laut.de-Kritik

Früher die Zukunft, heute nur noch Zitat.

Review von

Genetikk ist zurück. Einmal mehr. Mit dem bereits vierten Anlauf seit "Achter Tag" tappt das Saarbrücker Duo auf der Suche nach der "D.N.A."-Magie weiter im Dunkeln. Auch, wenn die Platte einigermaßen ambitioniert startet, versandet der einst bildstarke Rap auf den teils besten Sample-Beats der Szene in Monotonie und gähnend formelhaftem Songwriting.

Fragte man sich 2013 noch, wo es nach "D.N.A." hingeht, ist der Zauber an diesem Punkt lange verflogen. Da ist kein übergreifendes Narrativ und keine Kohärenz in Karuzos Texten. Wenn "OUTTATHISWORLD" irgendetwas beweist, dann nur, wie austauschbar und beizeiten lieblos der MC, der sich wahllos als Gangster, Alien, Mutant, Ninja und Mönch beschreibt, irgendwelche abgedroschenen Fantasy-Themen zu unspannenden Lines verwurstet.

Dabei tritt er die Platte mit zwei seiner hungrigeren Performances los. Mit "Nicht Fürs Radio" will die Crew sich gegen modernen Rap und dessen Inhaltsarmut aussprechen. Wenn auch irgendwie hängengeblieben, locken diese 'back to real rap'-Hymnen doch immer wieder Fans aus der Reserve. Vor allem dann, wenn man dem Protagonisten hier durchaus Frustration mit dem Zustand der Sorge anmerkt. Ein bisschen albern wird es dann aber, wenn er Inhalt verspricht, so sehr, dass er sich über Fans lustig macht, die die Inhalte von Genetikk nicht verstünden, und dann ein ganzes Album mit dem Inhalt eines Post-Its nachlegt.

Die bittere Wahrheit ist: Karuzo als MC ist nicht halb so evokativ, wie er es zu sein glaubt. Gewöhnt man sich erst einmal an die Teiche, aus denen er seine Bilder fischt, werden die Überraschungen schnell rar. Besonders, weil sein Wu-Tang-inspirierter Zirkus aus fernöstlicher Folklore, unkreativem Science-Fiction-Camp und Gangster-Getue seit nun sechs Alben mit jeder Instanz unkreativer wirkt.

Passt dann eben sehr gut zum Rick und Morty-inspirierten Albumcover, wenn man Lines wie "Steinig wie A$AP", "Kalt wie Häägen-Dasz" oder "Sie singen wie Akon" mit einer Regelmäßigkeit droppt, das man Kopfschmerzen bekommt. Sollte die Ambitionslosigkeit nach der ersten Hälfte nicht schon unleugbar sein, hittet die zweite mit zum Teil völlig austauschbaren Feature-Nummern. Diese reichen von einem uninspirierten DCVDNS über einen starken Manuellsen, über einen hochnotpeinlichen Yung Rvider bis zum grauenhaften Autotune-Gejaule von Sierra Kidd. War das nicht ein paar Tracks vorher noch der Gegner? Oder ist es cool, wenn mans selbst macht?

Ergibt alles nicht so viel Sinn. Genau, wie an mehreren Stellen Materialismus und Statussymbole zu dissen, um sich dann einen Track später einen Mercedes zu wünschen. Muss man nicht verstehen, warum es jetzt besser ist, für einen Mercedes zu rappen als für eine Rolex. Eins kann man fahren, das andere sagt die Zeit. Beide Funktionen bekäme man auch für weniger Geld. Vielleicht tappt diese Kritik auch nur im Dunkeln, denn wie sie auf "Nicht Fürs Radio" betonen, verstünden viele Hater ja ihre Message nicht. Eine Ansage, die mehr Biss trüge, gäbe es auf der Platte mehr Message als die geistlose und unkreative Beschwörung des eigenen Genies.

Positiv klingen erwartungsgemäß die Beats, die einmal mehr mit beachtlicher Leichtigkeit aus der Feder von Sikk fließen. Auch wenn die großen Highlights fehlen, flippt er schöne Soundlandschaften aus Retro-Filmscores und asiatischen Sounds zusammen. Klingt musikalisch wie eine solide Wu-Tang-Jugendmannschaft, vor allem spannend, wenn er, wie mit dem Synth-Arrpegio auf "E.T." oder dem Sample am Ende von "Manna vom Himmel", Interludes in die Songs schmiedet, die etwas von der klassischen Songstruktur abweichen.

Es hilft aber alles nichts, wenn man am Ende mit einem Karuzo arbeitet, der formelhaft und gelangweilt die immer gleichen Bilder mit dem immer gleichen Flow in die immer gleichen Patterns presst. Es sagt einiges über die Platte aus, dass der Triplet-Flow auf "Nicht Fürs Radio", der eigentlich Trap-Rap parodieren sollte, einer der stimmlich interessantesten Momente des Albums darstellt. Unterm Strich steht genau das, was man sich unter der Blaupause eines Genetikk-Albums vorstellen würde, abzüglich aller Momente, in denen tatsächlich etwas gesagt oder musikalisch etwas ausgedrückt wird. Was früher mal als Zukunft galt, ist heute nur noch ein von sich selbst ermüdetes Zitat.

Trackliste

  1. 1. Greetings Earthlings
  2. 2. Nicht Fürs Radio
  3. 3. Masters Vom Mars
  4. 4. E.T.
  5. 5. Chop $uey
  6. 6. Alienmade (feat. Yung RVIDER)
  7. 7. Phone Home (feat. DCVDNS)
  8. 8. Alle Meine Leute (feat. Manuellsen)
  9. 9. Manna Vom Himmel
  10. 10. Space Funeral (feat. Tiavo)
  11. 11. Flieg Ins All (feat. Sierra Kidd)
  12. 12. Frag Jeden

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