laut.de-Biographie
Eric Pfeil
"Und wir reden hier von einer wirklichen Besessenheit. Oder Leidenschaft. Wenn du jeden Abend – und ich meine wirklich jeden Abend, meine Freundin hasst mich dafür – mit dem Laptop im Bett liegst und einen Italo-Western guckst, dann bist du irgendwann so drin in dieser Logik und diesen Assoziationen. Das ist so fiebrig. Das ist so surreal. Das ist so bescheuert." (Eric Pfeil im Interview mit Jörg Sädler)
Das ist wahre Faszination! Eine derartige Leidenschaft für ein verstaubtes Film-Genre zu entwickeln und damit vielleicht sogar seine Beziehung aufs Spiel zu setzen, das zeugt von ungeheurer Begeisterung, ja Euphorie, die nicht immer alle verstehen müssen. Aber es könnte schlimmer sein: Eric Pfeil könnte süchtig nach Til-Schweiger-Filmen oder gar abhängig von Butterkeksen sein. Dann wäre nicht nur das Bett voller Krümel, sondern auch sein Cholesterin in Gefahr. Hypochonder-Alarm, kreisch! Aber Scherz beiseite: Eric Pfeil ist ein Mann mit gutem Geschmack und guten Manieren.
Geboren in Bergisch Gladbach, liebt und lebt er in Köln. Die Musik ist schon immer ein Teil seines Lebens. Der Vater war Alleinunterhalter und spielte viele Instrumente. Bei Eric beginnt alles mit dem Schlagzeug und einer Band namens Kinder Reicher Eltern. Journalistisch vertieft der Schreiber sein Können beim Kölner Musiksender VIVA. Dort schreibt er in den 90ern Texte für diverse Formate und gewinnt als TV-Producer für "Fast Forward" mit Charlotte Roche 2004 den Grimme-Preis. Heute ist der Mann als renommierter Musikjournalist bekannt und beliebt. Seine Kolumne im Rolling Stone erscheint regelmäßig, 2010 mit "Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee – Die Pop-Tagebücher" sogar als gebundene Fassung. 2014 wird er mit dem Rocco Clein-Preis ausgezeichnet.
Der Vater einer Tochter liebt nicht nur den Sound von Italo-Western. Er fühlt sich auch hingezogen zur französischen und italienischen Musik der 60er und 70er Jahre. Zu seinen All-Time-Favorites gehören: "Ice Cream Man" (Jonathan Richman & The Modern Lovers), "I Often Dreams Of Trains" (Robyn Hitchcock), "You Ain't Going Nowhere" (Bob Dylan) und natürlich das sommerliche "Azzurro" von Adriano Celentano. All diese Lieblingskünstler lässt der Autor 2013 in sein Solo-Debüt "Ich Hab Mir Noch Nie Viel Aus Dem Tag Gemacht" einfließen. Was hier noch lustig und heiter klingt, hört sich zwei Jahre später schon sehr viel ernster, beinahe melancholisch an. Das heißt aber nicht, dass jeder bei "Die Liebe, Der Tod, Die Stadt, Der Fluss" zusammenbricht und deprimiert aus dem Fenster schaut. Im Alter sind der Tod, das Älterwerden und die Vergänglichkeit präsent und müssen irgendwie verarbeitet werden, so zu hören in dem Song "Himmelwärts".
Die Songs nimmt Pfeil im Studio von Ekki Maas (Erdmöbel) auf. In Köln kennt man und im Eigelstein-Veedel trifft man sich. Hier übergibt Eric dem Musiker und Produzenten Ekki ein Demo-Band und die Zusammenarbeit ist beschlossen. Nicht nur in der Produktion unterstützt Ekki Maas, sondern auch musikalisch an Bass und Posaune. Gastmusiker Harald "Sack" Ziegler ist mit seinem wunderbaren Horn auch ein Teil von Eric Pfeils Liebesgeschichten ("Ich Schrieb Mal Ein Lied, Das Heißt Ich Liebe Dich".)
An Songideen mangelt es nie. Schreiben ist für den selbst ernannten Hypochonder eine Art Therapie. Viele Neurosen bestimmen sein Leben. In seinen Liedern sind immer wieder autobiographische Auszüge zu hören, aber keinesfalls lustige Anekdoten aus dem Alltag. Das können andere besser. Er denkt sich lieber surrealistische Geschichten aus, zum Beispiel über depressive Detektive ("Der Depressive Detektiv", hier singt auch Tochter Polly im Chor mit). Düstere Sequenzen, die David Lynch wunderbar in Szene setzen könnte. Du kannst traurig sein, aber du darfst bitte auch noch lachen. Danke! Und vor allem schwärmen, denn gerade im Live-Konzert zieht Eric mit ernster Miene, aber viel Humor und charmanter Performance alle Blicke auf sich.
Ein Moll-Akkord auf der Gitarre reicht, um sich mit Ennio Morricone zu duellieren. Ein Drei-Akkord-Schreiber mit Punk im Herzen und Pop im Gemüt! Somit ist das Ramones Museum in Berlin die perfekte Umgebung für ein wunderbares Konzert zum Sommerbeginn 2015. Mit dem wohl kleinsten Nightliner der Welt (ein roter VW Lupo) ist er viel unterwegs. Eric Pfeil ist kein Superheld, obwohl man sich "Der phantastische Pfeil" oder "Der unglaubliche Eric" bildlich schon ganz gut vorstellen kann. Inhaltlich kämpft er dann gegen wütende Riesen-Bakterien, eingebildete Einhörner oder ganz einfach den Teufel, der ihn ja eh schon ein ganzes Leben begleitet.
Ein Liedermacher auf den Spuren von Reinhard Mey, der Rebel-Boy aus dem Agnesviertel, der Adriano Celentano aus Kölle. Er selber wäre gerne ein Hannes Wader auf Mescalin.
Eric Pfeil ist ein entspannter Geschichtenerzähler, der ein Faible für dramatische Folk-Phantasien hat. Anekdoten, die nicht wirklich existieren. Melancholie, Manie-Poesie mit fröhlichem Getue, eben surreale Geschichten von nebenan. Und vor allem Songs gegen Bushido! Ein Leben zwischen Italien, Eigelstein, Trash, Eiscreme, Hype und Tocotronic.
2 Kommentare mit einer Antwort
Wenn ihr euch schon für den Anfang des Artikels ein Zitat aus meinem MusikBlog-Interview mit Eric Pfeil "ausleiht", dann wäre es schön wenn ihr das auch kenntlich macht. Danke! Jörg Sädler / Freier Musikjournalist
Au ha, da hast du recht, sorry! Habs geändert.
https://www.musikblog.de/2015/05/psychedel…