laut.de-Kritik
Liebes Debütalbum: Willst du mich heiraten?
Review von Anne Nußbaum"Lucifer, you're landing", lauten die ersten Worte von EE-Fronter Jonathan Higgs. Seine Stimme falsettelt so unvergleichlich eskapistisch und frenetisch durch das teuflisch ausgefuchste Debüt seiner Band, dass man vor Verzückung dahin schmilzt.
Ohnehin sind wir auf den ersten Song verliebt: Schon die Synthie-Streicher auf "MY KZ, UR BF" umschmeicheln Herz und Verstand. Lässig scheppernde Percussions setzen ein, der Bass hoppelt unbefangen durch die Strophe, die zappelige Rhythmisierung fährt sofort in alle Glieder, die zwischen Himmelhöhen und Höllentiefen brechenden Vocals lassen kaum Struktur erkennen. Kein Zweifel: Hier sind Könner am Werk.
Doch es kommt noch besser: Eigentümliche, zwischen Genie und Wahnsinn tollende Zeilen wie "It's like I'm watching the A4 paper taking over the guillotine" treffen kunstgerecht auf gedankliche Ausgeburten à la "Oh, but now I can't find his torso".
Schon allein der Opener stellt klar, dass hier nichts so läuft, wie man es von einer als Indieband verkauften UK-Combo erwarten würde. Jonathans beeindruckendes Organ, das zwischen Kopf- und Bruststimme pendelt, beweist eine unglaubliche Spannbreite und Flexibilität.
Nach dem ersten Flirt, mit geröteten Wangen und Schmetterlingen im Bauch, lässt man sich von "QWERTY Finger" und "Schoolin" hinreißen. Dort peitschen Gitarre und Schlagwerk straight forward zu zackigen Handclaps, da kombiniert die Gruppe kaum mehr als Gesang, Percussions und Bass mit einer catchy flötenden Hookline und zurückhaltender Gitarre. Die Membran am Subwoofer vibriert, geschmeidig trippeln die Percussions dem Gesang hinterher. "Put pressure on it!"
Auf "Final Form" strahlt die verschrobene Elektronik hinter düsteren Basslines hervor. Verheißungsvoll schwebt die Instrumentierung in der flirrenden Luft, bis das Ganze stockend ein apokalyptisches Ende findet und uns den Boden unter den Füßen wegzieht.
Doch nicht genug der großen Momente: Auf "Suffragette Suffragette" liebkost uns brüchig der Gesang, bis wir der Band endgültig aus der Hand fressen. Gerade weil der Chorus nie über die Stränge schlägt, gehört er mit zum Besten, was das Album zu bieten hat.
Intelligentes Songwriting, Freude an Experimenten und Wagnissen – "Man Alive" vereint Qualitäten, nach denen sich andere die Finger lecken. Die Band demontiert konventionelle Muster und reißt Genregrenzen nieder, bricht nicht nur Beats, sondern auch Erwartungen. Hatte man gerade vorsichtig die Indierock-Schublade herausgezogen, sieht man sich drei Takte später gezwungen, alle Fächer zu öffnen. Hier passt nichts in Schemata. Kopflos und schwärmerisch verlieren sich die Jungs in Details und Finessen, kopflos und schwärmerisch verliert man selbst sich im Album.
Den stakkatoartig vorgetragenen Texten, die stellenweise an Busta Rhymes'sches Tempo heran kommen, kann man kaum folgen. Sie lassen Raum für offene Fragen, doppelte Böden, Halbsätze und Sinnzusammenhänge, die sich manchmal jeglicher Logik entziehen.
Vergleiche werden der Band zwar kaum gerecht, trotzdem erinnern zumindest die wirr anmutenden Arrangements, die Freude an innovativen Soundkreationen und verspulten Kompositionen entfernt an Yeasayer und die Dirty Projectors.
Auf "Man Alive" flimmert das Kopfkino, während man sich wie Alice im Kaninchenloch immer tiefer im bunten Kaleidoskop an Soundideen verliert. Voller Vergötterung verneige ich mich und frage das Album: "Willst du mich heiraten?"
5 Kommentare
Absolut geniales Album einer genialen Band! Zusammen mit Total Life Forever von den Foals das Album des Jahres!!
na da ist einer aber ganz begeistert.
der track klingt nicht schlecht , interessante stimme.
werd ich mir gleich mal das album reinziehen , mal sehen ob ich der heirat zustimmen kann ?
freu mich immer über neue interessante Bands und auf neue wagnisse.
hmmm haut mich noch nicht ganz so um - "Come Alive Diana" gefällt!
Jedoch diese Stimme, die klingt immens nach Panic! at the Disco Frontmann Ryan Ross, ich kann mir nicht helfen.
Wenn man dieses Album nicht gut findet, dann nur wegen der Stimme. Ist auch das einzige was ich verstehen würde, denn diese Jungs sind ganz ganz groß. Ich denke nicht das es dieses Jahr Newcommer gibt, die dieses Album toppen können. Im Detail sieht man das die Jungs was drauf haben, da ist nur ein Beispiel der Text.
Was noch viel besser ist, die sind Live auch der Hammer!
also sooo überragend is es nu echt nich.
zwar schon gut und mit keinem wirklich schwachen song, aber auch nach oben gibt es nich so viele ausbrüche.
also an yeasayer oder dirty projecots, haben die mich null erinnert; eher an futureheads.