10. September 2004

"Eine Melodie ist wie ein nackter Mensch ..."

Interview geführt von

In einer versteckten, kleinen Bar am Ostrand der Spree treffe ich Leslie Feist zum Interview. Das Ambiente passt perfekt zu ihr und den Geschichten, die sie erzählt: zusammengestückelte Sofagarnituren teilen sich den Platz mit antiken Schaukelpferden, und die untergehende Sonne wirft einen rötlichen Goldschimmer auf die Spree. Nach solcher in Melancholie getauchter Romantik haben sich auch ihre Stücke am Vorabend angehört. In der Passionskirche eröffnete sie die Berliner Show der Kings Of Convenience mit den von ihrer beeindruckenden Stimme dominierten Songs.

Hat dir das Konzert gestern Spaß gemacht?

Feist: Nein ...

Warum das?

Ich möchte mich nicht beschweren. Das war eine wirklich schöne Location. Die Leute waren in der Kirche nur ein bisschen eingeschüchtert. Wenn die Leute in der Bar ruhig sind, dann hast du was erreicht, du denkst, dass alles super läuft, weil du die Leute in der Bar eben dazu gebracht hast, dass sie ruhig sind. Aber in dieser Kirche war so eine unterschwellige Nervosität der Leute zu spüren. Es war so, als ob sich die Leute nicht mehr trauen würden zu reden, zu atmen. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich vorher noch nie wirklich in Deutschland gespielt habe. Und in Frankreich kommt ziemlich viel vom Publikum, während du spielst. Ich hatte auch den ganzen Tag Interviews. Das war ein bisschen hart.

Trotzdem war dein Gesang wirklich super!

Danke! Das ist gut zu hören, denn ich habe mich gar nicht so gut gefühlt.

Ich fand eigentlich, dass die Leute dir als Support-Act außergewöhnlich viel Aufmerksamkeit gegeben haben. Das ist beim Berliner Publikum nicht oft der Fall, dass sie der Vorband wirklich zuhören.

Das macht die Sache schon besser.

Wann hast du ernsthaft angefangen zu singen? Wann hast du gemerkt: Ich habe eine Stimme, mit der ich Sängerin werden kann?

Ich habe mit fünf oder sechs angefangen, in Schulchören zu singen. Bis ich fünfzehn war habe ich dort gesungen. Aber da hatte ich schon die Sex Pistols und andere Punk-Bands für mich entdeckt. Ich begann immer mehr solche Musik zu hören und sah ein bisschen punkiger aus als der Durchschnitt meiner Mitschüler. Also kamen eines Tages diese beiden Mädchen auf dem Gang auf mich zu und fragten: Du bist doch im Chor, oder? Und ich sagte 'Ja'. Sie fanden, dass ich ziemlich cool aussähe und fragten mich, ob ich in ihrer Band singen möchte. Ich sagte 'Ja, klar'. Ich hatte da schon ein paar Jahre mit einer Vierspur-Maschine rumgespielt. Die hat mir mein Vater gegeben, als ich ca. dreizehn war. Ich habe da immer reingesungen und mit meiner eigenen Stimme Harmonien gebastelt. Ich habe mit dem Sound gespielt. Dann dachte ich: Ich kann jetzt in ner Band sein. Ich werd's versuchen. Da habe ich aufgehört, in Chören zu singen und habe stattdessen in Bands weiter gemacht.

War das die Zeit, zu der du auch für die Ramones als Vorgruppe gespielt hast?

Ja, diese Mädchen, ein Typ und ich haben eine Band gegründet, die Placebo hieß. Wir haben zwei Jahre im Keller des Drummers gespielt. Und dann gab es an unserer Highschool einen Contest, so eine Talent-Show. Wir haben da gespielt und gewonnen. So kamen wir in die Talent-Show der Stadt. Diesen "Battle Of The Bands" haben wir auch gewonnen. Und der Preis für den Sieger war, auf einem Sommer-Festival zu spielen. Den Slot, den wir hatten, war eben genau vor den Ramones. Damals wusste ich allerdings noch nicht, wer die Ramones waren. Das waren wirklich Perlen vor die Säue.

Hast du sie denn da getroffen?

Nein, sie wurden ein- und wieder ausgeflogen. Ich habe vor einem Monat auch für The Cure eröffnet. Die wurden mit dem Speedboat auf die Insel gefahren, auf der der Gig statt fand, und während das Publikum noch klatschte, wurden sie schon wieder mit dem Speedboat weg gefahren.

Oh mein Gott ...

Naja, sicher weiß ich nur, dass Robert Smith das gemacht hat.

Haben deine Eltern eigentlich auch was mit Musik zu tun? Es ist ja nicht so gewöhnlich, dass man mit dreizehn von seinem Vater ein Vierspurgerät bekommt!

Nein, mein Vater ist Maler, er hat angefangen, seine Bilder gegen anderes Zeug einzutauschen. Er hat so Zahnarztbesuche und die Wohnzimmereinrichtung bekommen. Manchmal hat er auch Musikinstrumente eingetauscht. Ein Jahr an Weihnachten bekamen mein Bruder und ich jeder eine Box. Darin war ein farbiges Bändchen. Wir sollten nun das Geschenk finden, das mit dem Bändchen in derselben Farbe eingepackt war. Ich fand also das Vierspurgerät und mein Bruder eine Gitarre. Damit hat das alles begonnen.

Hast du dir dann selbst beigebracht, wie das Gerät funktioniert?

Nein, mein Bruder, der vier Jahre älter ist als ich, hat herausbekommen, wie es funktioniert. Er hat gelernt, wie man es benutzt und es mir dann erklärt.

Hast du da schon Gitarre gespielt?

Vielleicht kannte ich schon ein paar Akkorde, aber ich konnte nicht wirklich spielen. Ich habe mir mit 16 einen Bass gekauft. Ich hatte damals so kirschrote Doc Martins, die ziemlich hoch geschnürt waren. Als ich in einem Laden war, in dem ein Bass hing, kam der Verkäufer zu mir, zeigte auf meine Schuhe und fragte mich, wie viel ich dafür haben wolle. Ich hatte nie daran gedacht, meine Schuhe zu verkaufen. Ich sagte:
'Ich tausche sie gegen den Bass'. Und er hat das gemacht! Er hat den Bass gegen meine Schuhe getauscht. Das war ein Fender. Ich habe erst viel später herausgefunden, wie wertvoll dieser Bass ist. Der kostet eigentlich um die 400 Dollar ... Aber das war in Calgary, Alberta. Mitten in der Prärie. Und ich hatte die Schuhe in Toronto gekauft. Ich denke, keiner hatte die in Calgary. Der Typ hat sich damit wahrscheinlich ein riesen Geschäft vorgestellt. Aber ich hatte den Bass, und das war cool. Ich habe nicht wirklich Bass spielen gelernt. Ich habe mehr so Sound-Strukturen aufgenommen.

In den Bands hast du also nur gesungen, kein Instrument gespielt?

Nein, ich bin nach Toronto gezogen, nachdem ich mit der besagten Punkband auf Tour war. Auf dieser hatte ich meine Stimme verloren.

Wie kann denn so was passieren?

Mein Gitarrist war viel zu laut und ich konnte mich selbst nicht mehr hören. Also habe ich sehr laut gesungen. Es war meine erste Tour, ich war da vielleicht 18. Wir haben einen Van gekauft und sind durch ganz Kanada getourt. Jeder Gig, den wir gespielt haben, zahlte uns das Benzin, um zum nächsten zu kommen. Wir haben als Vorgruppe für eine Metalband gespielt. Die waren alle älter als wir. Und wir waren eine Mädchen-Band, bis auf einen Typen. Und die waren all Männer. Wir haben die ganze Zeit Party gemacht, wie Teenager das eben tun. Rock'n'Roll live usw.. Dazu habe ich dann jeden Abend zu laut gesungen, und irgendwann war dann meine Stimme weg. Aber wir mussten weiter jeden Abend die Gigs spielen, damit wir wieder nach Hause kamen. Wir hatten ja kein Geld für Benzin, wenn wir keine Shows spielten. Es wurde also alles immer schlimmer, ich wurde immer kränker. Und als wir wieder zuhause waren, konnte ich nicht mal mehr sprechen, um mein Ticket nach Toronto zu buchen, um diesen "Arzt für musikalische Verletzungen" aufzusuchen. Ich ging zurück nach Toronto und sang mindestens ein Jahr lang nicht mehr. Aber ich habe mir eine Gitarre gekauft. Weil meine Stimme so schwach war, habe ich da angefangen, diese leise Musik zu machen. Ich habe Bands aus Chicago, wie Tortoise, für mich entdeckt. Melodische, ruhige Musik. Da habe ich einige Songs geschrieben, die dann auf mein erstes Album kamen, das ich 1999 rausgebracht habe. Außerdem bin ich als Gitarristin in eine Rockband gegangen, war drei Jahre mit denen auf Tour.

Also hast du dich nicht bewusst dazu entschlossen, solo zu spielen, es ist eher so passiert?

Es war ein glücklicher Zufall. Ich war eigentlich glücklich in der Band. Aber ich war gezwungen, von der Band weg zu gehen. Ich war ja sozusagen stumm, diese Umstände führten einfach zu dieser ruhigeren Musik. Ich nenne das jetzt meine Zuflucht zur Melodie. Ich weiß nicht, ob ich sonst je frei genug gewesen wäre, mich in diese ruhigere Richtung zu bewegen. Als Punk-Teenie fühlst du dich bescheuert, wenn du introvertiert bist.

Auf deinem Album kombinierst du so viele verschiedene Stile, welche Einflüsse hattest du?

Ich war nie ein Style-Purist. Ich habe nie alles über einen bestimmten Stil gewusst. Ich würde mir viel alberner vorkommen, wenn ich versuchen würde, ein ganz pures Album einer Stilrichtung machen würde. So ist Musik für mich nicht. Eine Melodie ist wie ein nackter Mensch. Es kommt nur darauf an, in was für Anziehsachen du ihn kleidest. Für jeden Song suchten Gonzales und ich also die Instrumente aus, die die Melodie am besten kleiden.

Auf deinem Album hast du Ron Sexsmith und die Bee Gees gecovert. Wie passen die denn zusammen auf ein Album?

Vielleicht passt es nicht, ich weiß nicht. Wir haben die Platte Song für Song aufgenommen. Wir waren uns nicht mal im Klaren darüber, ob wir nun wirklich eine Platte machen würden. Erst, als wir fast alle Songs aufgenommen hatten realisierten wir, dass das, was wir da machten eine Platte werden könnte. Unser Experiment begann mit dem Einspielen von Cover-Versionen. Wir haben mit Stevie Wonder und den Pretenders angefangen. Und zwischen den Coverversionen und meinen Originalen stand Ron Sexsmith. Denn ich liebe diesen Song. Es war ein Schritt in die Richtung, etwas zu machen, was mir viel bedeutete, aber noch keinen von meinen Songs. Die BeeGees-Version aufzunehmen, war die Idee von Gonzales. Da musst du ihn fragen, was ihn da geritten hat. Ich war einfach nur bereit, das einzusingen.

Wie war das überhaupt, das Album mit Gonzales zu machen. Der kommt ja eigentlich aus einer ganz anderen Richtung! Wie groß war sein Einfluss?

Es war eine Zusammenarbeit, wo jeder die Hälfte beigetragen hat und am Schluss mein Name drauf stand. Aber für mich fühlt es sich an wie unser Album. Ich hätte genau dieses nie selber machen können. Er genau so wenig. Es ging immer um uns beide, darum, wie gut und lange wir uns kennen. Als Freunde, auf der Bühne mit Peaches, ich im Publikum seiner Gigs in Kanada. Da hatte er eine Band mit Mocky und Taylor Savvy, sie spielten jede Woche einen Gig in einer Bar als instrumentelles Jazz-Trio. Das ist eine meiner Lieblingsbands. Wir kennen uns so gut. Und irgendwann fängst du an, in so einem vertrauten Menschen Dinge zu sehen, die er an sich selbst noch nicht entdeckt hat. Was ich in ihm gesehen habe, was, dass das i-Tüpfelchen seiner Gigs immer der Teil war, an dem er sich hingesetzt und Klavier gespielt hat. Das schockte die Leute in seiner extravaganten Show am meisten. Ich wusste einfach, dass er diese zwei Seiten hat. Und ich wollte diesen einen Teil von ihm. Ich wollte den aus ihm rausholen. Und er hatte diese Demo-CD von mir. Er hörte diese einfachen Melodien, die ich da so low-fi eingespielt hatte. Er wollte diese Melodien ein bisschen klarer machen. Das wollte er aus mir herausbekommen: Dass ich diese Melodien etwas vereinfache. Wir gingen also mit dem Wissen ins Studio, dass wir die Stärken des anderen gut kannten. So arbeiteten wir erst mal an den Cover-Versionen und verteilten die Rollen. Es war eine neue Herangehensweise. Ich vertraute ihm. Ich wusste, das er dass Projekt nicht in irgendeine komische Richtung hin verändern wollte. Viele der Entscheidungen waren seine. Aber ich veröffentliche die Platte jetzt, spiele sie live.

Du wirst ja auch immer viel mit Peaches in Verbindung gebracht. Stimmt es, dass du sie kennen gelernt hast, weil ihr in einer WG wohntet?

Ich habe sie schon Jahre vorher getroffen, aber da waren wir nur so befreundet. Erst später sind wir zusammen gezogen.

Eure Musik könnte ja nicht verschiedener sein. Menschlich scheint das aber ganz gut zwischen euch zu klappen ...

Das ist das Ding zwischen Leuten wie Peaches, Mocky, Taylor Savvy, Gonzales ... Es ist eine große Gruppe von Freunden. Mocky und Taylor haben einen Abschluss als Jazz-Bassist; Gonzales hat einen Abschluss in Jazzklavier-Komposition. Als ich Peaches das erste Mal getroffen habe spielte sie in einer 80er geprägten Rock'n'Roll-Band. Aber das war in den frühen Neunzigern. Davor hatte sie ein Duo, das Mermaid Café. Das waren zwei Mädels, die zu akustischen Gitarren sangen. Sie waren eine kleine Kult-Band. Wir haben alle so verschiedene Arten von Musik ausprobiert. Jeder hat sich immer weiter in seine eigene Geschichte verstrickt, wurde dabei aber immer klarer darüber, was er wirklich machen wollte. Als ich mit Peaches zusammen gelebt habe, war ich in einer Rock'n'Roll-Band, während sie kleinen Kindern Musik beigebracht hat und nachts am Peaches-Album arbeitete. Leute fragen mich immer, ob es crazy war, mit Peaches zusammen zu leben. Aber nein, nicht jeder ist immer, was er auf der Bühne vorgibt zu sein. Jeder hat doch verschiedene Gesichter. Als wir zusammen lebten, arbeitete sie eben gerade an der "Teaches Of Peaches"-Platte. Deshalb war ich in den ersten Shows. Da probierte sie noch rum. Mocky, Taylor Savvy, Gonzales, ich und andere waren alle immer im Haus, jackassing around in the livingroom. Also sahen auch die ersten Peaches-Show so aus: Wir haben genau dasselbe auch auf der Bühne gemacht. Ihre Show hat sich dann immer weiter entwickelt. Die ist jetzt hieb- und stichfest. Da kannst du nichts mehr dran rütteln. Die ist jetzt genau so klar wie ihre Songs und ihre Persönlichkeit schon immer waren. Das passt jetzt alles zusammen. Natürlich ist unsere Musik anders. Wir sind andere Menschen, befinden uns an verschiedenen Punkten. Aber ich habe diese ganzen Leute schon in verschiedenen Rollen gesehen. Aber das ist normal. Hätte vor zwei Jahren jemand gedacht, dass Gonzales mal ein Producer sein wird? Von Jane Birkin? Dass er ein akustisches Piano-Album einspielen wird? Da kann man denken: Das überrascht mich jetzt total. Oder du kannst denken: Das ist doch das Normalste der Welt, dass man sich verändert. Eine neugierige musikalische Persönlichkeit wird immer nach einem neuen Weg suchen, sein Ding zu machen.

Singst du auf Jane Birkins Album, weil Gonzales es produziert?

Ja, deshalb sind sie auf mich zu gekommen. Das ist ein Album, auf dem sie Duette singt. Das sind alles Songs von anderen Leuten, die sie singt. Also fragten sie mich, ob ich einen Song schreiben könnte. Ich schrieb ihn, und mit Hilfe von Gonzales fand er seinen letzten Schliff.

Und wie bist du auf die Kings Of Convenience getroffen? Auf deren Album singst du ja auch!

Ich weiß gar nicht mehr so genau, was das war ... so ein Dj-Noise-Festival. Ich erinnere mich nur, dass Gonzales und ich da um vier Uhr morgens ein Live-Set spielen sollten, und Erlend hatte um Fünf oder Sechs ein DJ-Set. Der Backstage-Raum war auf der Bühne, nur durch ein Stück Stoff abgetrennt. Auf diesen Stoff wurden von der Bühnenseite auch noch Filme und Visuals projeziert. Also sah man in seinem Dressing Room die ganze Zeit Kriegsszenen, Flugzeuge, die ins World Trade Center flogen und andere Bilder der Zerstörung. Und die Musik war hart. Wir saßen also im Backstage, fertig von dieser Umgebung. Da kam Erlend rein, er kannte Gonzales, und ich wurde vorgestellt. Wir schrieen uns über den Sound hinweg an. Ich fragte ihn, was er mache. Und er sagte, dass er da auflegt, aber normalerweise so eine eher leise Akustik-Band habe. Und ich erzählte ihm, dass ich so leise Gitarrenmusik mache. Ich hatte glücklicher Weise ein Paar Demos von mir dabei und gab ihm eins. Und er schrieb mir den Namen seiner Band "Kings Of Convenience" auf. Aber ich vergaß die Sache irgendwie wieder. Bis ich nach vier Monaten E-Mails aus Deutschland, Amerika und Asien bekam. Alle von Leuten, die eine Kopie meines Demos gehört haben. Ich verfolgte diese Kette zurück und fand heraus, dass ein Typ namens Eric dafür verantwortlich war. Dieser Eric, der bei den Kings Of Convenience spielte. Und ich erinnerte mich wieder an mein Treffen mit Erlend. Eric hatte es also von ihm und mochte es. Also kaufte ich mir das Kings-Album. Dann ich dachte: Wenn er auf meine Demos so reagiert, muss das, was er macht ja eigentlich auch sehr schön sein. Ich dachte, dann muss das doch irgendwie mit meiner Musik zusammen passen. Nachdem ich seine Musik gehört hatte, fühlte ich mich bereit, Eric zu schreiben. Wir blieben so in Kontakt. Der Gitarrist von Erlends Soloband schrieb mir irgendwann eine E-Mail, und sagte: 'Wenn du das nächste Mal in Berlin bist organisiere ich dir eine Show.' Und er tat es, im White Trash. Ich spielte einen Akustik-Gig. Erlend und Eric waren auch da und spielten auch ein Paar Songs. Am Ende der Show sagten wir uns: Hey, wir sollten mal zusammen arbeiten! Ein Jahr später kam eine Mail, und sie fragten mich, ob ich zu ihnen nach Norwegen kommen möchte, um mit ihnen an einigen Songs zu schreiben. Und das tat ich. Die Songs sind jetzt auf ihrem Album. Gestern, als ich am Schluss des Konzerts mit ihnen spielte, war es, als ob sich ein Kreis schließt.

Ich finde deine Videos sehr stylish, besonders das zu "Mushaboom".

Oh, ich habe bei beiden selber Regie geführt.

Siehst du dich vielleicht eher als Gesamtkonzept, und nicht einfach nur als Sängerin?

Ich denke, wenn du so einen großen Teil von dir selbst in die Platte legst, dann ist es lächerlich, die jemand anders zu übergeben und zu sagen: mach das mal fertig. Du willst das selber verpacken. Außerdem komme ich von dieser "Do it yourself"-Schiene, diesem Indie-Zeug. Und ich glaube, ich bin die erste Nicht-Französin, die Polydor in Frankreich gesignt hat. Sie sind dort dran gewohnt, mit Leuten zu arbeiten, denen die visuellen Aspekte nicht so wichtig sind. Die Künstler, die ich da kennen gelernt habe, denken, dass sie nur für die Musik zuständig sind. Um den Rest kümmert sich dann das Label. Für mich ist das aber alles eins. Also war Polydor ein bisschen überrascht, dass ich das alles selber machen wollte. Aber sie waren sehr offen. Für mich gehört das alles zusammen. Man könnte das mit Kaffe vergleichen: Da hast du einmal den Espresso. Ein kleiner Schuss tiefschwarze Flüssigkeit. Oder du machst dir einen schönen Café-Latte. Mit schönem Schaum drauf und einem bisschen Zimt. Du präsentierst also denselben Schuss Kaffee einfach anders. So ähnlich kann man das auch bei meiner Musik sehen: Ich möchte nicht, dass meine Songs über das Artwork falsch rüber kommen.

Das Interview führte Vicky Butscher

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