laut.de-Kritik
Vital inszenierte Rhythm And Blues-Werkschau.
Review von Artur SchulzDrittes Album in sechs Jahren: In Garland Jeffreys lodert anscheinend ein spätes Feuer, das einfach nicht erlöschen will. "14 Steps To Harlem" belegt zwölf Songs lang die nach wie vor brennende Kreativität eines Künstlers, der bereits seit rund fünfzig Jahren in der Welt des Urban Rock zuhause ist. Seit den sechziger Jahren feilt der New Yorker an seiner auch von Kollegen hoch geschätzten Musik, die sich einer wirklich eindeutigen Kategorisierung noch immer listig entzieht.
Rockig und mit aufmüpfiger Gitarre eröffnet "When You Call My Name" die aktuelle Werkschau. Eine elegant-lässig eingeflochtene Bridge verleiht der klassisch strukturierten Nummer die nötige Größe. Gleich danach lädt der "Schoolyard Blues" zum relaxten Mitwippen. Blitzsaubere Percussion, Mundharmonika, unaufgesetzte gute Laune: Die Nummer klingt dank ihrer Transparenz und positiven Vibes wie live eingespielt.
Auf dem Titeltrack "Fourteen Steps To Harlem" lässt es Garland gemächlicher angehen. In der auch textlich vorzüglich umgesetzten Blues-Nummer, die Jugendzeit und Elternhaus thematisiert, schwingt dezent das "Walk On The Wild Side" seines alten Kumpels Lou Reed mit. Schwellende Orgel und kräftiger weiblicher Soul-Background komplettieren das authentische Sixties-Feeling.
Jeffreys-Songs waren und sind auch häufig politische Statements. Den politisch korrekten Dampfhammer überlässt er dabei aber anderen. Hier spricht jemand, der mit wachem Auge seine Lebenserfahrungen einfließen lässt, das dann zwar gerne einmal sentimental, aber nie zu verklärend rückwärtsgewandt. Sein Blick bleibt in der Hauptsache fest und unverrückbar aufs Hier und Heute justiert.
In die Straßenbegegnung mit der "Venus" lässt der Storyteller viel Entspanntheit einfließen. Textlich wie musikalisch das Glanzstück des Albums: "Reggae And Broadway". Zwei Dinge, die eigentlich nicht zusammengehen, außer man heißt Garland Jeffreys. Hier beschwört er, tief eingetaucht in fast hypnotisch anmutende Reggae-Beats, die Erinnerung an die Tage von Joe Strummer und The Clash. Eine ganz starke Nummer zwischen ohnehin hochklassigen Songs und eine originelle Hommage an die frühen Punk-Tage.
Das verhalten beginnende und sich im Verlauf intensiv steigernde "Time Goes Away" präsentiert eine besondere Kollaboration: Hier tritt Jeffreys' Tochter Savannah nicht nur als Duettpartnerin in Erscheinung, sondern sie übernimmt auch gleich die Piano-Parts. Für "Spanish Heart" zitiert der New Yorker seine ganz persönliche Musik-Vergangenheit. Allein die Titelgebung weckt zunächst Assoziationen an das frühere Meisterstück "Spanish Blood", und wenn Garland dann so ganz beiläufig die Zeile "still your matador" einfließen lässt, ist ohnehin alles klar.
Für "Waiting For My Man" langt Jeffreys dann wieder ganz tief in die rumpelige Rhythm And Blues-Kiste und fördert eine an frühe Stones-Zeiten gemahnende Nummer zutage. Ein Cover erlaubt sich der Meister und wählt dafür einen ganz besonderen Song: "Help" von den Beatles. Fast schon selbstredend, dass der Klassiker hier in allerbeste Händen kommt. Garland verwandelt das Fab Four-Vorzeigestück in eine Ballade samt wehmütigem Akkordeon und sanften Hammondorgel-Akzenten.
Garland Jeffreys Ohren sind noch immer offen für Stilwechsel und neue Einflüsse, inklusive dem nimmermüden Experimentieren mit oft überraschenden Stil-Fusionen. Diese Ein- und Verflechtungen zu entdecken, macht beim Hören einfach nur Spaß, wie zum Beispiel das effektive Hip Hop-Drum-Programming in "Colored Boy Said". Rock'n'Roll-Klischees lässt er gern zur Studiotür herein, um sie kräftig zu entstauben und ihnen frische Kreativ-Injektionen zu verpassen.
Ganz zum Schluss entlässt der Maestro mit einer großen Liebeserklärung. Das elegische, zarte Fade-Out "Luna Park Love Theme" wartet mit Gaststar Laurie Anderson auf, die hier einer elektrischen Violine betörende Sounds entlockt. "14 Steps To Harlem": Musik, die auf den Punkt kommt und die ungebrochene Vitalität, Lebens- und Spielfreude ihres Protagonisten eindringlich transportiert.
2 Kommentare
Sehr coole Rezension, vielen Dank werde auf jeden Fall rein hören. King Of In Between habe ich raufen und runter gehört. Das hier scheint ja vom Stil her ähnlich zu sein
Wunderbar abgehangener Rhythm'n'Blues von einem permanent unterschätzen Meister seines Fachs. Tolles Alterswerk mit vielen biographischen Notizen, die für Credibility sorgen. Ich hätte ihn gerne nochmal live erlebt, leider ist er inzwischen in Rente gegangen. Aber immerhin hält seine Tochter die musikalische Stange weiter hoch. Für Interessierte: Savannah Jeffreys - "Key and Lock" oder noch besser "Out of Control" zusammen mit Bakerman.