laut.de-Kritik
Wolkenweicher Kiwi-Shoegaze zum Joggen oder Chillen.
Review von Eddy DecembrinoSpätestens nach Princess Chelseas YouTube-Erfolg "Cigarette Duet" richtete der Rest der musikliebenden Welt den Blick über alle Ozeane auf diesen sagenumwobenen Inselstaat Neuseeland, genauer auf die Metropole Auckland, die immer wieder als Wahlheimat musikalischer Talente Aotearoas ins Gespräch kommt.
Mit Amelia Murray aka Fazerdaze erblickt 2017 ein weiteres Kiwi-Küken mit ihrem auf Flying Nun Records/Grönland erscheinenden Debüt das Licht der Welt. Zuvor veröffentlichte die 24-jährige Sängerin eine EP ("Fazerdaze") in Eigenproduktion im Internet. Ganz Lo-Fi (Gitarre, Drum-Machine, Synthie) konzipierte und produzierte sie alle Songs selbst und entwickelte ihre Ideen an langen Abenden in Bedroom-Sessions weiter.
Musikalisch rangiert Murray zwischen wolkenweichem Shoegaze, Britpop der 90er und feistigem Warpaint, nur leichter und poppiger. Das mit den Vergleichen ist natürlich immer so eine Sache, man sollte eigentlich sagen: Sie klingt eben wie Fazerdaze. Die Namen Veruca Salt, Elastica und Breeders seien hier ausnahmsweise noch ergänzt.
Das Album ist ein Grower. Am Anfang erscheint es nett und geradezu lieblich in seiner glockenklaren Konzeption, aber auch etwas belanglos. Bis auf den Hit "Lucky Girl", bei dem man sich aufgrund der stetigen Text-Wiederholung "I'm a lucky girl, lucky girl, I'm a lucky girl" irgendwann denkt: Ja, du bist ein lucky girl, dann geh halt jetzt endlich surfen! Bald stellt sich aber heraus, dass "Morningside" ein vorzüglich produziertes Dream-Pop-Album ist und die anderen Songs der Platte durchaus das Zeug dazu haben, zu bleiben.
Rundherum melancholisch, dabei aber nicht so altklug wie Lana Del Rey. Man kauft Murray jeden Zweifel ab, den sie in den Songs über Liebe und Leben verarbeitet. That's how you feel, nachts um drei beim Lieder schreiben, was immer noch besser ist als twittern. Gezwitschert wird aber auch, allerdings von zirpenden Grillen im letzten Song "Bedroom Talks", der sowohl auf die Art der Entstehung, als auch auf die besten Pop-Elemente referiert.
Mutig wage ich die Prognose, dass dieses sehr leichte, klare, schöne Pop-Kiwi-Album bald in vielen Kopfhörern beim Joggen oder Chillen in der Hämgematte zu vernehmen sein wird. Noch sind keine Tourtermine bekannt, doch Fazerdaze ist eine klassische Festival-Band und sicherlich wird man sie bald hier und da, mutig gummibestiefelt, auf großen Open-Air-Bühnen bestaunen.
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