laut.de-Kritik
Kontrabass, Reibeisenstimme, Bläser: nicht aus New York, sondern Bogotá.
Review von Giuliano BenassiKontrabass, Reibeisenstimme, Bläser. Nach den ersten Takten wähnt man sich in einer verrauchten Bar in New York (sofern es dort überhaupt noch welche gibt), doch weit gefehlt. Der schmutzige, einfühlsame Sound der Band stammt aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá.
Dass keine offensichtlichen lateinamerikanischen Rhythmen eingewoben sind, ist Programm. Im Mittelpunkt steht der namensgebende fatsO, der Kontrabass von Sänger und Bandleader Daniel Restrepo, der die Band zusammengestellt hat. Viele der Stücke hat er an seinem dicken Begleiter komponiert und dazu Texte gedichtet, die von schrägen Figuren handeln und durchaus sozialkritische Töne anschlagen.
"Hungry when I wake up / Hungry when I go to bed / Won't somebody tell me what to do? / I’m dying here, please tell me how to get some food", lauten die ersten Zeilen von "Cry Out". Viele hungern und leiden, während wenige immer reicher werden, prangert er im weiteren Verlauf an.
Doch eher als die Texte ist es die Musik, an der das Ohr hängen bleibt. Gitarre, Schlagzeug und vier Bläser (Saxophon, Klarinette) erzeugen einen hörenswerten Stil irgendwo zwischen Jazz, Soul und Blues mit einer Prise Rock. Die Reibeisenstimme Restrepos passt bestens dazu. Dass er auf Englisch singt ebenso, schließlich hat er während seiner Kindheit mehrere Jahre in den USA gelebt.
Seine Wurzeln hat der mittlerweile 34-Jährige aber in Kolumbien, wo er neben seiner Tätigkeit als Musiker auch ein Label und einen Verlag betreibt. Dazu betrachtet er seine Umgebung mit offenen Augen. So handelt "Oye Pelao", der einzige Song auf Spanisch, von den Kindern der vielen Flüchtlinge vom Land, die auf der Straße der Hauptstadt betteln, weil sie keine Arbeit finden. Die Begleitung ist einem Musikstil entliehen, der in Lateinamerika bei Beerdigungen von Kindern gespielt wird. Kein Trauergesang, sondern eine fast fröhlich klingende, dafür umso erschütternde letzte Begleitung.
Fest steht, dass Restrepo, sein Kontrabass und seine Begleiter mit "On Tape" ein bemerkenswertes Debüt abliefern. Und sicherlich bei ihrer anstehenden Europa-Tour für Furore sorgen werden, wenn sie mit Sonnenbrillen, schwarzen Anzügen und Converse auf der Bühne stehen.
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