laut.de-Kritik
The name of the game is alcohol: Alles wird Humppa.
Review von Dani FrommWieso eigentlich erst jetzt? "Humppakonsertto" ist doch uralt! Vier Jahre, stimmt genau. Der vergnügliche Umstand, dass diese schöne Scheibe, die wir 2007 unerklärlicherweise zu feiern versäumt haben, ausgerechnet am 1. April wieder aufgelegt wurde, versetzt uns jedoch in die glückliche Lage, dies nachzuholen.
Im Grunde hat jeder Recht, der nölt, Eläkeläiset lieferten immer das Gleiche: Humppa-Coverversionen meist mehr, manchmal weniger bekannter Hits verschiedenster Couleur, furztrocken - ein-zwei-drei-vier! - vom Schlagzeuger eingezählt und über das mindestens angeschrägte Volk hinweg geprügelt. Die finnischen Rentner denken zum Glück gar nicht daran, an diesem funktionierenden Konzept etwas zu ändern.
Warum das die beste aller wirren Ideen ist, erschließt sich am ehesten, wenn man sich den Irrwitz Eläkeläiset live zu Gemüte führt. Sollte das gerade nicht möglich sein, tuts auch ein Konzertmitschnitt wie der vorliegende. Aufgenommen bei Shows in Helsinki lässt "Humppakonsertto" zumindest leise ahnen, worauf man bei einer Eläkeläiset-Show besser gefasst sein sollte: Johlende Fans liegen sich bierselig in den Armen, springen sich um das Restchen Verstand und grölen lauthals mit.
Dass der gemeine Mitteleuropäer von den finnischen Ansagen und Texten einzig (und immer wieder) "Humppa" versteht – von einem "Dankeschön!" auf Deutsch am Ende mal abgesehen - schadet vermutlich überhaupt nichts. Der Vibe hüpft einen auch so grußlos über den Haufen.
Das größte Faszinosum an Eläkeläiset ist und bleibt, mit welch schamloser Frechheit sie sich Metal-, Alternative-, Punk-, Pop-, Rock-, Eurodance-, Rock'n'Roll- oder Hip Hop-Nummern greifen, und sich diese restlos zu Eigen machen. Als existierten keine Genregrenzen: Alles wird Humppa.
Madonnas "Like A Virgin" oder Bon Jovis "Living On A Prayer" erleiden das Schicksal der gnadenlosen Humppifizierung genauso wie "Hate Me" von den Children Of Bodom, "Rock & Roll" von Led Zeppelin - oder waschechter Rock'n'Roll eines Freddy Cannon: alle bekommen ihr Humppa-Pfund weg, auch "Word Up" von Cameo oder Meredith Brooks' "Bitch".
Selbst kühlen Pop- oder frühen Techno-Entwürfen von den Pet Shop Boys oder Kraftwerk verpassen Eläkeläiset ihren bärigen Spinner-Charme. Zirkus-Melodien mitten in "Domino Dancing"? Gegenfrage: Gehören die da eigentlich nicht sowieso hin? Gitarrist und Keyboarder spielen, was ihnen gerade einfällt. Wer die Eier besitzt, in einem Medley (!) von Judas Priest (!!) über 2 Unlimited (!!!) zu OMDs "Enola Gay" und zurück (WTF?) zu rattern, der ist eh nicht zu stoppen.
Ja, das Konzept ist noch älter als dieses Album. Ja, kennste eine Eläkeläiset-Platte, kennste alle. Ja, the name of the game is alcohol, nach wie vor. Ja, "Humppakonsertto" hebt gleichermaßen Laune und Bierdurst - und verdient das Prädikat "großartig". Schluss jetzt, keine Zeit mehr. Wir müssen sie endlich gründen, die "Humppajugend Bodensee".
4 Kommentare
Die MUSS ich noch live erleben. Ist einfach herrlich, wenn man bei jedem Lied von denen anfängt zu rätseln, was eben da hummpaaaaisiert wurde.^^
Dito, diese Kombo steht bvei mir auch ganz oben auf der will-ich-unbedingt-mal-live-sehen Liste.
Und ich WERDE sie mir nächste Woche zum zweiten Mal anschauen. Das letzte Konzert war mit das Beste (und skurillste) was ich je gesehen habe.
humppa! ich bin neidisch!