hin und her, das erinnert von den Songstrukturen hin und wieder an die in den ewigen Jagdgründen weilenden Mclusky und macht "What's Wrong With You, People?" wirklich gut hörbar. Im Vorbeigehen machen sie noch die Revolution sexy: "Everything that you're told is a fucking lie/Clap your hands to the beat if you know what I'm sayin/Shake your booty, raise your fist if you're not feeling safer."

Disco Drive schaffen den unwahrscheinlichen Spagat, ein noisiges Album so tanzbar zu gestalten, dass es durchaus das Prädikat tanzbodentauglich verdient. Sie machen ihrem Namen und ihrer selbst gewählten Definition der "Punk Rocking Soul Boys" alle Ehre. Für ein Debüt ist "What's Wrong With You, People?" sehr ordentlich gelungen, sogar die Trillerpfeife, das Samba-Hass-Instrument Nummer Eins kann man ihnen getrost verzeihen.

Trackliste

  1. 1. The Leaving Feet
  2. 2. All About This
  3. 3. Move Along
  4. 4. Save Your Fire
  5. 5. Forward!
  6. 6. Calling Calling
  7. 7. Safer Now
  8. 8. Better Is The New More
  9. 9. Computer Tomorrow

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