laut.de-Kritik
US-Alternative-Rock als Einschlafstimulator
Review von Michael SchuhBislang verband man mit dem Namen Everclear stets recht alternativ daher grungendes Liedgut, das seine Fühler ab und an schüchtern in Richtung Radioeinsatz ausrichtete. Mit dem neuen Album ist diese Schüchternheit nun unverhohlener Dreistigkeit gewichen. Als wollte Bandkopf Alexakis dies hervorheben, hört ein Song gar auf den Titel "AM Radio" (Radio-Jingle inbegriffen).
Von diffusen Vorwärtsrockern früherer Tage ist nichts mehr übrig, dafür überzieht eine aalglatte Produktion die ganze Platte mit einer klebrigen Flüssigkeit. Was wiederum auf die Ansammlung völlig unspektakulärer Poptunes passt, die einem den Glauben an zukunftsorientierten US-Rock ohnehin ausreden.
Ich habe ja nichts gegen Weiterentwicklung und neue Herausforderungen, doch für meine Begriffe versperrten Art Alexakis beim Komponieren einfach zu viele Beach Boys die Sicht, als dass ihn ein Jimmy Page fürsorglich hätte führen können. Warum fungiert der eigentlich noch als Gitarrenvorbild ("AM Radio") und nicht der Saitenzupfer von Mr. Big?
Die maue Everclear-Palette reicht von fröhlichen Studentenparty-Hits ("Here We Go Again") bis hin zu seichten Klageliedern über die Grausamkeit der Liebe ("Now That It's Over"), die mit Chorgesängen und Streicherarrangements nach ihrer Daseinsberechtigung suchen. Da wundert man sich auch nicht über die pompös schmierige Überarbeitung des Van Morrison-Hits "Brown Eyed Girl" - shalalalala tirili tirila.
Die Huldigung an die Soullegende Otis Redding gerät ebenfalls nicht annähernd schmeichelhaft und ein Public Enemy-Sample allein macht die Scheibe auch nicht cooler. Wer aber der letzten Marcy Playground-Scheibe als Einschlafstimulator überdrüssig wird, sollte hier zugreifen!
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