laut.de-Kritik
Schmachtender Reigen aus 22 Jahren Rock'n'Roll-Karriere.
Review von Michael SchuhBei Elvis denkt man ja nun nicht vordergründig an Country. Und da haben wir ihn, den großen Verdienst dieser mit 51 Songs prall gefüllten Doppel-CD. Im 25. Todesjahr Presleys gäbe es ja weit langweiligere Varianten königlicher Huldigung. "The Country Side Of Elvis" ist dennoch kein galoppierender Country Ride Marke "Johnny Cash at Folsom Prison", sondern ein an Balladen starker Querschnitt aus 22 Jahren Rock'n'Roll-Karriere in chronologischer Abfolge. Spot an für die Einflüsse. Country. Im weitesten Sinne.
War doch der Rock'n'Roll, den Elvis einst von Memphis aus in die Hüften der Welt schickte, streng genommen bereits eine Mischung aus Country und Rhythm & Blues. Schwarzer Rhythmus mit weißem Gesicht. Rockabilly und Rock'n'Roll kamen aber erst später. Eine Grenze ist da schwer zu ziehen. Bluegrass, Gospel und Country Music, die reine Tennessee-Version - das war es, was Elvis von klein auf hörte und liebte. Folglich hatte er 1954 auch Country-Songs für Mami im Gepäck, bevor Sun Records-Gründer Sam Phillips ihn überredete, die Blues-Nummer "That's All Right" zu trällern. Der Rest ist Geschichte.
Der schmachtende Reigen beginnt mit der Frühaufnahme "It Wouldn't Be The Same Without You" in 54er Knisterqualität. Süß. Schmalz, ick hör dir triefen. Was hier noch ganz lieblich ist, wird bei "I Love You Because" oder dem Heuler "Old Shep", nun ja, unerträglich. Fehlt nur noch der countryeske Slide Gitarren-Schauer, der in "Just Call Me Lonesome" schließlich zum Hagelsturm mutiert.
Federnde Rhythmen bieten dagegen "Blue Moon Of Kentucky" (B-Seite von "That's All Right") und "Just Because", absoluter Höhepunkt ist aber - textlich und musikalisch - der "Guitar Man". Elvis kündigt seinen Job und trampt mit der Klampfe unterm Arm nach Memphis, um als Musiker Fuß zu fassen. Er übernachtet auch im YMCA, "but nobody wanted to hire a guitar man". Die Geschichte endet glücklich mit ihm als Bandleader in einem Club in Alabama.
Dass es mit Elvis' Country am Ende eher weniger glücklich lief, beweist CD 2. Die Jahre 1970-76 bergen großes Balladentheater. Sein mittlerweile reifes Timbre trägt Liebesbekundungen ("Always On My Mind") zwar überzeugend vor, dennoch erinnert das vor allem an den Hawaii-Elvis, der mit einem Lei um den Hals seinen Hefeteig-Body auf die Bühne stemmte. Viel besser stand ihm da eher rockiges Material wie das Tom Jones-mäßige "Faded Love" oder "T-R-O-U-B-L-E", ein prächtiges Stück Piano-Rock'n'Roll. Auch wenn er den Hula dazu 1975 wohl nicht mehr hinbekommen hätte.
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