laut.de-Kritik
Kraftvolle Riffs, straighte Beats und Sado/Maso-Spielchen.
Review von Michael EdeleKurz nachdem Megaherz, die ehemalige Band der beiden Eisbrecher Alex Wesselsky und Noel Pix, mit "Heuchler" leider nicht an alte Tage anknüpften, beschleicht einen bei "Sünde" ein ähnliches Gefühl. Zwar haben die beiden auf ihrer aktuellen Scheibe definitiv ein paar Hits im Gepäck, aber man hat stellenweise zu sehr das Gefühl, dass es mit ihrer Eigenständigkeit nicht mehr weit her ist; außerdem haben sich ein paar Füller ins Programm geschlichen.
Der Opener "Kann Denn Liebe Sünde Sein" ist als Single schon bekannt und kam auch schon zu Live-Ehren. Genau wie auf dem Vorgänger "Antikörper" eröffnen sie mit kraftvollen Riffs und straighten Beats, befassen sich aber mit einem ungleich diffizileren Thema, das auch die Kollegen von Oomph!, mit "Beim Ersten Mal Tut's Immer Weh" aufgreifen - wenn auch von einer anderen Seite her. Das Tempo ist eher gezügelt und düster, entsprechend derb geht Alex gesanglich zur Sache. Das dürfte für viele Fans aber auch der Knackpunkt sein, denn oft ist die Stimme des Fronters unnötig verzerrt.
Auch der weitere Einsatz der Elektronik mag den Gitarrenliebhaber schrecken. Leichte And One-Parallelen treten schon bei "Alkohol" auf. Die Strophe hinkt ein wenig und kommt nicht wirklich in Schwung, was der Refrain aber wieder ausgleicht. Doch wirklich krass klingt "This Is Deutsch", das eingangs sogar kurz mal an Trio erinnert. Der SITD-Remix ist absolut tanzbar, aber Metaller wird es schütteln. Die kommen erst mit Tracks wie "Die Durch Die Hölle Gehen" und "Mehr Licht" auf ihre Kosten.
In Sachen guter Melodien stehen "Komm Süßer Tod" und "Zu Sterben" ganz weit vorne, die beide das Thema Selbstmord behandeln. Das scheint für den Sänger ein interessantes Sujet zu sein, greift er das Thema doch schon auf den vorherigen Alben auf. Was natürlich auch nicht fehlen darf, sind die altbekannten Sado/Maso-Spielchen in "Heilig". Auch wenn der Einstieg eindeutig von den Sisters Of Mercy geklaut ist, dürfte die Nummer ein garantierter Tanzflächenfüller sein. Auch deshalb, weil der weibliche Gesang sowohl von der Stimmung, als auch von der Thematik perfekt passt.
Die einzige, balladeske Nummer hört auf den Titel "Herzdieb", bei dem ebenfalls weiblicher Gesang ins Spiel kommt. Endlich zeigt auch Alex wieder, was er stimmlich zu leisten imstande ist. Das Gegenprogramm fährt "1000 Flammen", das in typischer NDH-Manier fröhlich vor sich hin stampft und sich in jedem Tanztempel schnell etablieren sollte. Dass bei dem vielen Gezündel auch mal schnell ein Mensch brennt, versteht sich von selbst.
Mit dem rein elektronischen und instrumentalen "Kuss" geht die Scheibe (vom Remix abgesehen) zu Ende und lässt einen mit zwiegespaltenen Emotionen zurück. Der große Wurf ist Eisbrecher mit dem wichtigen, dritten Album nicht gelungen, aber vom Schiffbruch sind sie immer noch weit entfernt.
Noch keine Kommentare