laut.de-Kritik

Retrospektive im schroffen Lagerfeuer-Gewand.

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Wenn sich Erik Francis Schrody alias Everlast in irgendeinem verrauchten Club auf den Hocker setzt und beginnt, sein Innerstes nach außen zu kehren, dann herrscht Ruhe im Karton. Spätestens seit dem Ende der House Of Pain-Anniversary-Tour im Jahr 2011 und seinem Ausstieg bei La Coka Nostra sind die Zeiten, in denen der gebürtige New Yorker im Yo-Baby-Yo-Stil über die Bühne hüpfte, vorbei: "Hip Hop gehört den jungen Kids. Ich werde zwar noch im Studio rappen, doch für exzessive Live-Touren bin ich mittlerweile einfach zu alt", glaubt Everlast.

Wer sich dann, wie im letzten Jahr in Freiburg geschehen, über eingeschränkte Bewegungsradien beklagt, der wird einfach des Saales verwiesen: "Wer sich beschweren oder mit mir quatschen will, soll draußen auf mich warten und mich nicht während meiner Performance nerven. Auf der Bühne bin ich der Pilot. Wer meint, mein Flugzeug kapern zu müssen, fliegt raus", sagt der stämmige Storyteller.

Kenner wissen allerdings, dass die Beat-ärmere Vergangenheit nicht weniger mit den Hip Hop-Roots von Everlast gemein hat als das tanzwütige House Of Pain-Schaffen in den Neunzigern. Johnny Cash sei schließlich der erste wahre Rapper gewesen, so Everlast. So zieht Mister Schrody seit nunmehr 15 Jahren mit der Akustikgitarre durch die Lande und predigt "seinen" Hip Hop im schroffen Lagerfeuer-Gewand.

Nach fünf veröffentlichten Alben ist es nun an der Zeit für eine erste Retrospektive. Von bloßem Kalkül im Stile eines herkömmlichen Greatest Hits-Albums bleibt "The Life Acoustic" jedoch weit entfernt. Stattdessen zieht der Songwriter zwölf seiner erlesenen Song-Perlen die Klamotten vom Leib und präsentiert sie nackt wie Everlast sie schuf.

Unterstützt von akzentuierten Piano- und Orgel-Einschüben liegt der Fokus auf Schrodys rauchigem Grizzly-Timbre und der Akustischen. So wechseln sich groovende Kopfnicker wie "Sad Girl", "Black Jesus" und "Today" mit emotionalen Slowhand-Juwelen im Stile von "Broken" oder "Stay" ab und verwandeln dabei jedes Wohnzimmer in eine verqualmte Hinterhofbar mit Lonely-Hearts-Charakter.

Reduziert auf ein Sound-Minimum präsentieren sich die Neueinspielungen erdiger und authentischer denn je. Die tiefe Bruststimme des Sängers lässt jeden Körperteil des Hörers erzittern. Selbst wenn Everlast der Schwung packt und die Akkorde plötzlich anfangen zu galoppieren ("Stone In My Hand", "Children's Story"), lässt sich die Überproduktion an Tränenflüssigkeit in den Augen kaum im Zaum halten.

Wer brennende New Yorker Mülltonnen und vom Leben gezeichnete Gesichter in seinem trauten Heim begrüßen möchte, der kommt bei "The Life Acoustic" voll auf seine Kosten. Und wer glaubt, dass ein Partygarant wie "Jump Around" nie und nimmer in einer chilligen Hängematte funktionieren würde, der rollt das Album am besten von hinten auf.

Trackliste

  1. 1. Sad Girl
  2. 2. Black Jesus
  3. 3. Today
  4. 4. Broken
  5. 5. Stone In My Hand
  6. 6. Weakness
  7. 7. Children's Story
  8. 8. Stay
  9. 9. My Medicine
  10. 10. Lonely Road
  11. 11. Grandma's Hand
  12. 12. Jump Around

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LAUT.DE-PORTRÄT Everlast

Seine ersten Erfahrungen sammelt Erik Schrody alias Everlast in Ice Ts Rhyme Syndicate. Schon 1990 veröffentlicht er sein erstes Soloalbum "Everlasting".

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