laut.de-Kritik
Real-Talk im Miami-Sound.
Review von Stefan JohannesbergFutures fünftes Studioalbum sei besser als "EVOL", käme aber knapp nicht ganz an "Pluto", "Purple Reign" oder "DS2" heran. So schließt die jüngste Review zu "Future" vor ein ein paar Tagen. Eine Woche später schiebt der Workaholic schon das nächste Werk hinterher.
Und wo "Future" bereits mit einer Rap-Mellow-Kombi back to the Pluto-Roots flog, cruist "Hndrxx" nun mit Don Johnson-Slipper, 80er Referenzen und sanft-schmalzigen Soulpop-Gesanglinien alleine durch die schwülwarme Nacht. Während ein Bon Iver für sein "For Emma, Forever Ago" in die Einsamkeit zieht, und Jay-Zs die Liebe in der Stadt sucht, begießt Future seinen Liebeskummer mit Moet am Strand von Miami – und blüht auf wie nie.
Fast jeder Track, ein Hit wie bei Kuschelrock 1. Der Opener "My Collection" bildet noch die Brücke zum Vorgänger. Future rappt straight, doch Metro Boomin' packt als Trap Bapper einen so ultra entspannten, Sade-gehauchten Loop in den Hintergrund, dass der Mood im Gegensatz zum harten Auftakt des Vorgänger weiter Richtung Bett und Herz geht. Für Future selbst ist auch der neue Sound Pluto: "I've been in the stu late, workin', no residuals / If we never speak again, I'm just glad I got to tell you truth / Ain't playin' count em' / You wanna come to paradise? / Matter of fact, you wanna come to Pluto?".
Eigentlich sollte der Planet eher Ciara heißen, denn auf dem ganzen Album verarbeitet er die gescheiterte Ehe mit der Rapperin. Im selben Track stellt er klar: "She told me she was an angel / she fucked two rappers and three singers / she got a few athletes on speed dial / I'm tryna get the case dismissed before I see trial". Ciara datete nach der Trennung unter anderem 50 Cent und NBA-Spieler Amare Stoudemire und ist nun verheiratet mit Quarterback Russel Wilson.
In "Turn On Me" führt er seine Probleme mit der Situation um die 15-Millionen-Dollar-Klage und dem Entzug der Besuchszeit für den gemeinsamen Sohn weiter aus: "Nowadays I deal with lawsuits / you tellin' me that's what it came to / licking your panties and bras, aww / that's how a nigga remember you / after I hit it and splashed in it / you should never ever let a square get it".
Einsame Pianotupfer und verwehte Trompetenfanfaren weben ein zerbrechliches, dünnes Netz um Futures Real Talk. Wie sein 2005 verstorbener Onkel Luther Vandross schleicht sich Future auf Albumlänge in die Ohren und streichelt mit sanften Melodien die geschundenen Seelen des gehörnten Menschen. Umgeben von verträumten 80er-Synthies duelliert er sich auf "Coming Out Strong" mit The Weeknd, als hätte er nichts anderes gelernt. "Lookin' Exotic" vereint die Trap-Produzenten der 808Mafia mit Jake One und Mayer Hawthorne als Backgroundsänger. Heraus kommt der erwähnte, an Curren$y erinnernde Miami Vice-Sound.
Auf "Fresh Air" fliegt er locker-flockig über karibischem Reggae-Pop, im pompösen "Selfish" gesellt sich Riri zur Hullahub-Party im Sand. In "Damage" entfremdet DJ Mustard eine irische Flöte und unterlegt sie mit einem Jodeci-Beat direkt aus den 90ern, während Future croont, als gäbe es keine Morgen mehr. Schrieb jemand Jodeci? "Neva Missa Lost" zitiert sich tränenreich und leidend durch deren "My Heart Belongs To U"-Schmachtfetzen und dominiert mit hypnotischen "Hallucinating" die Mitte von "HNDRXX".
Die Höhepunkte kommen jedoch erst zum Schluss. Wenn Future auf "Solo" über wehmütig-düstere Synthies leidet und alle Zukünftigen im Stile von Ph.D.s "I Won't Let You Down" verspricht, schämt sich der härteste Gangbanger nicht für seine Gefühle und Tränen. "Everybody know right now / I enjoy it outside, been in the low for a while / I'm a solo now, I've been going solo now." Im siebenminütigen "Sorry"-Outro sucht er dann die Vergebung. Auch von Ciara.
"Yeah, ain't really mean to hurt you / sorry it's gotta be this way / ain't mean to try to desert you/ sorry, tryna be this way / ain't really mean to hurt you." Metro Boomin lässt sich für die Klavieruntermalung von Bon Iver inspirieren, und Future geht verselang tief. Tiefer als je zuvor. "I breathe the air she breathes / it's hard to breathe on my own/it's so not infidelity / make me check every single stone." Rap ist Soulmusik.
Future sechstes Studioalbum ist besser als "Future", "Pluto" und "Purple Reign". Zusammen mit "DS2" gehört "HNDRXX" zu den Klassikern in seinem Repertoire. Die zwei bangen Fragen können nur lauten: Liefert Future 2017 noch mal ab? Und dominiert er nach dem Rap-Game nun auch den R'n'B nach Belieben? Hallo? Drake?
17 Kommentare mit 48 Antworten
Future ist mit Luther Vandross verwandt? Ciara eine Überschlampe ala Lombardi?
Wieder was gelernt, danke!
Soundtechnisch also weniger trapping, ja? Hmm, klingt gut, allerdings bliebe dann wohl immer noch Autotune als Hürde.
Ach ja, es heißt Hula-Hoop, soweit ich weiß
Naja, du solltest vllt weiterhin bei 18 Karat und Camp David bleiben.
Sicher auch direkt ein Meilenstein..
5/5. Nuff Said.
im gegensatz zu allen vorgängern, ist diese platte richtig gut teilweise. mag track 3 sehr.
Nach 3 Jahren immer noch ein Brett.
Finde Selfish mit Rihanna & Incredible am besten… Der Track mit The Weeknd ist auch zumutbar